Lesen Sie auch: Düngeverordnung: Niedersachsen hofft auf Zwischenerfolg Wie „Land schafft Verbindung“ ganz allmählich etablierter wird
Dabei sind die größten Bedenken der Landwirte jetzt vom Tisch: Die EU und die Bundesregierung stimmten zu, dass von Anfang 2021 an der sogenannte „niedersächsische Weg“ bei der Düngeverordnung umgesetzt werden kann. Das heißt, dass die EU-Absicht einer pauschalen 20-prozentigen Kürzung der Düngung in allen nitratbelasteten Grundwasserkörpern (das sind die „roten Gebiete“, die 39 Prozent der Landesfläche Niedersachsens ausmachen) umgangen werden darf. Es soll möglich werden, dass anhand des Nährstoffkatasters für jeden einzelnen Bauernhof detailgenau festgelegt wird, wieviel Gülle der Landwirt noch ausbringen kann und wieviel nicht. Dass Niedersachsen diesen Weg gehen und damit die pauschale Düngekürzung für viele Landwirte vermeiden kann, wird jetzt ausdrücklich von der Bundesregierung in einer „Protokollnotiz“ zugesichert, die vom Staatsminister im Bundeskanzleramt, Hendrik Hoppenstedt, ausgestellt wurde. Vergangenen Donnerstag zeichnete sich diese Lösung schon ab, im Vorfeld hatten Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) und Umweltminister Olaf Lies (SPD) intensive Gespräche geführt, Otte-Kinast telefonierte auch mit EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen. Als sich die Entschärfung abzeichnete, hätten fast schon die ersten Sektkorken in Hannover geknallt. Man fühlte sich sehr nah an einem riesigen Erfolg.
Über die Gründe der Enthaltung wird spekuliert
Doch die Verwirrung nahm dann Ende vergangener Woche noch zu. Wie es heißt, soll sich eine Runde aus Ministerpräsident Stephan Weil, Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, Lies und Otte-Kinast wenige Stunden vor der Bundesratssitzung zunächst einig gewesen sein, dem Kompromiss in der Länderkammer zustimmen zu wollen. Kurze Zeit danach aber soll Althusmann dann intern gesagt haben, dass dies doch nicht so sein soll. Niedersachsen müsse sich enthalten, weil die CDU die Düngeverordnung nicht befürworten könne. Über die Gründe wird seither spekuliert. Einige meinen, die Niedersachsen-CDU wolle gegenüber den Bauernverbänden sagen können, bis zuletzt gegen die EU-Auflage gekämpft zu haben. Andere meinen, es habe juristische Bedenken gegeben, weil der Bundesratsbeschluss wegen formeller Mängel angreifbar sei. Wieder andere meinen, die Vize-Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, habe intern vehement gegen ein Ja Niedersachsens protestiert. Da Niedersachsen wankte, kam der Verdacht auf, die Düngeverordnung werde in der Länderkammer durchfallen. In diesem Fall hätte die EU sofort Strafzahlungen wegen Verstoßes gegen die EU-Trinkwasserrichtlinie verhängt, die Rede war von einer Million Euro täglich. Aus Mecklenburg-Vorpommerns Regierung wurden Stimmen laut, dass man sich an den Zahlungen auf keinen Fall beteiligen werde – denn man selbst habe die Düngeverordnung ja nicht blockiert.Merkel forderte: leidiges Thema nicht erneut vertagen
Bis zur entscheidenden Abstimmung im Bundesrat wurde viel gerechnet: Wenn Bayern, NRW und Niedersachsen nicht zustimmen, würde es dann reichen, wenn man Sachsen-Anhalt auf die Seite der Ja-Stimmen zieht? Am Ende hing es nicht an Sachsen-Anhalt, denn aus der Reihe der Länder mit CDU-Beteiligung fanden sich das Saarland, Hessen und auch Baden-Württemberg bereit, zuzustimmen. Damit war die Mehrheit für die Düngeverordnung gesichert.