Nachdem die Sozialdemokraten vor 14 Tagen knapp das Ziel verfehlt haben, stärkste kommunalpolitische Kraft in Niedersachsen zu werden, war die Freude über das SPD-Landesergebnis bei der Bundestagswahl nun sehr groß. „Das ist ein toller Erfolg“, sagte Generalsekretärin Hanna Naber am Montag in der Landespressekonferenz.

Von Enttäuschung könne überhaupt keine Spur sein angesichts eines Umfragetiefpunktes, der bei elf Prozent lag, oder der Häme, die den Sozialdemokraten entgegengeschlagen war, als sie ihren Kanzlerkandidaten präsentiert hatten. Die niedersächsische SPD erhielt am Sonntag 33,1 Prozent der Zweitstimmen. Damit entsendet Niedersachsen nun insgesamt 25 Genossen in den Bundestag, fünf mehr als noch vor vier Jahren, sagte Naber.

„Das ist ein toller Erfolg“, sagte SPD-Generalsekretärin Hanna Naber / Foto: Niklas Kleinwächter

Besonders erfreut zeigte sie sich darüber, dass darunter viele junge Menschen seien und gerade Frauen starke Ergebnisse erzielt haben. Für Armin Laschets Rede, in der er seinen Führungsanspruch deklariert hatte, attestierte Naber dem CDU-Vorsitzenden Chuzpe. Die Sozialdemokratin geht derweil eindeutig von der Bildung einer SPD-geführten Ampel-Koalition aus. „Die Grünen können ihren Wählern gegenüber kaum erklären, in eine Koalition mit der CDU einzutreten“, sagte sie.

CDU: Weit unter den eigenen Ansprüchen

Enttäuscht zeigte sich hingegen CDU-Generalsekretär Sebastian Lechner. Die Niedersachsen-CDU liege mit 24,2 Prozent zwar absolut im Bundestrend aber „weit unter den eigenen Ansprüchen“, sagte er und stellte klar, dass es „nichts zu beschönigen und nichts zu beschwichtigen“ gebe. An der Personalie Armin Laschet will Lechner aber nicht rütteln und verwies gestern darauf, dass es durchaus die Chance gebe, eine Jamaika-Koalition (er nennt diese auch „Zukunftskoalition“) unter einem Kanzler Laschet zu bilden. Dafür, dass nicht immer die stärkste Fraktion den Regierungschef stellen müsse, führte Lechner ausgerechnet Stephan Weil (SPD) als Kronzeugen an, der 2013 Ministerpräsident wurde, obwohl damals die CDU vor der SPD gelegen hatte.

„Es gibt nichts zu beschönigen und nichts zu beschwichtigen“, sagt CDU-Generalsekretär Sebastian Lechner / Foto: Niklas Kleinwächter

Die Landtagswahl in etwa einem Jahr gibt Lechner derweil noch nicht verloren. Er sagte, die Kommunalwahlen hätten gezeigt, dass die Menschen bei ihrer Wahlentscheidung differenzieren. An seine eigene Partei gerichtet rief er wiederholt zur Geschlossenheit auf. Die innerparteilichen Querelen um die Kür des Kanzlerkandidaten führte er als „warnendes Beispiel“ an. Personelle Konsequenzen sieht Lechner nur in der Hinsicht geboten, dass junge Kräfte eine Chance erhalten sollten, sich einzubringen, und dass die Partei künftig breiter aufgestellt werden soll, um bestimmte Themen besser besetzen zu können.

Gemischte Gefühle bei den Grünen

Mit „gemischten Gefühlen“ reagierte das niedersächsische Grünen-Führungsduo Anne Kura und Hans-Joachim Janßen auf das Ergebnis der Bundestagswahl. Zwar verzeichneten die Grünen die größten Zuwächse und wurden mit 16,1 Prozent der Zweitstimmen in Niedersachsen drittstärkste Kraft – „das ist ein Grund zur Freude“, sagte Janßen. „Allerdings haben wir das gesteckte Ziel, eine Kanzlermehrheit zu bekommen, verfehlt.“ Auch bei den ausgebliebenen Direktmandaten sieht Anne Kura noch „Luft nach oben“.

