Der Goslarer Oberbürgermeister Oliver Junk (CDU), Vater von kleinen Kindern, ist verstimmt über eine seit Jahresbeginn geltende Neuregelung. Der kinderärztliche Notdienst, der bislang auch im Kreis Goslar angeboten wurde, besteht nun nicht mehr. Wenn ein Kind spätabends oder am Wochenende erkrankt, müssen die Eltern nach Braunschweig oder Salzgitter fahren – und Junk hält das für eine Zumutung: „Allein aus Clausthal benötigt man mit dem Auto schon eine gute Stunde, über eine Anreise mit Bus und Bahn möchte ich da gar nicht sprechen. Gerade die Eltern, die nicht mobil sind oder alleinerziehend, leiden besonders.“

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Zuständig für die Entscheidung, den Notfalldienst abschaffen, ist die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN). Deren Sprecher sagte dem Politikjournal Rundblick, man habe die Bereitschaftsdienstordnung schon vor knapp vier Jahren verändert, und im Bereich der Bezirksstelle Braunschweig, zu der auch Goslar zählt, habe man mit Beginn dieses Jahres die Dienste neu geordnet. Damit gebe es jetzt größere Einzugsgebiete – und Bereitschaftsdienst werde nur noch an speziellen Praxen angeboten, die an Krankenhäuser angegliedert sind. Diese Zentralisierung sei „unumgänglich“ gewesen, obwohl die Bevölkerung das wegen der nun verlängerten Anfahrtswege oft kritisch einschätze, teilt der Sprecher der KVN mit.

Die Ursache für die Umstrukturierung seien der Ärztemangel und das hohe Lebensalter der aktiven Kinderärzte in der Region Goslar. Es müssten für einen Bereitschaftsdienst so viele Kinderärzte zur Verfügung stehen, dass für jeden einzelnen Arzt nicht mehr als vier Dienste in jedem Quartal anfallen. Landesweit gebe es nun Bereitschaftsdienste in Braunschweig, Lingen, Göttingen, Hannover, Lüneburg, Oldenburg, Osnabrück, Salzgitter, Stade und Wolfsburg. Die 75 Kinderärzte in der Region Braunschweig/Salzgitter würden Bereitschaftsdienste in Braunschweig und Salzgitter anbieten.

Es fehlt an jungen Ärzten

Zu den acht aktiven Kinderärzten in der Region Goslar, die bisher auch Bereitschaftsdienste angeboten hatten, erklärt die KVN folgendes: Sie würden dafür aus Altersgründen künftig nicht mehr zur Verfügung stehen. Dabei verweist die Kassenärztliche Vereinigung noch auf ein generelles Problem: „Wir haben insgesamt die Situation, das die junge, nachwachsende Ärztegeneration den Weg in die ländlichen Regionen scheut und angesichts der guten Beschäftigungsmöglichkeiten in urbanen Zentren nicht ohne weiteres für eine Tätigkeit in der Flächen begeistert werden kann.“

Bisherige Versuche, junge Mediziner aufs Land zu locken, hätten nicht im gewünschten Maß gefruchtet. Das Sozialministerium erklärt auf Anfrage, die Belastung der Kinderärzte in Goslar sei wegen der Bereitschaftsdienste „immens hoch“ gewesen – „und vermutlich auch ausschlaggebend für eine geringere Bereitschaft von Kinderärzten, sich im Kreis Goslar niederzulassen“. Das Ministerium zeigt „Verständnis für Unmut und Irritationen“ und verspricht, sich weiter regelmäßig mit der KVN auszutauschen.

Goslars Oberbürgermeister regt an, die Krankenhäuser in der Region zu stärken, indem man dort „eine kleine Abteilung oder Notfall-Ambulanz andockt“. Die Eltern, sagt Junk, seien „massiv verärgert und verunsichert“: „Es besteht die begründete Angst, von der Versorgung abgehängt zu werden. Sie fordern mich – zu Recht – täglich auf, auf die Kassenärztliche Vereinigung einzuwirken und den Notfalldienst wieder einzuführen.“