In knapp einem Jahr, am 9. Oktober 2022, wird ein neuer Landtag gewählt. Wenn die Niedersachsen schon am kommenden Sonntag ihre Kreuze machen müssten, hätte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Aussicht auf einen Verbleib im Amt – in seiner Wunschkonstellation, einem Bündnis zwischen Sozialdemokraten und Grünen. Das folgt aus der jüngsten Meinungsumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) im Auftrag der Drei-Quellen-Mediengruppe (DQM).

DQM-Geschäftsführer Volker Schmidt interpretierte die Allensbach-Umfrage zur politischen Stimmung in Niedersachsen. | Foto: Herzig

Demnach würden 34 Prozent die SPD wählen, 26 Prozent die CDU, 15 Prozent die Grünen und 10 Prozent die FDP. Die AfD käme auf 7 Prozent, die Linkspartei auf 4. Das ist gegenüber der Situation von Anfang 2021, als das IfD zuletzt die Stimmung gemessen hat, eine deutliche Verschiebung zu Lasten der CDU und zugunsten der SPD. In einer Pressekonferenz hat der DQM-Geschäftsführer Volker Schmidt die von Allensbach gelieferten Zahlen interpretiert. Er sagte, dass es vor allem einen Stimmungsumschwung der älteren Wähler gegeben habe, der sich vor allem in der Bundestagswahl manifestiert habe. Er sehe es als wesentliches Problem, dass die CDU bundesweit derzeit „nicht das politische Spitzenpersonal hat, das auf ältere Menschen attraktiv wirkt“.

Mehr als 1100 Niedersachsen wurden für Allensbach-Umfrage befragt

Das IfD hatte im September mehr als 1100 Niedersachsen befragt, dabei ist auf eine repräsentative Aufteilung nach Geschlecht, Alter, Bildungsgrad, Haushaltsgröße und regionaler Zuordnung geachtet worden. Die Grundstimmung der Befragten wurde als positiv beschrieben – 44 Prozent betrachten die gegenwärtige Lage hoffnungsvoll, 28 Prozent mit Skepsis und 19 Prozent sogar mit Befürchtungen. Sehr stark zugenommen hat die Empfindlichkeit der Befragten gegenüber der Funktionalität des Staates, so ist seit September 2020 (als das IfD erstmals die politische Stimmungslage in Niedersachsen beleuchtete) der Unmut über Probleme in der Bürokratie sprunghaft angestiegen von damals 43 auf jetzt 58 Prozent.

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Auch der Unterrichtsausfall und die hohen Mieten werden als größere Probleme angesehen, ebenso die Klage über ein zu langsames oder zu schwaches Internet. Schmidt erläuterte, dass viele Menschen sich über steigende Preise, höhere Heiz-, Energie- und Mobilitätskosten sorgten. Eine große Bereitschaft, für die Energiewende tiefer in die eigene Tasche zu greifen, sei aber nicht spürbar. Die Befragten bewerten die Landespolitik überwiegend positiv (43 Prozent nennen diese „erfolgreich“, 24 Prozent „nicht erfolgreich“ und 33 Prozent sind unentschieden). 52 Prozent meinten, die Landesregierung bleibe in der Bundespolitik unter ihren Einflussmöglichkeiten. Nur 19 Prozent bescheinigen Weil und seinen Ministern im Bund „großen Einfluss“. Von denen, die der Landesregierung insgesamt zuschreiben, „unter ihren Möglichkeiten“ zu bleiben, stechen zwei Gruppen heraus – die 18- bis 30-jährigen und die Menschen über 60. 

41 Prozent der Niedersachsen halten Weil für den geeigneteren Ministerpräsidenten

Mit der Politik von Weil sind 43 Prozent der Befragten einverstanden, 19 Prozent nicht. 22 Prozent konnten sich nicht entscheiden, 16 Prozent fällten kein Urteil. Schmidt schätzt das so ein, dass die Ergebnisse hoch seien für einen Regierungschef im neunten Amtsjahr, und es könne am wenig polarisierenden Stil von Weil liegen. 41 Prozent der Befragten würden Weil für den geeigneteren Ministerpräsidenten halten, nur 16 Prozent seinen Herausforderer Bernd Althusmann (CDU). 43 Prozent sind unentschieden oder sagen „keiner von beiden“. Von den SPD-Anhängern sind 80 Prozent für Weil und 5 Prozent für Althusmann, von den CDU-Sympathisanten hingegen 50 Prozent für Althusmann und 25 Prozent für Amtsinhaber Weil.

Bei den Befragten über 60 kommt Weil sogar auf 48 Prozent, bei den Befragen zwischen 18 und 29 Jahren landet Althusmann aber nur bei 8 Prozent. Immerhin 54 Prozent der Menschen unter 30 haben auf die Frage nach dem Wunsch-Ministerpräsidenten mit dem Satz „keiner von beiden“ geantwortet. Bei der Wirtschaftskompetenz liege die CDU zwar immer noch mit 31 Prozent vor der SPD mit 28 Prozent, doch im vergangenen Jahr habe die SPD hier neun Punkte aufgeholt – das Reservoir dafür vermutet Schmidt bei den bisherigen Wählern der Grünen, die jetzt zur SPD gewechselt seien. 

In der Allensbach-Umfrage wurde auch nach der Bekanntheit der und der Beliebtheit der Spitzenpolitiker gefragt. Stephan Weil kennen 91 Prozent, 62 Prozent bescheinigen ihm eine gute Arbeit. Bernd Althusmann, der für 78 Prozent ein Begriff ist, wird von 55 Prozent eine gute Arbeit attestiert. Bei Innenminister Boris Pistorius, dem drittbekanntesten Politiker, sind es 53 Prozent. 74 Prozent kennen Pistorius. Die nächsten Namen beim Bekanntheitsgrad rangieren viel weiter hinten – so Kultusminister Grant Hendrik Tonne (46 Prozent), Umweltminister Olaf Lies (40 Prozent), Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (38 Prozent) und Sozialministerin Daniela Behrens (28 Prozent). Gerade Lies, der eine starke Öffentlichkeitsarbeit betreibt, und Behrens, die wegen Corona ständig in den Medien auftaucht, schneiden hier vergleichsweise schwach ab. DQM-Geschäftsführer Schmidt bewertet aber die Tatsache, dass Behrens von 51 Prozent derjenigen, denen sie als Sozialministerin bekannt ist, eine gute Bewertung bekommt, als Besonderheit: „Diese hohe Zustimmung für eine Ministerin, die erst seit kurzem im Amt ist, ist ganz bemerkenswert.“