Ist Niedersachsens Landeshauptstadt keine Reise wert? Laut einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Drei-Quellen-Mediengruppe finden nur neun Prozent der Befragten Hannover attraktiv. Unbeliebter ist nur Saarbrücken. Dieses Ergebnis hat in Hannover für viel Verwunderung gesorgt – und beschäftigte nun sogar den Rat der Landeshauptstadt.

Bislang hatte die hannoversche Stadtspitze nur mit einer humoristischen Kampagne in den sozialen Netzwerken auf die Ergebnisse der Allensbach-Umfrage reagiert, die Hannover im Attraktivitätsranking der deutschen Landeshauptstädte auf den vorletzten Platz verwiesen hat. Am Donnerstag wurde diese Angelegenheit nun jedoch zum Thema einer „aktuellen Stunde“ im Rat der Landeshauptstadt.

In dem dazugehörigen Antrag schrieb die CDU-Fraktion, das Ergebnis sei „ernüchternd“, Hannover werde „zu Unrecht“ ein schlechtes Image attestiert. Felix Semper, Fraktionsvorsitzender der Christdemokraten, sagte zunächst: „Landauf, landab ist Hannover für sein Mittelmaß bekannt.“ Die Allensbach-Studie attestiere Hannover nun jedoch „nicht einmal mehr Mittelmaß“.

Kuppelsaal im HCC
Kuppelsaal im HCC | Foto: Kleinwächter

„Die rote Laterne bei der Attraktivität ist zum Greifen nah“, sagt Semper. „Wir sind nicht Berlin oder Hamburg. Das kann auch nicht der Maßstab sein. Hinter Magdeburg oder Kiel müssen wir uns aber sicher auch nicht verstecken.“ Der Sprecher der größten Oppositionsfraktion im Stadtrat erklärte, nicht aus Stolz oder Eitelkeit müsse nun gehandelt werden, sondern aus eigenem Interesse, um im Wettbewerb um die klügsten Köpfe bestehen zu können. Dass die Stadt jedoch beim Zukunftsthema Digitalisierung auch in anderen Rankings schlecht abschneidet, sei da nicht hilfreich. Laut „Smart-City-Index“ belegt Hannover nur den Platz 45, betrachtet man nur die Verwaltung sogar Platz 70 von 81.

„Das schlechte Image Hannovers ist so alt, wie die Stadt selbst.“

Dass Hannovers schlechtes Image wirklich ein Problem sein könnte, sehen die Mehrheitsfraktionen im Rat allerdings gar nicht als Problem an. „Das schlechte Image Hannovers ist so alt, wie die Stadt selbst“, sagte Elisabeth Clausen-Muradian, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen. 91 Prozent der Menschen dieser Stadt lebten laut einer Umfrage der Stadtverwaltung gerne in Hannover, referierte sie und zitierte die Erfolge der Landeshauptstadt: meistgeschätzte Stadt beim Reiseanbieter Travelbook, die „Königin der B-Städte“ für Investoren.

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Lars Kelich von der SPD-Fraktion schloss sich dieser Aufzählung an und ergänzte den Titel „Unesco City of Music“, gute Platzierungen als fahrradfreundliche Stadt oder gute Bewertungen für Kultur, Erlebnis und Einkaufen. Kelich warf vielmehr der CDU vor, zum schlechten Image der Stadt beizutragen, indem die Stadtverwaltung immer wieder schlecht geredet werde.

FDP kritisiert die Stadtspitze scharf

Der frühere Ampel-Partner Wilfried Engelke von der FDP wollte seinen früheren Bündnispartnern derweil nicht zustimmen. Der Negativ-Mythos sei kein Mythos, sondern Realität, sagte er und kritisierte das Motto zur Kulturhauptstadtbewerbung: „Hannover hat nichts.“

FDP-Politiker Engelke | Foto: Kleinwächter

Der größte Kritikpunkt in der Allensbach-Umfrage sei der Verkehr, zitierte Engelke und mahnte: „Noch haben wir Einkaufsmöglichkeiten und Kulturangebote, aber wie lange noch? Es reicht nicht, sich selbst auf die Schulter zu klopfen und die Stadt durch die rosarote Brille zu betrachten. Die City muss lebenswerter werden. Aber das erreicht man nicht durch Blumenkübel und überdachte Fahrradständer.“

„Die Stadtspitze ist der Sargnagel für inhabergeführte Kleingeschäfte.“

Als Schuldigen für diesen Umstand identifizierte Engelke die Stadtspitze, insbesondere den Oberbürgermeister. Die Umfrage habe schließlich auch ergeben, dass nur einer von drei Niedersachsen der Auffassung ist, dass die Landeshauptstadt gut regiert wird. „Die Stadtspitze ist der Sargnagel für inhabergeführte Kleingeschäfte“, führte Engelke weiter aus und regte an, es sollten lieber neue Stellen im Stadtmarketing geschaffen werden, statt zwei neue Stellen für Fahrradbeauftragte.

Die Themen der Hannover-Serie des Politikjournals Rundblick beschäftigen nun noch weitere Gremien der Ratspolitik. Am Freitag wird sich etwa der Kulturausschuss der Landeshauptstadt mit der Sanierung des Historischen Museums beschäftigten. Wie wir am Donnerstag berichteten, stockt dieser Prozess. Infolgedessen ist die Dauerausstellung bereits seit viereinhalb Jahren geschlossen. Laut Dirk Altwig, Vorsitzender der Freunde des Historischen Museums Hannover e.V., liegt das nicht am politischen Willen, sondern an der Untätigkeit der Stadtverwaltung.