Lange Wege ist Laura Pooth gewohnt. Ihr Leben spielt sich seit ein paar Jahren vor allem zwischen drei Orten ab. Pooth wohnt mit Mann und Kind in Oldenburg und pendelt gleich in zwei Richtungen. In Hannover ist sie stellvertretende Vorsitzende der niedersächsischen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, in Hesel im Landkreis Leer unterrichtet sie ein paar Stunden pro Woche an einer Haupt- und Realschule. Ihre Fächer sind eigentlich Deutsch und Englisch – das passte mit den wenigen Stunden aber nicht mehr zusammen. Deshalb wurde sie auch für das Fach Hauswirtschaft eingesetzt. Zwei Jobs, zwei Strecken. Rund 50 Kilometer in die eine und 150 Kilometer in die andere Richtung.

Im September soll ein weiterer längerer Weg in Pooths Berufsleben zu einem erfolgreichen Abschluss führen. Seit fünf Jahren ist sie Vize-Vorsitzende der GEW Niedersachsen, im Oktober soll sie, wenn alles glatt läuft, in Hannover zur Vorsitzenden der Lehrer-Gewerkschaft gewählt werden. Sie stünde dann an der Spitze des mit rund 30.000 Mitgliedern drittstärksten GEW-Landesverbandes. Allerdings stagnieren die Mitgliederzahlen, berichtet Pooth. Sie wünscht sich auch einen höheren Organisationsgrad. Der liegt an den Schulen in Niedersachsen bei 25 Prozent, in Baden-Württemberg dagegen bei 29 Prozent. Das sei das Ziel, sagt die Kandidatin.

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Wenn Pooth gewählt wird, soll weniger gependelt werden. Dann wäre die Zeit an der Schule in Hesel erst einmal vorbei. „In Hannover würde ich mir dann endlich auch eine kleine Wohnung suchen. Dann wird es Zeit für den Zweitwohnsitz“, meint Pooth, die in ihrem Leben schon viele Wohnsitze hatte. Geboren wurde Pooth in Göttingen, aufgewachsen ist sie in Gifhorn, Bielefeld und Kassel. Und auch später zog sie häufig um, teilweise auch durch Jobwechsel ihres Mannes. Wo ist für sie zuhause? Pooth denkt lange darüber nach, bevor sie antwortet. „Eine ganz schwierige Frage. So eine richtige Heimat habe ich eigentlich nicht.“

Mit er 39-jährigen Pooth könnte ein neuer, frischer Ton bei der GEW einziehen. Die Gewerkschaft wird seit 14 Jahren in der Öffentlichkeit durch den Vorsitzenden Eberhard Brandt vertreten. Er ist eine Instanz in der niedersächsischen Bildungspolitik, aber er ist auch nicht unumstritten. Brandt wirkte oftmals weniger wie ein Gewerkschaftsvertreter als mehr wie ein sozialdemokratischer Schatten-Kultusminister. Zu viel Bildungspolitik, zu wenig Interessenvertretung. Zu viel Schulstrukturdebatte, zu wenig Gehaltsforderungen. So lauteten häufig gehörte Vorwürfe. Die Quittung bekam Brandt bei seiner letzten Wahl. Gerade etwas mehr als 53 Prozent der Delegierten wählten ihn noch einmal zum Vorsitzenden.

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So wundert es nicht, wo Pooth die künftigen GEW-Schwerpunkte sieht. Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen, Arbeitsbelastung der Lehrer – das will sie in den Mittelpunkt stellen. „Es geht nicht nur darum, ob Inklusion politisch sinnvoll ist, sondern was sie für die Lehrer im Arbeitsalltag und im Hinblick auf deren Belastung bedeutet“, meint Pooth. Das Thema Arbeitsbelastung liegt ihr besonders am Herzen. „Es sind so viele Tätigkeiten dazugekommen, dass Lehrer an ihre Grenzen kommen. Dabei wird Erziehungsarbeit als besonders belastend empfunden“, betont Pooth. Auch die Kommunikation mit den Lehrern könnte sich nach der Wahl im Herbst ändern. Zu langsam, zu langatmig, so kritisieren Lehrer immer wieder die eigene Gewerkschaft. „Wir wollen immer alles erklären und schicken lange Texte. Auch da müssen wir besser werden“, meint Pooth. Manchmal sei sie schon frech, sagte sie über sich selbst. Gut möglich, dass man das in der GEW-Kommunikation wiederfinden wird.

Die Kandidatin wünscht sich also mehr Bewegung in der GEW, und mit Bewegung kennt sich die Hobby-Tänzerin aus. Jeweils am Freitagabend wird in Oldenburg trainiert. Cha-Cha-Cha, Rumba, Discofox und andere Tänze stehen auf dem Programm. Als Jugendliche habe sie das Tanzen überhaupt nicht interessiert. Sie sei erst später über die Step-Aerobic dazu gekommen, erinnert sie sich. Wer tanzen will, der braucht nicht nur Ausdauer und Beweglichkeit, sondern auch ein gutes Rhythmus-Gefühl. Ab Oktober könnte sich zeigen, wie Laura Pooth als GEW-Vorsitzende mit dem Rhythmus der niedersächsischen Bildungspolitik zurechtkommt. (MB.)