14. Juni 2023 · 
Umwelt

Neues Klimagesetz soll den Einstieg in einen „CO2-Schattenpreis“ ermöglichen

Olaf Lies und Christian Meyer sind am Mittwoch gemeinsam vor die Presse getreten und haben eine Einigung verkündet: Die Landesregierung hat sich verständigt auf eine neue Novelle des Landes-Klimagesetzes, die dritte innerhalb von drei Jahren. Erneut werden die Klima-Ziele des Landes verschärft, und Meyer erklärt stolz: „Wir haben damit das weitestgehende Gesetz in ganz Deutschland.“

Schon 2040 (nicht erst 2045) will Niedersachsen „klimaneutral“ sein – wobei auch klar ist, dass die Maßnahmen zu diesem Ziel nicht allein in der landespolitischen Verantwortung liegen. Bis 2035 sollen laut der geplanten neuen Vorgabe 90 Prozent der Treibhausgas-Emissionen (verglichen mit 1990) abgebaut sein, bis 2030 bereits 75 Prozent. „Dieses Zwischenziel bis 2030 ist besonders schwer zu erreichen“, meinte Lies.

Die Minister Olaf Lies (SPD, 3. v. l.) und Christian Meyer (Grüne, 5. v. l.) stellen in der Landespressekonferenz die Eckpunkte der Klimagesetz-Novelle vor. | Foto: Kleinwächter

Was die Landesverwaltung angeht, wird die Klima-Neutralität schon für das Jahr 2035 angepeilt, denn das Land habe ja „eine Vorbildfunktion“, wie der Sozialdemokrat Lies und der Grünen-Politiker Meyer hervorhoben. Der Gesetzentwurf wird schon in der kommenden Woche erstmals im Landtag beraten. Das ist möglich, da Rot-Grün die Anhörungen abkürzt und den Entwurf über die Regierungsfraktionen ins Parlament bringt.

Das Klimagesetz enthält eine Reihe von Sonderbestimmungen, die sich dann auch in bestimmten anderen Gesetzen, deren Änderung noch vorbereitet wird, wiederfinden sollen:

Der „Klima-Vorrang“: Niedersachsen will im Landesrecht einen Vorrang für den Klimaschutz etablieren. So sollen bei der in Planungs- und Genehmigungsverfahren nötigen Abwägung der Interessen die Belange des Klimaschutzes eine Priorität eingeräumt bekommen. Das kann dann dazu führen, dass andere Interessen wie Denkmalschutz, Naturschutz, Landwirtschaft und Industrie gegenüber Klimaschutz zurückstecken müssen. Wie Meyer erklärt, kann das bei geplanten Deichbaumaßnahmen (Niedersachsen hat 610 Kilometer Küstenlänge) der Fall sein, aber auch bei der Planung von Stromnetz-Trassen. Fraglich bleibt, ob die Festlegung von Vorrang-Zielen auf Landesebene zulässig ist oder in die Bundeshoheit eingreift.

Kommunale Wärmeplanung: Schon im bisherigen Klimagesetz steht, dass die größeren Kommunen (Ober- und Mittelzentren) bis 2026 eine kommunale Wärmeplanung entwickelt haben müssen. Nach der Verständigung der Berliner Ampel-Koalition über das geplante Gebäude-Energiegesetz dürften nun auch alle anderen Gemeinden verpflichtet werden, solche Pläne zu entwickeln – nach den Berliner Absprachen soll das dann bis Ende 2028 erledigt sein. Meyer sagt, er geht davon aus, dass der Bund diese Vorgabe dann auch mit Finanzhilfen für die Kommunen verknüpfen wird.

CO2-Schattenpreis: Wenn das Land Verwaltungsmittel erwirbt (etwa Polizeikleidung und -fahrzeuge, Computer oder Baumaterial) soll künftig der „CO2-Schattenpreis“ maßgeblich sein – also der Preis, der auch die Klimabilanz der Herstellung einbezieht. Dafür soll auch die Landeshaushaltsordnung angepasst werden, denn das heißt, dass nicht immer der günstigste Anbieter den Zuschlag bekommen darf. Für die Kommunen soll das zunächst nur als „Empfehlung“ gelten.



PV-Pflicht für Dächer, Parkplätze und Felder: Bisher gilt die Pflicht zum Bau von PV-Anlagen auf gewerblichen Immobilien, von 2024 an auch für Neubauten des Landes – und von Januar 2025 an für private Neubauten. Nun soll das von Januar 2025 an auch für sämtliche grundlegenden Dach-Sanierungen verpflichtend werden. Allerdings betonen Meyer und Lies „die soziale Komponente“, bei Härten sollen also Ausnahmen möglich sein. Parkplätze sollen, wenn sie mindestens 25 Stellflächen bieten, eine Solaranlage haben (bisher 50 Plätze). Auf landwirtschaftlichen Böden ab einer Qualität von 50 Bodenpunkten aufwärts soll eine normale PV-Anlage untersagt werden – dort soll es nur Agri-PV-Anlagen geben, also solche, die aufgestockt werden, sodass unter den Anlagen noch Pflanzen gedeihen können.

Klima-Rat und Klima-Beauftragte: Auf Vorschlag des Umweltministeriums soll ein weisungsunabhängiger Klima-Rat als ehrenamtliches Beratungsgremium berufen werden. Zur wissenschaftlichen Unterstützung sollen sechs halbe Stellen (eingestuft nach E 13) neu in den Stellenplan kommen. Außerdem soll jedes Ministerium einen Klimaschutzbeauftragten berufen. Ob der nebenamtlich oder hauptsächlich für diese Aufgabe tätig ist und wie er eingestuft und eingesetzt wird, soll jedes Ressort für sich festlegen können. Auch für nachgeordnete Behörden sollen Beauftragte berufen werden.

Dieser Artikel erschien am 15.6.2023 in Ausgabe #109.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail