Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer und Agrarministerin Miriam Staudte (beide Grüne) zeigten sich am Donnerstag sichtlich zufrieden mit der Auftaktveranstaltung ihres neuen Dialogforums „Weidetierhaltung und Wolf“. Der Einladung der beiden Minister waren rund 70 Teilnehmer aus etwa 50 Verbänden gefolgt, die alle im weitesten Sinne mit dem Wolf zu tun haben. Dem Dialog verschlossen habe sich niemand, erklärten sie.

Umweltminister Christian Meyer und Agrarministerin Miriam Staudte (beide Grüne) arbeiten an einer neuen „konfliktarmen“ Wolfspolitik | Foto: Kleinwächter

Staudte lobte im Anschluss vor Journalisten die „angenehme Arbeitsatmosphäre“ und den „ergebnisorientierten Austausch“ bei einem doch äußerst „kontroversen und polarisierenden“ Thema. Seitens der Teilnehmer sei während der Veranstaltung in den Räumen der „Akademie des Sports“ wiederholt geäußert worden, man sei von dem Austausch positiv überrascht – weil man mit keinerlei Erwartungen angereist sei.


Lesen Sie auch:

Was vom „Dialogforum Wolf“ zu erwarten ist — und was eher nicht


Was beide Minister im Vorfeld als Ziel ausgegeben haben, wurde offenbar erreicht: Man hat den Gesprächsfaden wieder aufgenommen, wo zuletzt eher Misstrauen und Unverständnis vorgeherrscht hatten. Meyer erklärte am Donnerstag, es hätten sich nun Gruppen wieder an einen Tisch gesetzt, die sich zuletzt nur noch im Internet oder vor Gericht gestritten hätten. „Einen Wolfskonsens wird es nie geben. Konfliktfrei wird es auch nie ablaufen. Es wird immer Nutztierrisse geben – aber konfliktarm kann es ablaufen“, sagte Meyer versprach: „Es wird keine Extremlösung geben: keine Ausrottung des Wolfes und auch kein Nichtstun.“



Doch was soll dieses neue Forum nun bringen? Im Vordergrund stand zunächst, einen gemeinsamen Kenntnisstand über die Faktenlage herzustellen. Vorgetragen haben dazu etwa die Landwirtschaftskammer, das Bundesumweltministerium oder der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Dabei ging es darum, wie viele Wölfe man im Land vermutet (44 Rudel, vier Einzeltiere und ein Pärchen), in welche Richtung sich die Zahlen entwickeln (ganz leichter Anstieg bei den Wölfen, ein Rückgang bei den Schafsrissen, dafür zunehmend Angriffe auf Pferde und Rinder), wie schnell es Entschädigungen nach Nutztierrissen gibt (innerhalb von zwei bis fünf Tagen sollen die Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer inzwischen bestätigen, ob es sich um einen Wolfsangriff gehandelt hat) und wohin die Reise bundes- und europapolitisch gehen mag (alle sechs Jahre muss der Erhaltungszustand geschützter Tiere überprüft werden, das nächste Mal 2025).

Verbände arbeiten in fünf thematischen Gruppen weiter

Verständigt haben sich die Teilnehmer anschließend darauf, dass sie in der kommenden Zeit in fünf Arbeitsgruppen weiter zusammenarbeiten wollen. Die erste Gruppe soll sich mit der Herdenschutzförderung befassen und dabei Vorschläge zur Überarbeitung der „Richtlinie Wolf“ machen. In der zweiten Gruppe steht das Wolfsmanagement auf der Tagesordnung. Dieser Kreis soll sich zu den Kriterien für die konkrete Entnahme von Problemwölfen äußern. Umweltminister Meyer erklärte dazu, dass Ausnahmegründe in abstrakter Form zwar im Gesetz genannt würden, die Auslegung aber immer wieder zu Konflikten führe.



Der zweiten Arbeitsgruppe fällt auch die Aufgabe zu, sich mit den Plänen zum „europarechtskonformen regional differenzierten Bestandsmanagement“ zu befassen. Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, mit der EU an einem solchen Konstrukt zu arbeiten, die Landesregierung möchte dies unterstützen. Meyer konkretisierte bei dieser Gelegenheit, dass es sich dabei nicht um eine Niedersachsen-spezifische Ober- und Untergrenze für Wölfe handeln könne. Vielmehr gehe es darum, einen Weg zu finden, wie man auf regionale Situationen reagieren könne, etwa wenn es mancherorts eine unzumutbare Belastung der Weidetierhalter gäbe. Für ein noch besseres Monitoring will Meyer nun wieder Wölfe mit Sendern ausstatten – in der vergangenen Legislatur ist dies aber kein einziges Mal gelungen. Wie Meyer dabei vorgehen will, ließ er offen.


Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.

Inhalt laden


Die dritte Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Informationspolitik, der Transparenz und dem Monitoring rund um den Wolf. In der vierten Gruppe geht es um die Förderung der Weidetierhaltung über Prämien und die „Gemeinsame Agrarpolitik“ der EU (GAP). Die fünfte Gruppe bearbeitet ein regionales Problem: Wie kann die Schafhaltung an den Deichen geschützt werden, wo Zäune nicht errichtet werden können? Dabei wurden offenbar schon ehrenamtliche Herdenschutzteams vom Naturschutzbund Nabu oder Teilnehmern des Freiwilligen Sozialen Jahres ins Gespräch gebracht. Auch die Haltung von Herdenschutzhunden und die Möglichkeiten der Vergrämung von Wölfen wurden offenbar bereits breiter diskutiert. Die beste Maßnahme zum Schutz der Weidetiere sei es, den Wolf frühzeitig spüren zu lassen, dass es schwer ist, Nutztiere zu reißen, sagte Meyer.

Opposition kritisiert: Regierung lässt Weidetierhalter im Stich

Wie es nun konkret weitergehen soll, lassen die beiden Minister derweil offen. Einen Zeitplan gibt es noch nicht, nicht einmal ein konkreter Folgetermin wurde vereinbart. Man werde aber nicht auf einen Abschlussbericht warten, sondern stets gute Vorschläge in die praktische Politik übertragen, versicherte Meyer. Der Opposition reicht das nicht aus. Für die CDU-Fraktion erklärt deren agrarpolitischer Sprecher Marco Mohrmann: „Die neue Landesregierung muss beim Wolfsmanagement endlich handeln, statt nur weitere Gesprächskreise einzurichten und falsche Erwartungen zu wecken.“ Die CDU fordert ein überarbeitetes Monitoring und ein aktives Wolfsmanagement, das Abschüsse vereinfacht zulässt.