„Ein Grund zur Freude“ aber „es gibt noch Luft nach oben“, sagt das Grünen-Spitzenduo Anne Kura und Hans-Joachim Janßen / Foto: Niklas Kleinwächter

Im Bund erkennt Janßen für die Grünen nun eindeutig den Wählerauftrag gegeben, „in Regierungsverantwortung Politik zu gestalten“. Den Auftrag zur Regierungsbildung sieht er derweil der SPD zugefallen, und auch die größte Schnittmenge macht er mit den Sozialdemokraten aus. Eine andere Koalition als eine Ampel „muss aus den Inhalten heraus schon gut begründet werden“, erklärte er.

Die neue Macht der kleinen Parteien

Der stellvertretende FDP-Landeschef Jörg Bode schlägt für die nun beginnenden Sondierungen derweil ein ungewöhnliches Vorgehen vor. Er leitet aus dem Bundestagswahlergebnis für keine Partei den eindeutigen Auftrag zur Bildung einer Regierung ab – zumal SPD und Union in etwa gleich stark seien und jeweils nur eine Größe von 25 Prozent erreichten. Auf diese Größe kämen Grüne und FDP zusammen ebenfalls. Für Bode ist klar: „Bei zwei von drei Koalitionsoptionen sind FDP und Grüne beteiligt.“

SPD und CDU sind auf ein Bündnis aus Grünen und FDP angewiesen – das weiß Jörg Bode, stellvertretender FDP-Landeschef zu nutzen / Foto: Niklas Kleinwächter

Gleichzeitig hätten die beiden Parteien aber auch inhaltlich die größten Gräben zu überwinden. Beim Klimaschutz, sagte er, hätten Grüne und FDP zwar identische Ziele aber komplett andere Wege. Bode empfiehlt deshalb, dass sich zunächst die beiden kleineren Parteien zusammensetzen und Kompromisse ausloten, bevor sie sich dann gemeinsam mit SPD oder CDU an den Verhandlungstisch setzen. Ihm gehe es darum, Modernisierungsprojekte zu definieren und daraus dann die nächsten Schritte (etwa für die Finanzierung) abzuleiten.

Jubel bei der AfD, Trübsal bei der Linken

An den politischen Rändern rechts und links könnte die Stimmung kaum unterschiedlicher sein. AfD-Landeschef Jens Kestner sagte, er sei „hochzufrieden“ mit dem zweistelligen Ergebnis seiner Partei im Bund. Abstriche habe es in Niedersachsen (nur 7,4 Prozent) vielleicht gegeben, weil die Kleinstpartei „Die Basis“ der AfD ein paar Stimmen abgenommen habe oder weil die Fokussierung auf ein mögliches Linksbündnis konservative Wähler zur Union getrieben habe, mutmaßte Kestner.

„Hochzufrieden“ gab sich AfD-Landeschef Jens Kestner trotz mäßig gutem Landesergebnis, weil die AfD im Bund zweistellig bleibt / Foto: Niklas Kleinwächter

Linken-Landeschef Lars Leopold sprach seinerseits von einer „bitteren Niederlage“ für seine Partei, die in Niedersachsen nur 3,3 Prozent der Zweitstimmen erhalten hat. Mit einer Problemanalyse tat er sich schwer, deutete aber an, dass die Zuspitzung auf die Kanzlerfrage frühere Linken-Wähler zur SPD getrieben haben könnte. Für den Landtagswahlkampf leitet Leopold daraus ab, die Unterschiede zu den Sozialdemokraten noch stärker betonen zu müssen. Vielleicht sei es auch ein Fehler gewesen, zu offen über ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis zu reden, anstatt die großen Unterschiede zur SPD zu betonen.