Als ich am Montagvormittag ins Wilfried-Hasselmann-Haus der CDU getreten bin, sind die beiden „Chefs“ gerade nicht vor Ort. Sowohl der Landesvorsitzende Bernd Althusmann als auch Generalsekretär Sebastian Lechner haben andere Termine, im Ministerium oder im eigenen Wahlkreis. „Unsere beiden Chefs sind derzeit mehr auf Terminen, als dass sie hier im Büro sein können“, erklärt mir deren gemeinsamer Büroleiter Thomas Deppe. Aber im Hasselmann-Haus ist trotzdem jede Menge los. Etwa 30 Mitarbeiter kümmern sich derzeit darum, dass die Wahlkampfmaschine der CDU rund läuft. Wie in den anderen Landesgeschäftsstellen auch bilden sie das Rückgrat der Kampagne, sie sind die unsichtbaren Helfer im Hintergrund.

Vom Wilfried-Hasselmann-Haus aus koordiniert die CDU ihren Wahlkampf | Foto: Kleinwächter

Althusmann selbst steht als Wahlkämpfer derzeit auf vielen Marktplätzen quer durch Niedersachsen. In der vergangenen Woche führte ihn seine Tour unter anderem von Leer übers Emsland nach Stade. Insgesamt rund 200 Termine nimmt der CDU-Chef in diesem Wahlkampf wahr. Unterstützt wird er dabei bald auch von Partei-Prominenz: Friedrich Merz wird mehrmals in Niedersachsen unterwegs sein, Daniel Günther aus Schleswig-Holstein und Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen und andere mehr werden auch erwartet.


Lesen Sie auch:

FDP: Mit Volldampf durch die Sommerferien

Hinter den Kulissen der SPD-Zentrale

Die Wahlkampfzeitung der Linkspartei


Auf seiner Marktplatz-Tour wird Althusmann begleitet von den jeweiligen Direktkandidaten vor Ort sowie einer kleinen Entourage aus dem Hasselmann-Haus und einem Wahlkampf-Mobil, das alles hat, damit er in den Fußgängerzonen gut verstanden wird: Mikros und Soundanlage. „Zuerst gibt‘s eine kleine Ansprache, danach geht’s in den direkten Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern, dann kommen die Fragen“, erzählt mir Angi Baldauf, Pressesprecherin der Landes-CDU. „Und die Fragen sind durchaus auch kritisch, etwa zu den Förderschulen und seiner eigenen Verantwortung damals als Kultusminister. Aber er hat sich das ausdrücklich so gewünscht. Er will nah dran sein.“

Thomas Deppe leitet die Büros des Landesvorsitzenden und des Generalsekretärs | Foto: Kleinwächter

Was die potenziellen Wähler zu sehen kriegen, ist ein gutgelaunter Kandidat. Doch dahinter steht einiger Aufwand, vor allem logistischer Natur. Das Team fährt mit dem Marktplatz-Mobil voraus und baut alles auf. Anschließend hat Althusmann meist noch „Zwischen-Termine“ ohne Bühne. Dann fährt das Team zur nächsten Station und baut dort erneut auf. Damit dabei alles rund geht, müssen verschiedene Stellen gut zusammenarbeiten, wie Zahnräder, die ineinandergreifen müssen, damit der Wagen läuft. So gibt es etwa auch ein „Kalenderwächter-Team“, bestehend aus Althusmanns Persönlichem Referenten im Wirtschaftsministerium, Oliver Waack, und seiner Assistentin im Hasselmann-Haus, Signe Stiewe.

Schule, Steuern, Clan-Kriminalität: Die Themen der CDU-Plakate | Foto: Kleinwächter

Gut abstimmen müssen sich außerdem die drei Pressesprecher sowohl der Partei (Angi Baldauf), des Ministeriums (Eike Frenzel) und der Landtagsfraktion (Ralph Makolla). Zum einen muss die inhaltliche Linie überall dieselbe sein, zum anderen muss streng getrennt werden zwischen Partei- und Staatsamt. „Als es jetzt um die Bundesratsinitiative zur Vorkasse bei Flugreisen ging, bekam ich eine TV-Anfrage. Ich kann dann zwar sagen, wann er ein Zeitfenster hat. Aber die Anfrage gebe ich ans Ministerium weiter, ebenso läuft das umgekehrt“, erzählt mir Angi Baldauf.

