12. Okt. 2022 · 
Parteien

Parteien nehmen Aufstellung für die neue Koalition, CDU sucht Führungsteam

Wenn heute das erste Treffen für die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen startet, hat sich der Wald an Mutmaßungen und Planspielen noch nicht gelichtet. Es zeichnet sich bislang nur vereinzelt ab, wer für welches Amt in der neuen Landesregierung ein Favorit sein soll. Zusätzlich erschwert wird dies durch die unklare Situation bei der SPD, die bisher noch keinen Fraktionsvorsitzenden gewählt hat. Zuweilen kann man Hinweise auf die Personenaufstellung daraus ableiten, welche Vertreter in den Fach-Arbeitsgruppen von SPD und Grünen aktiv sind – denn häufig finden sich einige von denjenigen, die bei den Koalitionsgesprächen dabei sind, später als Minister dieses Fachbereichs wieder.

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Bei den Grünen gibt es starke Hinweise darauf, dass ein Team aus vier Führungsleuten antritt, die später dann Minister werden können oder sollen: Julia Hamburg, Christian Meyer, Miriam Staudte und Gerald Heere. Christian Meyer soll nach den Wünschen der Grünen neuer Umweltminister werden, er dürfte dann das Ziel haben, einen großen Teil der EU-Fördertöpfe aus dem Agrarressort in sein Ministerium zu ziehen.

Hamburg, die einen Faible für die Bildungspolitik hat, wird von den Grünen derzeit angepriesen für das Wirtschafts- und Verkehrsressort – wohl auch zu dem Zweck, die SPD damit zu irritieren. Staudte könnte für ein abgespecktes Agrarressort in Betracht kommen, der Haushaltsexperte Heere als Finanzminister. Interessant ist nun die Zusammensetzung der SPD-Delegationen für die Arbeitskreise der Koalitionsverhandlungen. Nach Informationen des Politikjournals Rundblick leiten die Minister Daniela Behrens (Soziales), Boris Pistorius (Inneres), Olaf Lies (Umwelt), Grant Hendrik Tonne (Kultus) und Birgit Honé (Europa) die jeweiligen Fachgruppen ihrer Ressorts, obwohl bei Lies und womöglich auch bei Tonne die Wünsche sich anders ausrichten.

Der Arbeitskreis Wirtschaft wird von SPD-Fraktionsvize Christoph Bratmann aus Braunschweig angeführt, der für Wissenschaft von Hannovers Regionspräsident Steffen Krach, der für Justiz vom Oldenburger SPD-Politiker Ulf Prange und der für Landwirtschaft von Wiard Siebels, dem kommissarischen Leiter der SPD-Fraktion. Im Justiz-Arbeitskreis wirken die SPD-Abgeordnete Wiebke Osigus und die Richterin Katrin Wahlmann aus Osnabrück mit, in dem für Europa die Wolfsburger Abgeordnete Immacolata Glosemeyer, in dem für Soziales die Abgeordnete Thela Wernstedt aus Hannover. Leiter des Arbeitskreises Finanzen ist Staatskanzleichef Jörg Mielke, zwei aufstrebende Bundestagsabgeordnete sind dort auch dabei – Dennis Rohde aus Oldenburg und Falko Mohrs aus Wolfsburg.

In der Agrar-Gruppe arbeitet auch die Landwirtschaftspolitikerin Karin Logemann aus der Wesermarsch mit. Interessant ist, dass die als ministrabel geltende SPD-Generalsekretärin Hanna Naber aus Oldenburg, selbst ausgewiesene Sozialexpertin, nicht in der Sozial-, sondern in der Wissenschaftsgruppe vertreten ist. Ob das ein Hinweis darauf ist, dass Naber die nächste Wissenschaftsministerin werden könnte – und Immacolata Glosemeyer womöglich die neue Ministerin für Europa und Regionale Entwicklung (wenn Birgit Honé in einen anderen Bereich wechselt)? Und dass Wahlmann für die Leitung des Justizministeriums in Frage käme? Mit einem solchen Modell hätte die SPD ihre regionale und geschlechterbezogene Ausgewogenheit bei Kabinettsposten hergestellt. Zwei andere leitende Positionen könnten an Politiker des Bezirks Hannover gehen – Fraktionsvorsitz (Tonne) und Landtagspräsidentin (Wernstedt oder Silke Lesemann).


CDU schnürt ein Personalpaket: Die CDU will sich offenbar etwas Zeit lassen mit der Frage, wie die personelle Konstellation aussehen soll. Für Führungsämter der Fraktion neben dem neuen Fraktionschef Sebastian Lechner werden jüngere und auch erfahrene Politiker genannt. Zu den erfahrenen zählen Uwe Schünemann, Jens Nacke und Ulf Thiele. Wissenschaftsminister Björn Thümler dürfte Landtagsvizepräsident werden. Es werden auch Jüngere für wichtige Aufgaben genannt, so Laura Hopmann (Hildesheim), Carina Hermann (Göttingen) und Christian Fühner (Emsland).

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Mit Blick auf den CDU-Landesvorsitz stehen zwei Varianten im Raum – entweder die Vereinigung von Partei- und Fraktionsvorsitz auf Lechner oder aber ein Team zwischen dem Fraktionschef Lechner und einer älteren, erfahrenen Person im Landesvorsitz. Für ein solches Amt tragen sich einige in der CDU offenbar mit dem Gedanken, die bisherige Agrarministerin Barbara Otte-Kinast um eine Kandidatur für den Landesvorsitz zu bitten. Überlegungen, hier einen Bundestagsabgeordneten einzubeziehen, stoßen zumindest in der CDU-Landtagsfraktion auf starken Widerstand. Der CDU-Landesvorsitz, heißt es dort, sei schon immer an einen Landtagsabgeordneten gegangen.

Dieser Artikel erschien am 13.10.2022 in Ausgabe #180.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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