In Niedersachsen werden in den kommenden Jahren rund 500 Hebammen fehlen. Ein Teil der Lösung kann Sozialministerin Carola Reimann zufolge eine bessere Organisation der Kapazitäten in den Landkreisen sein. Große Kreise machten sich bereits auf den Weg, die Arbeit der Hebammen besser zu koordinieren, sagte Reimann am Donnerstag nach einer Sitzung des Sozialausschusses in Hannover. „Bisher ist in den Kreisen nur bekannt, welche Hebamme aktiv ist. Aber es gibt keine Informationen über den Stundenumfang und ob die Hebamme auch in anderen Kreisen ihre Arbeit anbietet“, erklärte Reimann. Für werdende Eltern sei das zudem ein guter Service. Sie müssten nicht mehr der Reihe mehrere potenzielle Hebammen anrufen, sondern bekommen an einer zentralen Stelle jemanden an den Apparat, der Auskünfte über Angebot und Verfügbarkeit von Hebammen im Umkreis geben kann. „Es kürzt die lange Suchen nach einer Hebamme ab“, so Reimann.

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Bisher fahren Hebammen laut Reimann teilweise vom einen zum anderen Ende des Landkreises. „Das kann man auch schlauer und geschickter organisieren. Das haben die Kreise jetzt im Blick“, sagte die Sozialministerin. Sie plädierte zudem für eine bessere Bezahlung und eine attraktivere Ausbildung. Die von der EU geforderte Akademisierung sorge auch für eine Aufwertung des Berufs. Wenn man mit Ärzten auf Augenhöhe kommunizieren wolle, brauche man die akademische Ausbildung. Zugleich gebe es bereits jetzt eine Zunahme bei den Ausbildungsplätzen. Zuletzt sei ein Ausbildungsort in Salzgitter mit 40 Plätzen hinzugekommen. Zuvor hatte der NDR über Probleme bei der Geburtshilfe in der Wesermarsch berichtet. Nach dem Pius-Hospital in Oldenburg und dem Kreiskrankenhaus Wittmund gebe es demnächst auch keine Geburtshilfe mehr in der privaten Helios-Klinik in Nordenham. Dort sollten voraussichtlich Mitte Februar die beiden Kreißsäle geschlossen werden. Für die Wesermarsch als ländliche Region wäre das eine Katastrophe. Denn dann gäbe es dort überhaupt keine Geburtshilfe mehr. Aus Protest gegen die aktuelle Situation soll es dem Bericht zufolge am Sonnabend eine Demonstration in Esensham vor der dortigen Klinik geben.

„Konzertierte Aktion Pflege“ auch in Niedersachsen

Im Sozialausschuss hatte Reimann ihre politischen Pläne für das Jahr 2019 vorgestellt. Ein wichtiges Ziel sei, die Situation in der Pflege zu verbessern. Reimann kündigte an, auch in Niedersachsen ein Bündnis „Konzertierte Aktion Pflege“ einzurichten und sich dabei mit allen Akteuren an einen Tisch zu setzen. Auf Bundesebene hatte das Bündnis kürzlich beschlossen, die Zahl der Auszubildenden sowie der Ausbildungsstätten bis 2023 um zehn Prozent zu steigern. Auch den Entwurf zur Novellierung des Pflegegesetzes will Reimann noch in diesem Jahr ins Kabinett bringen. Ziel sei es, die Förderung an eine tarifgleiche Entlohnung zu koppeln, um „mehr Pflegedienste- und einrichtungen zu einer besseren Entlohnung zu animieren“, erklärte Reimann. Aktuell sei der Anteil der Pflegebeschäftigten, die nach Tarif bezahlt werden, sehr gering. Die Generalistik in der Pflegeausbildung soll ebenfalls auf den Weg gebracht werden. In Kürze werde dazu das Pflegeberufegesetz im Kabinett beraten.

Durchweg positive Erfahrungen gibt es Reimann zufolge derweil mit einem internen Kommunikationssystem zwischen Rettungsleitstellen und Kliniken, für das in diesem Jahr noch zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen. Durch das System mit dem Namen „Ivena“ können die Leitstellen erkennen, welche Kliniken noch Notfallpatienten aufnehmen können und welche überlastet sind. Reimann sprach von einem „Kristallisationskeim für stärker integrierte Notfallversorgung“ sein. Durch das System war aber auch bereits deutlich geworden, dass es in zahlreichen Intensivstationen inzwischen massive Engpässe gibt. Diese melden sich dann im System ab, um keine weiteren Notfallpatienten aufnehmen zu müssen. Die Dauer der Abmeldungen variiert dabei allerdings stark und reicht von wenigen Stunden bis hin zu mehreren Tagen.

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