Der Ökonom Hans-Werner Sinn, langjähriger Präsident des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, hat Verständnis für den Unmut vieler Menschen über hohe Mieten, warnt aber zugleich vor Enteignungsgedanken. In gewisser Weise habe er Verständnis für diese Ideen, weil auch bei der Privatisierung in den neuen Bundesländern Fehler gemacht worden seien, sagte Sinn im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.

Nach der Wende seien die Wohnungen eben nicht den Mietern als Eigentum übergeben, sondern an westdeutsche Wohnungsbauunternehmen „verhökert“ worden. Diese verlangten zwar anfangs noch teilweise niedrige Mieten. „Inzwischen sind die Bestände aber an internationale Investoren, teilweise anonymer Art, weiterverkauft worden. Die versuchen herauszuholen, was herauszuholen ist. Man darf sich nicht darüber wundern, dass die Leute sich darüber aufregen“, meint der Ökonom. Enteignungen hält er aber für untragbar, ebenso den Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses, die Mieten in der Bundeshauptstadt zu deckeln „Dadurch macht man den Wohnungsmarkt kaputt. In Berlin werden die Investoren weg und Wohnraum dadurch knapp bleiben“, prognostiziert er. In der Hauptstadt sollen die Mieten von rund 1,5 Millionen Wohnungen fünf Jahre lang nicht erhöht werden.

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In der Politik sieht Sinn derzeit eine „revolutionäre Grundstimmung“, die die Grünen in den Umfragen „hochschwemme“. „Ich habe volles Verständnis für den Elan gerade der jungen Leute. Ich habe selbst als junger Student die 68er Revolte mitgemacht. Aber diese Grundstimmung führt zu Ideologie und zur Übertreibung.“

Der ehemalige ifo-Präsident spricht von einem Hype, der das richtige Maß ein wenig vermissen lasse und meint damit zum Beispiel die Diskussion über die Klimapolitik. Diese müssen in Bahnen gelenkt werden, die man später auch durchhalte. „Wir können ja nicht die ganze Industrie kaputtmachen“, so Sinn. An der bisherigen Klimapolitik übt er Kritik. Bisher greife der Staat durch vielerlei Direktiven in die freie Entscheidung der Verbraucher ein. „Wir dürfen keine Staubsauger mehr kaufen, wie wir sie gerne hätten. Da legt die Europäische Union eine Obergrenze für den Energieerbrauch fest. Geschirrspüler funktionieren nicht mehr richtig, weil sie ebenfalls gedeckelt werden. Das ist doch alles Unsinn“, meint er.

Der Ökonom plädiert für ein preisliches Lenkungsinstrument und meint damit eine CO2-Abgabe. Sie rege jeden angesichts der steigenden Preise fossiler Brennstoffe und beim Strom dazu an, mit dem Verbrauch vorsichtig zu sein. Mit einer solchen Abgabe werde die Senkung des CO2-Ausstoßes aber marktwirtschaftlich geregelt und damit effizienter als bisher gesteuert. Der Markt löse es eben nicht alleine. Statt einer direkten CO2-Steuer hält Sinn es aber für besser, auf den Emissionshandel zu setzen, mit dem der CO2-Ausstoß in der Menge festgelegt wird.

Wir können ja nicht die ganze Industrie kaputtmachen.

Auf die wirtschaftliche Entwicklung blickt Sinn mit Sorge. Man sei in einer Schwächephase der Wirtschaftsentwicklung. Die Konjunktur sei in den vergangenen Jahren durch den Bau, niedrige Zinsen sowie andere Effekte beflügelt worden. Der Höhepunkt dieser günstigen Entwicklung sei nun aber überschritten. „Ich glaube nicht, dass eine echte Rezession kommen wird, aber wir müssen aufmerksam sein“, mahnt Sinn. Schließlich sei seit bereits dem Sommer vergangenen Jahres in der Industrieproduktion eine Rezession zu  beobachten. Diese habe auch in  den Messverfahren bei Autos und der Verunsicherung bei Verbrauchern im Zusammenhang mit der Dieseldebatte ihre Ursache. „Diese Unsicherheit, die auch politisch erzeugt wurde, sollten wir möglichst rasch überwinden.“