29. Sept. 2021 · 
Parteien

Niedersächsische CDU-Funktionäre rechnen mit Rückzug von Parteichef Laschet

In der niedersächsischen CDU mehren sich Stimmen von Funktionsträgern, die mit einem baldigen Abschied von Parteichef Armin Laschet rechnen. Der Braunschweiger CDU-Landesvorsitzende Frank Oesterhelweg legt ihm im Rundblick-Gespräch sogar offen den Rücktritt nahe.

Zu einem parteiinternen Aufstand ist es bisher nicht gekommen, auch wenn manche in der niedersächsischen CDU schon auf ein solches Szenario eingestellt waren. Als der CDU-Landesvorstand nach der heftigen Niederlage bei der Bundestagswahl am Montagabend zum ersten Mal zusammengekommen war, wurde von mehreren Rednern der zurückliegende Wahlkampf heftig kritisiert. Allerdings soll kein Teilnehmer so weit gegangen sein, direkt den Rücktritt von Armin Laschet als CDU-Chef zu verlangen. Manche, auch CDU-Landeschef Bernd Althusmann, sprachen indes von „personellen Konsequenzen“. Sie führten das aber nicht näher aus. Althusmann selbst wurde bisher nicht zur Zielscheibe der sich in der CDU derzeit landes- wie bundesweit ausbreiteten Unzufriedenheit. Es hätte immerhin sein können, denn ein Vorgang aus dem vergangenen April lastet immer noch ein wenig auf der Niedersachsen-CDU: Damals gab es in der Niedersachsen-CDU eine Online-Konferenz der Kreisvorsitzenden, in der eine breite Mehrheit für Markus Söder als Kanzlerkandidaten votierte. In dieser Runde kündigte Althusmann an, für Laschet zu stimmen – was er dann später im Bundesvorstand der CDU auch tat. Manche hätten wohl erwartet oder erhofft, Althusmann hätte damals das Stimmungsbild der Funktionsträger deutlicher in Berlin vortragen sollen – um Laschet womöglich im April zum Rückzug gegenüber dem an der Basis bevorzugten Söder zu bewegen.

Hätte Althusmann Laschet von der Kanzlerkandidatur abhalten müssen?

Ist das nun vergossene Milch, da die Zeit längst darüber hinweggegangen ist? In der Landesvorstandssitzung jedenfalls war es, wie Teilnehmer berichten, kein Thema. Oder noch nicht. Althusmann hat immerhin eine Aufarbeitung des Wahlkampfs und der Fehler versprochen, und bei dieser Gelegenheit könnte dann auch die Rolle des niedersächsischen Landesvorsitzenden problematisiert werden. Wäre es, fragen manche hinter vorgehaltener Hand, nicht Althusmanns Aufgabe gewesen, Laschet von der Kanzlerkandidatur abzuhalten? Wann die Aufarbeitung des Gewesenen in der Niedersachsen-CDU geschieht und in welcher Form, ob öffentlich oder intern, ist aber noch unklar. Nach dem schlechten Abschneiden bei der Landtagswahl 2017 hatte es eine solche Veranstaltung gegeben, sie war sogar öffentlich und Althusmann hatte seinerzeit alle möglicherweise auf ihn gerichteten Speere vorher abgefangen, indem er selbst zuerst Fehler einräumte, benannte und um Nachsicht bat. Ob das jetzt wieder so kommen wird?

Auffällig war für einige Teilnehmer der Landesvorstandssitzung immerhin, dass diese im Online-Format angeboten wurde, obwohl eine Präsenz-Veranstaltung längst hätte möglich sein können. Ob das geschah, um eine gewisse Distanz zu wahren und emotionale Ausbrüche zu verhindern? Von mehreren Vorstandsmitgliedern sei heftige Kritik am Wahlkampf vorgetragen worden – es hätten klare, verständliche und konkrete Botschaften gefehlt, die Union habe zu defensiv gewirkt, die Plakate seien nicht einprägsam gewesen, Laschet als Kanzlerkandidat habe die Menschen nicht überzeugt. Dass Laschet am Wahlabend Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis ankündigte, anstatt zunächst demütig die Niederlage einzuräumen, wird ihm auch in der eigenen Partei verübelt. Manche CDU-Funktionäre in Niedersachsen, die nicht öffentlich genannt werden wollen, erwarten den baldigen Rücktritt von Laschet als CDU-Chef – und den von Generalsekretär Paul Ziemiak, der für die Wahlkampagne verantwortlich zeichnet.

Mit Armin Laschet als Parteivorsitzenden ist die Neuaufstellung der Union langfristig nicht hinzubekommen.

Frank Oesterhelweg, Landesvorsitzender der CDU-Braunschweig

Einer, der diese Konsequenz offen fordert, ist der Landesvorsitzende der Braunschweiger CDU, Frank Oesterhelweg. Er hatte sich im Bundesvorstand und am Montagabend im CDU-Landesvorstand entsprechend geäußert. Gegenüber dem Politikjournal Rundblick sagte Oesterhelweg: „Wir haben eine krachende Niederlage erlitten und uns drastische Fehler erlaubt. Es wurde kein Kernteam aus verschiedenen Persönlichkeiten in den Vordergrund gerückt, die Kompetenzen in der Innen- und Wirtschaftspolitik wurden nicht herausgestellt. Außerdem gab es ein bisschen viele Ausrutscher des Parteivorsitzenden.“ Oesterhelweg wird beim letzten Punkt noch deutlicher: „Mit dem jetzigen Personaltableau geht es nicht weiter. Mit Armin Laschet als Parteivorsitzenden ist die Neuaufstellung der Union langfristig nicht hinzubekommen.“

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #171.
Christian Wilhelm Link
AutorChristian Wilhelm Link

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