Wenn die niedersächsische FDP bei der Landtagswahl im Oktober 2022 nur ein paar hundert Stimmen mehr erhalten hätte, säße Katharina Wieking heute im Landtag. Die 29-jährige kandidierte auf Listenplatz 7 und hatte damit eine reelle Chance, Parlamentarierin zu werden. Nun kam es anders, aber ein „Politiknerd“ bleibt sie auch so – deshalb wird sie die vierte Niedersächsin an unserer virtuellen Pinnwand:

Katharina Wieking (FDP) ist der vierte Politiknerd an unserer Pinnwand. | Fotocredit: Raphael Wedemeyer

„Politik fing in meiner Familie am Küchentisch an“, sagt Katharina Wieking im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Denn dort habe sie sich mit ihrem Vater immer um die Zeitung gestritten, aber meist durfte er den Politik-Teil zuerst lesen. Ihre Eltern legten viel Wert auf staatsbürgerliche Tugenden, es wurde viel diskutiert und die kleine Katharina am Wahlsonntag mit ins Wahllokal genommen, erinnert sie sich. „Wenn dich etwas stört, musst du es verändern“, soll ihre Mutter zu ihr gesagt haben. Ihr Interesse für Politik sei deshalb schon immer groß gewesen, aber dass sie einmal in eine Partei eintritt, war für sie zu Zeiten des Politik-LKs noch nicht klar gewesen.

Dass die FDP einmal ihre politische Heimat werden könnte, zeigte sich vielleicht erstmals, als sie noch während ihrer Ausbildung zur Bankkauffrau anhand ihrer Gehaltsabrechnung feststellte, wie hoch die Steuerlast eigentlich ausfällt. Im Studium (Sozialpädagogik und Bildungswissenschaften) besuchte sie dann eine Diskussionsveranstaltung der liberalen Hochschulgruppe zur Migrationspolitik. Was Christian Dürr, damals noch Chef der FDP-Landtagsfraktion, bei der Gelegenheit zur Zuwanderung von qualifizierten Menschen sagte, leuchtete Wieking so sehr ein, dass sie gar nicht verstehen konnte, warum nicht alle dem FDP-Vorschlag folgten. Doch zwischen dieser Begegnung und dem Parteieintritt lagen dann noch mal zwei Jahre. Eine Erfahrung hat sie dabei besonders in ihrem Entschluss bestärkt: Gemeinsam mit einer Kommilitonin engagierte sie sich 2017 in einem Projekt für benachteiligte Jugendliche in Hannover-Mühlenberg und musste feststellen, wie schwierig es für Freiwillige ohne eine etablierte Vereinsstruktur sei, sich gesellschaftlich einzubringen. Das Thema Ehrenamt bearbeitete sie dann später als Referentin in der FDP-Landtagsfraktion.



„Wir brauchen eine laute und starke liberale Kraft, die in der Mitte steht“, sagt Katharina Wieking heute. Dabei halte sie wenig von „Bindestrich-Liberalismus“, sondern wünscht sich eine Politik, die „für alle da“ sei und alle Lebensrealitäten berücksichtige. Ihr Idealbild: Der Staat solle die Rahmenbedingungen setzen, in denen sich alle entfalten können. Ihr politisches Schlagwort dafür lautet „Chancengerechtigkeit“ im Gegensatz zur Chancengleichheit, denn nicht jeder brauche dieselbe Unterstützung. Politische Lösungen, bei denen mit der Gießkanne Fördergelder verteilt werden, findet sie deshalb schlecht. Dass Aufstieg durch Bildung immer möglich sein muss, hat sie im Positiven auch an sich selbst erlebt, denn auch sie stammt aus einem Nicht-Akademiker-Haushalt.

Nach der verlorenen Landtagswahl musste sich Katharina Wieking nun beruflich umorientieren, was ihr schnell glückte. Sie arbeitet jetzt als Strategie-Referentin für die eine niedersächsische Sparkasse. Als echter „Politiknerd“ lässt sie die Politik nun aber nicht links liegen, sondern möchte beim kommenden FDP-Landesparteitag erneut für den Vorstand kandidieren, um sich für den Wiedereinzug engagieren zu können. Dafür sind die Sichtbarkeit der Partei und die aktive Einbindung von (Neu-)Mitgliedern für Katharina Wieking von zentraler Bedeutung.



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