Sozialministerin soll Einfluss auf eine Auftragsvergabe genommen haben
Hat es auch im Sozialministerium eine Einflussnahme auf eine Auftragsvergabe gegeben, die den Verdacht der Begünstigung eines politisch nahestehenden Unternehmens weckt? Dem Politikjournal Rundblick liegt eine E-Mail einer Referatsleiterin aus der Gesundheitsabteilung an Mitarbeiter vor, in der um eine Auftragsvergabe an ein Institut in Hannover gebeten wird. Dessen Leiter war einst auch Vorsitzender eines SPD-Unterbezirks.
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Das Institut hatte bereits verschiedentlich für die Landesregierung Arbeitsaufträge erfüllt, das Institut genießt einen guten Namen. Die Vorgänge rund um einen „Masterplan Soziale Gesundheitswirtschaft Niedersachsen“, der Anfang 2016 veröffentlicht wurde, legen allerdings nah, dass hier frühzeitig von politischer Seite Einfluss auf eine Vergabe genommen worden war, die erst Monate später offiziell eingeleitet wurde. Ein Sprecher von Ministerin Cornelia Rundt wies den Vorwurf am Sonntag auf Rundblick-Anfrage zurück – und erklärte, die Mail der Mitarbeiterin sei „missverständlich“.
[caption id="attachment_14309" align="aligncenter" width="780"] In der E-Mail heißt es: "Das ist alles so besprochen und beschlossen worden am 6. Mai 2014 (Herr Brandt, Frau Ministerin, Herr Staatssekretär, Herr Heggemann).“ - Foto: Jakob Brüning[/caption]
Im Koalitionsvertrag hatten SPD und Grüne festgelegt, die Gesundheitswirtschaft in Niedersachsen fördern und den Fachkräftenachwuchs in diesem Bereich verstärken zu wollen. Dazu wurde vereinbart, einen „Masterplan“ zu entwickeln. Das zuständige Sozialministerium war mit der Umsetzung betraut. Die Leiterin des Referates 402 (Gesundheitsförderung) schrieb am 8. Mai 2014 an Mitarbeiter des Ministeriums eine Mail mit folgendem Inhalt: Mit der Vorbereitung einer Tagung, die der Erarbeitung von Eckpunkten für diesen späteren „Masterplan“ dienen soll, solle das Institut „jetzt offiziell beauftragt werden“. Die Tagung war für den 14. Juli geplant, also zwei Monate später. „Wir müssen es hinbekommen, dass das Institut schon mit den Vorbereitungen loslegt im Vertrauen auf die kommende Vereinbarung. Andernfalls sind die Vorbereitungen bis zum 14. Juli nicht zu leisten“, heißt es in der Mail. Weiter wird ausgeführt, dass das Institut für das Sozialministerium schon einen Auftrag „zur Umlagefinanzierung der Pflege wahrnimmt“, und die neue Vereinbarung könne sich daran orientieren. Angefügt wird ein sehr deutlicher Satz: „Das ist alles so besprochen und beschlossen worden am 6. Mai 2014.“
Ministeriumssprecher: Ministerin hat keinen unrechtmäßigen Einfluss genommen
Diese Formulierung legt den Eindruck nah, dass der Instituts-Chef, Ministerin Cornelia Rundt und ihr Staatssekretär Jörg Röhmann am 6. Mai 2014 die Grundlinien für diesen „Masterplan“ vereinbart haben und - wenn man der Mail Glauben schenken will - auch die Auftragsvergabe an das Institut. Die eigentliche Auftragsvergabe für dieses 40.000 Euro teure Projekt geschah dann erst ein knappes Jahr später. Am 9. April 2015 sind drei Institute, darunter auch das beschriebene aus Hannover, zur Abgabe von Angeboten aufgefordert worden, am 28. April habe man dem „Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung“ (IES) eine Absage erteilt und zwei Tage später das Angebot dem oben genannten Institut weitergeleitet, geht aus internen Unterlagen hervor. Am 19. Mai 2015 habe es dann den Zuschlag erhalten. Das Sozialministerium erklärte dazu gestern, dem IES sei nicht abgesagt worden, das Institut habe gar kein Angebot abgegeben.
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Im Übrigen sei es bei dem von der Referatsleiterin erwähnten Gespräch am 6. Mai 2014 nicht um die Studie für den Masterplan gegangen, sondern um eine andere, bereits vom Institut erstellte Studie. „Die Ministerin hat keinen unrechtmäßigen Einfluss auf das von der Fachabteilung durchgeführte Vergabeverfahren genommen. Sie ist – wie bei allen Vergaben größerer Projekte – nur über wesentliche Verfahrensschritte informiert worden“, versichert der Sprecher des Sozialministeriums. Diese Aussage steht allerdings im deutlichen Widerspruch zu der Mail der Referatsleiterin. Rundt ließ über ihren Sprecher ankündigen, zu näheren Details im Untersuchungsausschuss des Landtags Rede und Antwort stehen zu wollen.
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Das Institut spielte im Vergabe-Untersuchungsausschuss des Landtags bereits eine Rolle. Wirtschaftsminister Olaf Lies hatte am 1. August als Zeuge ausgesagt, dass sein Ministerium seit 2013 drei Aufträge dorthin gegeben habe, das Innovationszentrum einen weiteren. Diese Aufträge seien „nicht völlig frei von formellen Vergabefehlern“ geblieben, räumte Lies ein, meinte aber, diese Mängel könnten „als geringfügig betrachtet werden“. Über den Auftrag des Sozialministeriums an das Institut sprach der Wirtschaftsminister Anfang August allerdings nicht.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #147.