14. Nov. 2019 · 
Umwelt

Umweltminister Lies fordert: Suche nach Endlager muss nachvollziehbar sein

Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies (SPD) fordert eine Versachlichung bei der bundesweiten Suche nach einem Endlager für Atommüll. Er kritisierte vor Journalisten, dass der Prozess aktuell nicht fair und nicht in jedem Fall nachvollziehbar sei. Zudem würden sich einzelne Landesregierungen „davonstehlen“. So haben etwa die Landesregierungen von Bayern, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern oder Thüringen bereits erklärt, dass ihre Länder für ein atomares Endlager nicht infrage kämen. Dabei behaupteten diese mitunter in ihren Koalitionsverträgen, dass das bei ihnen vorkommende kristalline Gestein, also Granit, für ein Endlager ungeeignet sei. „Wer jetzt schon mit Vorfestlegungen arbeitet, torpediert den Prozess“, erklärte Lies. Niedersachsen werde das nicht zulassen, so der Minister. Würde Granit vorab aus politischen Gründen ausgeschlossen, blieben noch Ton und Salz als Wirtsgesteine für Atomlager übrig – beide Gesteinsformationen kommen in Niedersachsen vor. Lies betonte jedoch, dass er in Finnland bereits auch ein Endlager in Granit gesehen habe. In weniger als einem Jahr wird die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) eine Karte präsentieren, die jene Regionen ausweist, in denen potenziell ein Endlager eingerichtet werden könnte. Nach weiteren Erkundungen in diesen Regionen sollte dann nach dem Ausschlussprinzip bis 2031 der sicherste Standort für ein atomares Endlager ermittelt werden – so sieht es das Endlagersuchgesetz vor.

Am Ende geht es nicht darum zu erklären, wieso es ein bestimmter Standort geworden ist, sondern warum es alle anderen nicht geworden sind.


Aktuell geht man davon aus, dass im Herbst 2020 noch fünf bis sechs Regionen bundesweit übrig bleiben werden. Ausgeschlossen werden bis dahin vorerst nur solche Gebiete mit hoher vulkanischer Tätigkeit oder einem erhöhten Erdbebenrisiko, sowie Regionen mit Bergbauvergangenheit. Nordrhein-Westfalen sei demnach bereits aus dem Rennen, erklärt Niedersachsens Umweltministerium. Auch Großstädte wie Hamburg, Berlin und Bremen kämen nicht infrage. Für alle anderen Regionen erwartet Lies jedoch, dass wissenschaftlich nachvollziehbare Gründe aufgezeigt werden müssen, die einen Ausschluss des entsprechenden Gebietes begründen. „Am Ende geht es nicht darum zu erklären, wieso es ein bestimmter Standort geworden ist, sondern warum es alle anderen nicht geworden sind“, sagte Lies. Es könne nicht gelten, dass es am Ende doch auf Niedersachsen oder speziell Gorleben hinauslaufe, nur weil dieser Standort bereits besonders gut erforscht sei. Über das Gesteinsvorkommen in Niedersachsen sei extrem viel bekannt, weil es aufgrund von Erdgas- und Erdöl-Förderung bereits viele Bohrungen und Untersuchungen gegeben habe. Keine Informationen zu haben, dürfe aber kein Ausschlussgrund sein, so der Minister. Das gesamte Endlager werde Milliarden kosten, da komme es auf ein paar Millionen für weitere Bohrungen auch nicht mehr an.
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Lies möchte nun, dass der Prozess transparenter wird. So fordert er etwa, es müsse endlich ein Geodaten-Gesetz beschlossen werden. Dieses müsse alle Länder verpflichten, die benötigten Daten zu Gesteinsformationen auch tatsächlich an die BGE zu liefern. Es sei zwar die Aufgabe der Landesämter für Bergbau, die entsprechenden Informationen bereitzustellen. Doch wenn die Landesregierungen bereits den politischen Willen formulierten, dass in ihrem Bundesland keine Standorte infrage kämen, sieht der Minister die Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen. Zudem müsse das Geodaten-Gesetz gewährleisten, dass alle Daten im Nachhinein zugänglich gemacht werden, damit die Entscheidungsprozesse nachvollzogen werden können. Das kann vor allem dann problematisch werden, wenn die Landesämter Geodaten von privatwirtschaftlichen Unternehmen heranziehen. Das dürfen sie zwar, allerdings haben die Unternehmen auch ein berechtigtes Interesse daran, dass ihre Informationen nicht ohne Weiteres an Dritte weitergegeben werden. Lies fordert außerdem, dass die Forschung zu den unterschiedlichen Einlagerungstechniken angestoßen wird. So müsse genau untersucht werden, wie die Einlagerung in Ton und Granit funktionieren kann und wie die Rückholbarkeit in den verschiedenen Wirtsgesteinen sichergestellt werden kann. Zudem müsse geschaut werden, welche Behälter in welchem Gestein geeignet seien. Andersfalls drohe eine verfrühte Festlegung auf Castoren, die in Salz eingelagert werden – und damit fiele die Entscheidung fast zwangsläufig wieder auf Gorleben in Niedersachsen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #201.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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