Einmal im Jahr treffen sie sich, heute ist wieder so ein Tag: Auf der einen Seite die Mitglieder der Landesregierung, also der Ministerpräsident, die Minister, ihre Staatssekretäre – und die Fraktionschefs der im Landtag vertretenen Parteien. Ihre Pressesprecher dürfen sie auch noch mitbringen. Auf der anderen Seite kommen die Mitglieder der „Landespressekonferenz“, jenes erlauchten Vereins von Journalisten, die regelmäßig über die Landespolitik berichten. Da kommen also die, die die Politik machen, mit denen zusammen, die darüber schreiben oder dazu ihre Beiträge senden. Politiker und Journalisten, ein ungleiches Paar?

Wenn man dem politischen Journalismus eine Kontrollaufgabe zuschreibt, fällt zunächst die wachsende Waffenungleichheit auf: Die Minister und – mit Abstrichen – die Fraktionschefs haben ihre Stäbe, Referenten und Zuarbeiter. Die Journalisten vertrauen auf die Qualität ihrer Archive, die meistens über das Verwahren der im eigenen Blatt erschienenen Artikel nicht hinausgehen. Zuarbeiter, Rechercheure, Hilfskräfte? Dafür ist nach Jahren der Sparrunden in den Verlags- und Medienhäusern oft kein Geld da. Bleibt noch etwas, das ein unbezahlbares, höchst wertvolles Gut ist: die Erfahrung. So gesehen haben es diesbezüglich die Journalisten besser, zumindest in der LPK in Niedersachsen. Vom „harten Kern“ der Berichterstatter, es mögen rund 25 Personen sein, ist eine Handvoll schon länger als 20 Jahre dabei, etliche sind es mehr als zehn Jahre. Das sind Zeiträume, auf die die meisten Politiker nicht kommen. Mögen die Minister und Staatssekretäre besser vernetzt sein, das ist wohl so. Dafür sind die Journalisten aber mit einem längeren Gedächtnis ausgestattet (das freilich nur dann hilft, wenn es noch reibungslos funktioniert).

Verabschieden sich in den Ruhestand und wenden sich nun neuen Gestaden zu (von links): Michael Orth, Michael B. Berger und Dirk Banse. | Fotos: NDR, HAZ/Schaarschmidt, Kleinwächter, Canva

Das ist die Ausgangslage. Nun stehen aber einige Veränderungen an, von denen heute schon einige zu wirken beginnen. Drei langjährige LPK-Mitglieder verabschieden sich, sie wechseln in den Ruhestand. Das sind Michael B. Berger von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, Dirk Banse und Michael Orth vom NDR. Der Vorgang zeigt, dass auch der große Vorteil des Journalismus, das Vertrauen auf die Erfahrung der „Alten“, irgendwann nicht mehr zieht – weil sich diese Jahrgänge früher oder später in die Rente verabschieden. Nun zeichnen sich aber gerade die drei Kollegen, die jetzt verabschiedet werden, durch besondere Eigenschaften aus – hohes Fach- und Allgemeinwissen, Fähigkeit zu beharrlichen und konkreten Nachfragen, gute Kommunikationsgabe, keine Scheu davor, den Mächtigen zu widersprechen oder deren Inszenierung zu hinterfragen. Ein Verlust, dieser Abgang.


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Aber ist das auch ein unersetzlicher Verlust? Ich bin optimistisch. Diejenigen aus der LPK, die jetzt gehen, und jene, die in den kommenden drei, fünf oder sieben Jahren ebenfalls ausscheiden, werden würdige Nachfolger finden. Das Nachrichtengeschäft ist schneller geworden, hektischer – und die Anerkennung für gute Arbeit ist in Zeiten von Fake News, Social-Media-Filterblasen und zweifelhaften Info-Plattformen alles andere als selbstverständlich. Gute Journalisten haben es heute auch in ihren Redaktionen schwerer, sich durchzusetzen und den nötigen Freiraum für gute Recherche zu erkämpfen. Denn sie kämpfen auch gegen den Trend zur superschnellen Verbreitung vermeintlich schon gesicherter Fakten. Das wichtigste aber ist, dass es noch Journalisten mit dem Anspruch auf Qualitätsjournalismus gibt, und das ist zumindest in Niedersachsen der Fall.