Inzwischen kann man den CDU-Spitzenkandidaten wohl im gesamten Land sehen, selbst wenn er persönlich gerade nicht vor Ort sein sollte. Zuerst in Hannover und dann im Rest Niedersachsens wurde in den vergangenen Tagen die erste Plakatwelle ausgerollt. Neben den klassischen Wahlplakaten an den Straßenlaternen und den „Wesselmännern“, also den Großflächenplakaten, sollen demnächst noch City-Light-Flächen und als besonderes Highlight drei Autobahn-Türme mit Wahlwerbung hinzukommen, erläutert Thomas Deppe.

Maren Fitjer, Svenja Schünemann, Philipp Felsen und Chris Oliver Niebling arbeiten an der Kampagne der CDU | Foto: Kleinwächter

Entworfen hat das türkis-blaue Wahlkampf-Design der Niedersachsen-CDU die Agentur „Römer Wildberger“, die auch schon in Bremen den unkonventionellen Wahlkampf für Carsten Meyer-Heder konzipiert hatte. Für die digitale Kommunikation zeichnet zudem die Agentur „Cosmonauts & Kings“ verantwortlich.

Das Social Media-Team: Louis Schacht, Neeltje-Cathérine Hartung und Johanna Sorge | Foto: Kleinwächter

Praktisch umgesetzt wird die Online-Performance aber vom Social-Media-Team der Union. Ein Teil des Teams sitzt im dritten Stock des Hasselmann-Hauses. Dort haben Neeltje-Cathérine Hartung, Johanna Sorge und Louis Schacht ihr Gemeinschaftsbüro und ein kleines Studio. „Im Sommer war das jetzt nicht so gefragt, weil wir viele Termine einfach draußen machen können, aber im Herbst wird das sicher wieder anders“, erklärt Neeltje-Cathérine Hartung, die Landesgeschäftsführerin der Jungen Union. Digitale Gremiensitzung gibt es derzeit weniger, vor dem Green-Screen des Studios werden aber auch Grußworte oder das „Althusmann-Update“ aufgezeichnet.

In diesem Studio wird unter anderem das “Althusmann-Update” aufgezeichnet, aber auch Gremiensitzungen können bei Bedarf gestreamt werden | Foto: Kleinwächter

In der ersten Werbewelle hat sich die Union aufgrund der Nähe zum Schulstart für Bildungsthemen entschieden. Vor allem die Unterrichtsversorgung steht dabei im Vordergrund („Schule ist das Letzte. Wenn sie ausfällt“) oder auch die Digitalisierung („Raus aus der Kreidezeit: Schulen digitalisieren“). Wie genau die weiteren Plakatwellen aussehen sollen, steht derweil noch nicht final fest. Das Wahlkampfteam beobachtet ganz genau, wie sich Themen und Stimmungen im Land entwickeln.

Landesgeschäftsführer Christian Meyer hat alle Kampagnen-Elemente im Blick – vom Großflächenplakat bis zur Chipstüte mit der Aufschrift “Wahlmampf” | Foto: Kleinwächter

Christian Meyer, Landesgeschäftsführer der CDU in Niedersachsen, geht davon aus, dass in diesem Jahr wieder viele Bürger von der Briefwahl Gebrauch machen werden. Was in der Pandemie ausprobiert wurde, wird nun bleiben. Die ersten Stimmen werden also voraussichtlich nicht am 9. Oktober abgegeben, sondern vielleicht schon in wenigen Wochen. Nachdem der Landeswahlausschuss und der Staatsgerichtshof alle offenen Fragen geklärt haben, können die Kommunen nun anfangen, die Wahlbögen zu drucken. Für die Choreografie eines Wahlkampfs ist das herausfordernd. Gleichzeitig geht man im Hasselmann-Haus aber davon aus, dass die Wahlentscheidungen in diesem Jahr relativ spät getroffen werden – weil die Zeiten aufgrund der weltpolitischen Lage so unsicher sind. „Die Menschen schauen jetzt genau darauf, was in Berlin entschieden wird“, sagt Meyer. Und dann entscheiden sie, was sie für Niedersachsen wollen.


Dieser Beitrag ist zuerst in unserem #LTW22-Newsletter erschienen und bildet den vierten Teil unserer Reihe „Blick hinter die Kulissen der Wahlkampfmaschinerie“.