Noch im vergangenen Jahr herrschte die Corona-Notlage, der Griff in die Kreditschatulle war verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das wird in den nächsten beiden Jahren vermutlich nicht so sein, also hat die rot-schwarze Landesregierung am Montag einen Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2022 und 2023 vorgelegt, der bei den Investitionen eher zurückhaltend bleibt – dafür aber bei Personalkürzungen durchaus Zeichen setzt.

Neue Schulden sollen im kommenden Jahr in Höhe von 227 Millionen Euro und 2023 in Höhe von 113 Millionen Euro aufgenommen werden. Das sind aber Beträge, die wegen der Konjunkturkrise als Folge der Corona-Krise rein konjunkturell begründet werden. Unterm Strich heißt das nun, dass Niedersachsen im nächsten Jahr die Marke von 70 Milliarden Euro bei der Staatsverschuldung übersteigt, und das bei einem Volumen der jährlichen Ausgaben von rund 36,6 Milliarden Euro.

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Bei den Kürzungen sind auch die Kommunen betroffen, denn der Landeszuschuss für die Kosten der Unterkunft soll abschmelzen, in einem ersten Schritt 2022 mit 42 Millionen Euro, ein Jahr später dann mit 92,8 Millionen. „Das wird möglich auch deshalb, weil der Bund seit vergangenem Jahr entschieden hat, 75 Prozent der Kosten zu tragen“, betonte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) erklärte, bisher habe das Land bei der Gewerbesteuer eine „Überkompensierung“ der Ausfälle geleistet, außerdem seien die Kommunen weniger hart von strukturellen Folgen der Corona-Zeit betroffen als das Land.

Hier die wesentlichen Beschlüsse des Kabinetts, die demnächst an den Landtag gehen, dort modifiziert werden und dann zum Jahresende vom Parlament beschlossen werden sollen:

Stellenabbau:

Rund 2000 von insgesamt 4000 Stellen, die bisher etwa wegen Personalmangels nicht besetzt werden konnten, aber weiter mit Geld unterlegt waren, sollen gesperrt werden. Das betrifft in diesem Doppelhaushalt unter anderem 1500 Stellen im Kultusressort, rund 180 bei der Polizei und knapp 100 in den Finanzämtern. Allerdings soll für das Kultusministerium die Ausnahme gelten, dass die Stellen nicht wegfallen, nur das dafür hinterlegte Geld nicht für andere Zwecke ausgegeben werden darf. In mehreren anderen Ressorts (Finanz- und Innenressort vor allem) gibt es einen regelrechten Stellenabbau.

Auf die Frage, ob dem Kultusminister dann Mittel für eine kurzfristige Verbesserung der Unterrichtsversorgung fehlen werden, verneinte Ministerpräsident Weil: „Die Handlungsfähigkeit des Kultusministeriums wird in keiner Weise beschnitten.“

Sparbeiträge der Ressorts:

Alle Ministerien müssen Konsolidierungsbeiträge liefern – diejenigen Ressorts mit geringem Personalvolumen vor allem Geldbeträge: Für 2022 werden etwa belastet das Wissenschaftsressort (3 Millionen), das Wirtschaftsressort (17 Millionen), das Justizressort (5 Millionen) und das Umweltressort (27 Millionen). Die „globale Minderausgabe“, unter der bisher vor allem die Hochschulen litten, wird ermäßigt, schlägt also nicht mehr so stark zu Buche. Allerdings müssen Hochschulen für Beamtenstellen, die sie vorübergehend mit Angestellten besetzten und dafür Sozialversicherungsbeiträge erhielten, künftig teilweise auch selbst aufkommen.


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Bei der Gegenfinanzierung von EU-Mitteln sind die EFRE- und ESF-Programme offenbar abgesichert, für andere EU-Förderprojekte gilt das nach diesem Entwurf allerdings offenbar nicht, hier ist fraglich, ob das Land die nötigen Ko-Finanzierungsmittel bereitstellen kann. Das Finanzressort greift außerdem die Rücklage an und greift in den Etat des Liegenschaftsfonds. Das Ziel ist, unterm Strich 400 Millionen Euro zu mobilisieren. Hilbers erklärt, solche Kürzungen seien nötig, da nach der Corona-Krise ein „strukturelles Defizit“ entstanden sei, das durch dauerhafte und nachhaltige Einsparungen gedeckt werden muss.

Mehrausgaben:

Die Landesregierung gibt auch zusätzliches Geld aus: Die Investitionspauschale für Klinik-Investitionen steigt von 120 Millionen auf 150 Millionen Euro jährlich, das ist sehr maßvoll, zumal der Investitionsstau Milliardenbeträge erreicht. Für die „European Medical School“ in Oldenburg wird die Finanzierung der Bauten gewährleistet, 80 Millionen Euro stehen bereit. Die geplante Erweiterung der bisherigen Zielzahl von 80 Studenten auf 120 wird bisher im Etat aber nicht abgebildet.

Der neue Staatsschutzsenat am OLG Celle soll gebaut werden, der Bund sei zur Mitfinanzierung bereit, sagten Ministerpräsident Weil und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann. Investitionen für ÖPNV, Straßenbau, die Seeschleuse in Emden und das Schüler-Ticket für 30 Euro monatlich (ab Januar 2022) werden gewährleistet. 100 neue Polizeianwärter sollen eingestellt werden, 20 weitere Plätze im Maßregelvollzug werden finanziert.

Finanzminister Hilbers sagte, in der Finanzplanung werde angepeilt, dass das Land 2024 keine neuen Schulden mehr aufnimmt – denn der Plan besagt, dass die Konjunktur dann wieder läuft und die Schuldenbremse ihre volle Wirkung entfaltet, Kredite seien dann nicht mehr nötig.


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