Die ukrainische Generalkonsulin Iryna Tybinka hat in einer eindringlichen Rede vor dem niedersächsischen Landtag an die Abgeordneten appelliert, in ihrer Hilfe für das von Russland überfallene Land nicht nachzulassen. „Das Niedersachsen-Ross ist ein Zeichen für Stärke und Mut. Mutig ist bisher die Hilfe, die wir bekommen haben. Ich möchte Ihnen noch mehr Mut machen, Ihre eigenen Ängste zu überwinden und Kompromisse mit Ihrem Gewissen zu vermeiden. Glauben Sie an die Ukraine, denn Glaube und Unterstützung sind der Schlüssel zum Sieg über die Unmenschlichkeit.“

Die Plenarwoche begann mit einer Rede der ukrainischen Generalkonsulin Iryna Tybinka. | Foto: Niklas Kleinwächter

Nach der Rede von Tybinka erhoben sich die Abgeordneten und applaudierten. Im Vorfeld hatte sich der Ältestenrat darauf verständigt, mit der Ansprache der Generalkonsulin aus Anlass des ersten Jahrestages von Putins Angriffskrieg zu starten – und danach die Regierungserklärung von Ministerpräsident Stephan Weil anzuschließen. Die SPD hatte zunächst vorgeschlagen, mit Weil anzufangen und die Tybinka-Rede in die Aussprache zu Weil einzubetten. Dagegen hatte dann die CDU protestiert – mit Erfolg.

In der Debatte über Weils Regierungserklärung ging es um die grundsätzliche Haltung zum Krieg, um symbolische Unterstützungen für die Ukraine und um die Wirksamkeit der Wirtschafts- und Energiehilfen, die am 30. November im Nachtragshaushaltsplan bereitgestellt wurden.

Die Plenarwoche begann mit einer Rede der ukrainischen Generalkonsulin Iryna Tybinka. | Foto: Niklas Kleinwächter

Weil sichert Solidarität mit Ukraine zu: „Wir sind und wir bleiben solidarisch an der Seite der Ukraine, das ist unsere Verpflichtung“, sagte Ministerpräsident Weil (SPD). Kein Soldat stehe auf russischem Territorium, aber hunderttausende russischer Soldaten stünden auf ukrainischem Boden. Er habe Respekt vor denen, die Waffenlieferungen aus Sorge um den Weltfrieden ablehnen. Das dürfe man „nicht mit leichter Hand abtun“. Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU) sagte, Putin, sein Regime und seine Helfer seien aus Sicht der CDU „Kriegsverbrecher“. Denen, die Waffenlieferungen ablehnten, müsse man entgegnen, dass „die Ukraine unsere Werte verteidigt“. Die Ukraine müsse „den Krieg gewinnen“, und dies drücke Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius viel deutlicher aus als Bundeskanzler Olaf Scholz und auch als Weil. SPD-Fraktionschef Grant Hendrik Tonne meinte, Deutschland dürfe „den russischen Imperialismus nie akzeptieren“. Er sei „irritiert“ über die Initiative von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht zum Stopp der Hilfen für die Ukraine. „Man muss immer aufpassen, wenn sich ein Kreis zwischen ganz links und ganz rechts schließt.“ Grünen-Fraktionschefin Anne Kura sagte: „Wir stehen auf der Seite der Angegriffenen, ohne Wenn und Aber.“ Dagegen erklärte Stefan Marzischewski (AfD): „Wer Versöhnung und Ausgleich herbeiführen will, muss mit beiden Seiten sprechen, ohne sich mit einer Seite gemein zu machen.“ 

„Ich frage Sie, Herr Ministerpräsident, ob ein Unterstützer des Putin-Regimes noch Träger der Landesmedaille sein kann.“

Schröder die Ehrenmedaille entziehen? Lechner sagte, ohne den Namen Gerhard Schröder zu nennen: „Ich frage Sie, Herr Ministerpräsident, ob ein Unterstützer des Putin-Regimes noch Träger der Landesmedaille sein kann.“ Die CDU begrüße indes, dass die Landesregierung nun ihrer Forderung Folge leiste und Partnerschaften mit ukrainischen Regionen gründen wolle. Weil erklärte, er wolle eine solche Partnerschaft noch 2023 festlegen. Die CDU-Initiative, Partnerschaften mit russischen Regionen zu beenden, befürworte er nicht. Zwar verbiete sich bis auf weiteres hier eine Zusammenarbeit, aber eines Tages würden solche Kontakte wieder notwendig werden. Eine solche Zukunft liege aber „derzeit in weiter Ferne und setzt eine glaubwürdige Abkehr von jeder Form des russischen Imperialismus voraus“. 


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Streit um späte Wirtschaftshilfen: Weil erklärte, die befürchtete Wirtschaftskrise sei nicht eingetreten, was auch am Energie- und Gaspreisdeckel liege. Nötig sei aber ein subventionierter Strompreis für die energieintensiven Produktionen, etwa bei der chemischen Industrie. Der Ministerpräsident mahnt noch darüber hinaus stärkere finanzielle Bundeshilfen an. Die Kosten für Flüchtlinge stiegen in diesem Jahr auf 1,2 Milliarden Euro, während die Unterstützung des Bundes dafür auf 260 Millionen Euro sinke, 40 Prozent weniger als 2022. „Vom Bund wird mehr kommen müssen“, sagte Weil. Lechner entgegnete, das „Zögern und Zaudern“ der Landesregierung drücke sich darin aus, dass bisher „kein krummer und trauriger Euro“ bei den Empfängern von Wirtschafts- und Sozialhilfen angekommen sei, obwohl der Nachtragsetat dafür schon Ende November 2022 vom Landtag beschlossen worden sei. „Besonders empörend“ sei, dass Weil bei den Hilfen für Besitzer von Öl- und Pellet-Heizungen auf den Bund zeige. „Wir haben ihnen schon letztes Jahr gesagt, dass wir dafür ein eigenes Landesprogramm brauchen“, sagte der CDU-Fraktionschef. Im Übrigen erwarte die CDU, dass die Landesregierung die kommunalen Kosten für Unterkünfte und Vorhaltekosten vollständig übernimmt – für die Jahre 2022, 2023 und 2024.