21. Dez. 2022 · 
Finanzen

Landesregierung räumt ein: Der Bund trägt die Schuld für die späten Wirtschaftshilfen

Torsten Eule (rechts) und Eberhard Franz berichten im Haushaltsausschuss des niedersächsischen Landtags. | Foto: Wallbaum

Das Förderprogramm für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die unter hohen Energiekosten leiden, startet erst am 23. Februar. Dann soll bis Ende März das Online-Portal bei der N-Bank geöffnet sein und Anträge entgegennehmen, erklärte Eberhard Franz, Referatsleiter des Wirtschaftsministeriums, in der gestrigen Sitzung des Landtags-Haushaltsausschusses. Dass dies erst sehr spät geschieht, obwohl viele Unternehmen schon jetzt in Schwierigkeiten sind, liege an einer kurzfristigen Strategieänderung in der Bundesregierung. „Lange gingen wir davon aus, dass es ein Förderprogramm mit Länder-Mitfinanzierung geben wird. Dann hat sich die Bundesregierung im Spätherbst kurzfristig über Nacht umentschieden und ein Eine-Milliarde-Programm aufgelegt, dessen Ausführung allein den Ländern überlassen wird.“ Auf diese Weise habe das Ministerium bei der Programmentwicklung „mindestens vier Wochen verloren“. Starten könne das Förderprogramm somit erst Ende Februar, nachdem die Software-Umstellung bei der N-Bank abgeschlossen sein wird. Alle Erleichterungen bei der Abwicklung, die sich Niedersachsen gewünscht habe, seien von der Bundesregierung bisher nicht erfüllt worden.

Die CDU hatte im Haushaltsausschuss eine Unterrichtung über die laufenden Förderprogramme beantragt. Dabei ging es vor allem um zwei Vorhaben, zum einen das 300-Millionen-Programm für die KMU, dessen erster Teil im Umfang von 100 Millionen Euro für die Krisen-Minderung der Firmen im Jahr 2022 ausgegeben werden soll. Das zweite Programm wendet sich an diejenigen Mieter und Hauseigentümer, die von der Gaspreisbremse nicht profitieren, da sie mit Öl, Pellets oder Flüssiggas heizen, also mit „nicht leitungsgebundenen Brennstoffen“.

CDU rügt Bedingungen für KMU-Programm

Das KMU-Programm richtet sich an Betriebe mit maximal 250 Beschäftigten, die zwischen Juli und Dezember 2022 erhebliche Steigerungen der Strom- und Gasrechnungen hinnehmen mussten. Mindestens 2400 Euro und maximal 500.000 Euro werden ausgezahlt, wenn die Energieausgaben 2022 um mindestens 3000 Euro über dem Doppelten des Vorjahres liegen. Eine 80-prozentige Förderung wird angepeilt. Empfänger müssen am Cashflow (Einnahmen-Ausgaben-Vergleich) zu den Stichtagen 1. Juli und 30. November 2022 nachweisen, dass sie erhebliche Liquiditätsverluste hatten. Referatsleiter Franz sagte, zwar wäre der Jahresabschluss der bessere Vergleichsmaßstab gewesen, doch ein solcher wird erst mit erheblicher Zeitverzögerung erstellt.

Franz rechnet mit rund 1000 Antragsteller (bei der Corona-Soforthilfe waren es 130.000). Für jene Anträge, die ein Volumen von mehr als 100.000 Euro haben, müssten Steuerberater Testate einreichen. Firmen müssen erklären, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung keinerlei Pläne für Personalabbau hatten und alles tun wollen, Personalabbau zu vermeiden. Franz erklärte, dass man bei möglichen Sanktionen für den Fall von dennoch folgenden betriebsbedingten Kündigungen vorsichtig sein müsse („Das sollte im Ermessen der N-Bank liegen.“). Der CDU-Finanzexperte Ulf Thiele sagte, die Vorgabe des Kündigungsverzichts könne viele Firmen abschrecken, die eigentlich die Hilfen bräuchten, aber trotzdem zur Sicherung ihrer Firma Personalabbau einkalkulieren müssten – sich in dieser Lage aber nicht trauen, Anträge zu stellen.

Diskussion über KMU-Begriff

Die Landesregierung nimmt als Maßstab die Beschäftigtenzahl. Übersteigt sie 250, sind Hilfen laut EU-Vorgabe nicht mehr zulässig. Referatsleiter Franz erklärte, die Bundesregierung habe zwischenzeitlich einen anderen KMU-Begriff erwogen, nämlich einen Energieverbrauch von maximal 500.000 Kilowattstunden. Dann aber, sagt Franz, wären viele Bäckereien von vornherein per Definition Großbetriebe geworden und ohne Fördermöglichkeit geblieben. CDU-Sprecher Thiele meinte, die Größen-Obergrenze benachteilige viele Unternehmen mit Filialen, begünstige aber Handelsfirmen mit Genossenschaftsstruktur. Das sei ein ernstes Problem.

Kein Plan für Öl- und Pellet-Bezieher

Abteilungsleiter Torsten Eule aus dem Wirtschaftsministerium erläuterte, die Bundesregierung habe noch keine Verwaltungsvereinbarung für die Unterstützung der Nutzer von Öl- und Pellet-Heizungen vorgelegt. Klar sei, dass der Bund 1,8 Milliarden Euro bereitstelle, für Niedersachsen kämen damit 180 Millionen Euro. Anhand der Vorjahresrechnung und der Bestellmengen für 2022 wird ermittelt, ob ein Bedarf besteht. Anspruchsberechtigt sei aber nur, wessen Ölrechnung mehr als doppelt so hoch liegt wie im Vorjahr. Fördersummen zwischen 100 und 2000 Euro sollen fließen. Das Geld könnte laut Eule für rund 100.000 Kunden reichen – 350.000 Nutzer von Ölheizungen soll es in Niedersachsen geben. Eule sagte, ein unbürokratisches Antragsverfahren für diesen Weg sei im neuen Jahr „eine große Herausforderung“. Da viele Nutzer von Ölheizungen schon älter seien, müsse man sie „an die Hand nehmen“ und dürfe nicht darauf vertrauen, dass sie selbstständig ein Online-Portal ausfüllen können. Das Bundesprogramm richte sich überdies nur an jene, die zwischen dem 1. Januar und dem 1. Dezember 2022 ihre Öl- oder Pellet-Tanks neu gefüllt haben. Wer nach dem 1. Dezember aktiv wurde, geht leer aus.

Dieser Artikel erschien am 22.12.2022 in Ausgabe #229.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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