
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist massiv verärgert über aktuelle Planungen im Bundeswirtschaftsministerium zu den Hilfen für Unternehmen in der aktuellen Energie- und Preiskrise. „Wir sind schon wieder überrascht worden davon, was das Fachministerium in Berlin entwickelt. Die letzten Planungen dort berücksichtigen nicht, was zwischen den Ministerpräsidenten und dem Kanzler besprochen worden ist. Das kann so nicht sein“, sagte Weil am Dienstag in einer Pressekonferenz in Hannover. Die Sorge bestehe, dass von den Mitarbeitern von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein „umfangreiches Regelwerk“ vorgelegt werde, das im Detail vorschreibe, wie die Länder die Hilfen an Unternehmen auszuzahlen haben. Im Gegenzug sollten die Länder dann daran auch einen hohen Eigenanteil leisten, eine sogenannte „Interessensquote“. „Ein solcher Weg wäre in keiner Weise diskutabel“, betonte Weil.
„Wir Länder sind in der Praxis sehr viel näher dran an den Problemen. Der Bund kann uns zutrauen, dass wir das regeln werden."
Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen
Der Ministerpräsident ließ durchblicken, worin im Detail ein Problem bestehen kann. In Berlin würden Pläne reifen, unter einem „Härtefall“ lediglich solche Betriebe anzusehen, die unter einer starken Steigung der Energiepreise zu leiden haben. „Das ist aber noch nicht alles, was tatsächlich einen Härtefall ausmacht“, sagte Weil und verwies zur Begründung auf das Bäckerhandwerk: Dort lägen die Probleme nicht lediglich in den Energieausgaben etwa für die Backöfen, die auf hohe Temperaturen geheizt werden müssen. Auch die Vorprodukte, die in der Bäckerei verwendet werden, seien für die Handwerker viel teurer geworden als bisher. Dies müsse auch berücksichtigt werden. Daher spreche viel dafür, erklärte Weil, dass der Bund nicht nur den Hauptanteil der Summe aufbringen soll, die für Härtefälle in der Wirtschaft bereitstehen soll. Der Bund solle gleichzeitig den Ländern die Freiheit lassen, die Kriterien für die Auszahlung selbst festzulegen. „Wir Länder sind in der Praxis sehr viel näher dran an den Problemen“, sagte der Ministerpräsident, „der Bund kann uns zutrauen, dass wir das regeln werden“.

In der Pressekonferenz zur Vorstellung des niedersächsischen Nachtragshaushaltsplans berichtete Weil von der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Kanzler Anfang November. Bei diesem Treffen habe es Berichte gegeben, die Länder sollten an allen Wirtschaftshilfen für notleidende Betriebe einen Anteil von 50 Prozent der Kosten tragen. Gegenüber den Ministerpräsidenten habe Kanzler Olaf Scholz dann aber gesagt, hierbei handele es sich „um ein Missverständnis“. Bisher gehe er davon aus, meinte Weil am Dienstag, dass es sich so auch mit den aktuellen Planungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium verhalte. Man sehe aber, dass auf Bundesebene „die Diskussion nicht in die richtige Richtung läuft“. Dass einige Branchen stärker als andere belastet sind, nehme der Bund „einfach nicht zur Kenntnis“. Auf jeden Fall könnten die Länder auch einen umfangreichen und aufwendigen Verwaltungsakt vor der Überweisung der nötigen Hilfsgelder an die betroffenen Betriebe „nicht akzeptieren“.
Weil sieht sich auch deshalb gefordert, in dieser Frage klar Position zu beziehen, da er als derzeitiger Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz als Sprecher der Länder der Bundesregierung gegenübertritt. Der Regierungschef erklärte in der Pressekonferenz, dass unabhängig von diesem Streitpunkt der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) gerade mit den Wirtschaftsverbänden darüber verhandele, wie ein Landes-Förderprogramm für kleine und mittlere Unternehmen ausgestaltet sein kann. Die neue rot-grüne Regierung hat für diesen Bereich im Entwurf des Nachtragshaushaltsplans insgesamt 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt – 60 Millionen Euro in diesem Jahr und 140 Millionen Euro im nächsten.