Die Parteistrategen haben am Sonntagabend der Bundestagswahl und etlicher kommunaler Stichwahlen in Niedersachsen vor allem auf ein Resultat geblickt – das niedersächsische Landesergebnis der Bundestagswahl. Bis Redaktionsschluss war noch nicht sicher, ob dieses stark vom Bundesergebnis abweicht – oder ziemlich genau im Trend liegt. Es deutete sich allerdings an, dass die Verluste der CDU in Niedersachsen höher ausgefallen sein könnten als im Bundesdurchschnitt. Ob die Warnung vor Rot-Rot-Grün, die von der Union in der Schlussphase des Wahlkampfs zur Mobilisierung verbreitet wurde, in Niedersachsen nicht so gut gezündet hat? 

Bei der CDU-Wahlparty hätte man sich noch mehr Prozentpunkte gewünscht. | Foto: Kleinwächter

Im Vergleich der Parteien fällt nun auf, dass die niedersächsische SPD landesweit bei dieser Bundestagswahl die Nase vorn hat- zumindest nach einer Hochrechnung von Sonntagabend um 23.45 Uhr. Sie erreicht demnach 32,5 Prozent – das ist gemessen am Landesergebnis der Bundestagswahl 2017 ein Plus von 5,1 Prozentpunkten. Die CDU kommt auf 24,3 Prozent, das sind 10,6 Prozentpunkte weniger als beim Landesergebnis der Bundestagswahl 2017. Die AfD käme auf 7,2 Prozent (minus 1,9 Punkte), die FDP auf 10,9 Prozent (plus 1,6), die Linke auf 3,4 Prozent (minus 3,6) und die Grünen als starke Gewinner auf 16,2 Prozent (plus 7,5 Prozentpunkte). 

SPD-Politiker erobern Wahlkreise:
Brinkhaus rechte Hand verliert Harburg

Die Dramatik ergibt sich für die CDU vor allem daraus, dass einige Wahlkreise, die über viele Jahre für die Partei als sicher galten, jetzt von den SPD-Gegenkandidaten erobert wurden. So verliert Michael Grosse-Brömer seinen Wahlkreis in Harburg. Er ist parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und in dieser Rolle die rechte Hand von Fraktionschef Ralph Brinkhaus. Auch Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, hat seinen Wahlkreis eingebüßt. Für Ferlemann und Grosse-Brömer gilt jedoch, dass ihre guten Plätze auf der CDU-Landesliste für ihren Verbleib im Bundestag sorgen. Besonderheiten gibt es auch auf der Ebene der Sozialdemokraten.

SPD-Abgeordnete Dunja Kreiser hat den Wahlkreis Wolfenbüttel gewonnen. | Foto: SPD

Die Landtagsabgeordnete Dunja Kreiser wird Nachfolgerin des Wahlkreises Wolfenbüttel, der bisher von Sigmar Gabriel im Parlament vertreten wurde. Doch ganz gegen den Trend erhält Kreiser beim Erststimmenresultat ein um 4,2 Prozentpunkte schlechteres Resultat als 2017 Gabriel. Der CDU-Mitbewerber Holger Bormann büßte im Vergleich zum Erststimmenergebnis der CDU 2017 nur 1,9 Prozentpunkte ein – aber sein Einzug in den Bundestag verfehlte er dennoch.

Cuxhaven, Oldenburg oder Gifhorn:
CDU verliert in einigen Hochburgen heftig

Auffällig ist, dass die CDU-Verluste in einigen Gegenden, die als Hochburgen der CDU galten, besonders heftig ausfallen. So liegen sie im Hamburger Umland (Cuxhaven, Stade, Harburg) besonders hoch, ebenso im Emsland und in Teilen von Südoldenburg, aber auch im Raum Gifhorn/Peine und im Oldenburger Land. Für einige selbstbewusste CDU-Bundestagsabgeordnete ist wegen der Verluste die Rückkehr ins Bundesparlament versperrt, da sie auf der CDU-Landesliste nicht so gut abgesichert waren.

Das betrifft etwa Maik Beermann in Schaumburg, Roy Kühne in Northeim oder auch Eckard Pols in Lüchow-Dannenberg – dort hat der Juso-Landesvorsitzende Jakob Blankenburg seinen Wahlkreis erobert. Einer, über dessen möglichen Wahlkreisverlust spekuliert worden war, ist Andreas Mattfeldt aus dem Wahlkreis Osterholz-Verden. Doch der nicht unumstrittene Politiker, der einen sehr engagierten Wahlkampf hingelegt hat und früh als Anhänger von Friedrich Merz von sich Reden machte, hat bei den Erststimmen mit 5,5 Prozent relativ wenig eingebüßt und seinen Wahlkreis doch noch verteidigen können.