Der niedersächsische Verfassungsschutz beobachtet derzeit 34 Personen, die aus Kampfgebieten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nach Niedersachsen zurückgekehrt sind. Vier davon sind Frauen, neun sind Kinder. Die Minderjährigen sind teilweise mit ihren Eltern zurück nach Deutschland gekommen, einige von ihnen aber wurden aus dem Irak und Syrien zurückgeholt, während ihre Eltern sich noch dort aufhalten. Das berichtete eine Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes im Verfassungsschutzausschuss des Landtags. Den Rückkehrern wird zurzeit besondere Aufmerksamkeit zuteil. Denn die Kompetenzstelle Islamismusprävention Niedersachsen (KIP) hat vor wenigen Tagen eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich mit dem Umgang der Behörden und Verbände mit IS-Rückkehrern befassen soll. „Es geht darum, die bisherigen Aufgaben und Instrumente auf ihre Anwendbarkeit bei IS-Rückkehrern zu überprüfen“, sagt Lisa Gellert, Islamwissenschaftlerin beim Verfassungsschutz. Die neue Arbeitsgruppe soll ergründen, wie man mit Radikalisierten umgehen kann. Daraus könnten sich Tipps für den Umgang mit IS-Rückkehrern ergeben. Geprüft werden soll auch, was man besser anders machen sollte als bisher. Die Ergebnisse will die Arbeitsgruppe anschließend in einem Leitfaden zusammenfassen, der konkrete Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Rückkehrern gibt.

IS-Rückkehrer bekommen keine Sonderbehandlung

In der KIP arbeiten seit über einem Jahr Landeskriminalamt, Verfassungsschutz, Sozial- und Kultusministerium sowie Landespräventionsrat und der Verein „Beraten“ gemeinsam an Strategien und Maßnahmen gegen islamistische Radikalisierung. Die IS-Rückkehrer werden hier bislang wie alle Personen behandelt, bei denen es den Verdacht oder konkrete Hinweise auf eine islamistische Radikalisierung gibt. Auch ihnen wird von Mitarbeitern der gegen Radikalisierung gerichteten Kampagne „Aktion Neustart“ Hilfe beim Ausstieg aus der Szene angeboten, sie sind Zielgruppe für Sensibilisierungsmaßnahmen und Gegenstand in den Einzelfallkonferenzen, zu denen sich die Beteiligten an KIP mehrmals pro Woche treffen.

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Dass die Rückkehrer in Gebieten waren, in denen der IS aktiv war oder ist, spielt bei den geplanten Schritten bisher jedoch keine Rolle. Allerdings betrachtet man beim Verfassungsschutz die Gruppe der IS-Rückkehrer mit großer Sorge. Denn darunter sind auch solche, die gar nicht erst ins Kampfgebiet gelangt sind, weil sie vorher von Behörden aufgehalten worden sind. Nach Angaben von Gellert könnte von diesen Rückkehrern eine besondere Gefahr ausgehen, weil sie noch nicht von der Realität beim IS desillusioniert worden sind und der Staat ihre Pläne zunichte gemacht hat. „Deshalb wollen wir nun wissen, ob das Thema Rückkehrer innerhalb unserer Arbeit einen spezielleren Fokus braucht, oder ob die bisherigen Maßnahmen ausreichend sind“, sagt Gellert. Ein erster Bericht soll im Herbst dieses Jahres vorgelegt werden.

Wie viele sitzen in Haft?

Einige der aus den IS-Kampfgebieten Zurückgekehrten sitzen zudem im Gefängnis. Wie viele es genau sind, können Justiz- und Innenministerium nicht genau sagen. Denn bei den Verurteilten wegen politisch motivierten Delikten steht ein Auslandaufenthalt in einem Konfliktgebiet nicht immer im Zusammenhang mit der Tat oder dem IS. „Die Unterlagen der Häftlinge lassen nicht in jedem Fall einen sicheren Rückschluss auf eine Zugehörigkeit zum Islamischen Staat oder anderen Terrorgruppen zu“, sagt ein Sprecher des Justizministeriums auf Anfrage des Politikjournals Rundblick. Nur eine Person sitzt derzeit im Gefängnis, weil sie nachweislich Teil des IS war. Allerdings ermittelt die Zentralstelle Terrorismusbekämpfung der Generalstaatsanwaltschaft Celle derzeit gegen zwei Rückkehrer, die dem IS angehören sollen. Eine Anklage wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland ist bislang aber noch nicht erhoben worden.