Der Austritt der drei AfD-Abgeordneten Dana Guth, Jens Ahrends und Stefan Wirtz aus der AfD-Landtagsfraktion wird ein Nachspiel in der Partei haben. Der Schritt der drei Politiker, der am Dienstag zum Zerbersten der AfD-Landtagsfraktion führte, wird Anfang Oktober im AfD-Bundesvorstand thematisiert. Das hat einer der beiden Bundessprecher, Tino Chrupalla aus Sachsen, nach Informationen des Politikjournals Rundblick für eine außerordentliche Bundesvorstandssitzung beantragt.

So ist zunächst geplant, mit den bisherigen neun Mitgliedern der AfD-Landtagsfraktion zu reden. Anschließend steht der folgende Punkt auf der Tagesordnung: „Beratung über Parteiordnungsverfahren gegen Dana Guth, Stefan Wirtz und Jens Ahrends aufgrund der vorsätzlich herbeigeführten Auflösung einer Landtagsfraktion.“ Chrupalla steht dem rechten Flügel der AfD nahe, er gilt als Anhänger des am 12. September neugewählten AfD-Landesvorsitzenden Jens Kestner aus Northeim. Der zweite Bundessprecher hingegen, Jörg Meuthen aus Baden-Württemberg, galt als Anhänger der bisherigen AfD-Landes- und -Fraktionsvorsitzenden Guth.


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Der Austritt von Guth, Ahrends und Wirtz führte dazu, dass von den bisherigen neun AfD-Landtagsabgeordneten nur noch sechs in der Fraktion geblieben sind. Weil laut Geschäftsordnung des Landtags aber die Mindestgröße einer Landtagsfraktion bei sieben Abgeordneten besteht, hat die AfD seit Dienstag kein Anrecht auf eine Fraktion mehr. Das heißt, dass die bisherige Fraktion sich in Auflösung befindet, einen Insolvenzverwalter bestellen muss und binnen vier Monaten eine ausführliche Rechnungslegung zu leisten hat. Alle Zuwendungen, die sie erworben hat, müssen dann zurückgegeben werden.

Die 15 Mitarbeiter der Landtagsfraktion müssen entlassen werden – die Abwicklung der Arbeitsverträge hängt von den jeweils im Vertrag festgelegten Bedingungen ab. Die AfD-Abgeordneten haben auch als Fraktionslose Anspruch auf ein Büro und auf Mitarbeiter, allerdings können sie ihre bisherigen Fraktionsgeschäfts- und Besprechungsräume vermutlich nicht mehr nutzen. Die Fraktionszuschüsse, rund 100.000 Euro monatlich, gehen der AfD auch verloren.

Ältestenrat muss über eine neue Sitzordnung im Landtag beraten

Spannend werden nun einige Detailfragen. Ohne Fraktionsstatus haben die AfD-Abgeordneten kein Recht mehr, Gesetzentwürfe und Anträge ins Plenum einzubringen oder bei Reden von Ministern zu erwidern. Die Rederechte einzelner fraktionsloser Abgeordneter sind beschränkt. Zwar hat jeder fraktionslose Abgeordnete das Recht, in einem bestimmten Fachausschuss mit beratender Stimme ohne Stimmrecht mitzuwirken. Doch jeder der neun bisherigen AfD-Fraktionsmitglieder kann hier nur einen Wunsch äußern, die Entscheidung über die Frage, in welchem Ausschuss er mitwirken darf, trifft der Ältestenrat.

Nach dem Verteilungsmodus für die Ausschussbesetzung nach d’Hondt hätte die Sitzverteilung ohne AfD-Fraktion in den 17 Ausschüssen mit je 15 Mitgliedern die Folge, dass die SPD dort jeweils sieben statt bisher sechs Vertreter entsenden müsste, bei allen anderen bliebe es gleich. Nun gibt es Überlegungen, diese Ausschüsse auf 14 Mitglieder zu verkleinern. Das ist auch im Sinn der SPD, die -wie die anderen Parteien – im Wahlkampfjahr 2021 nicht zu viele Abgeordnete in der parlamentarischen Arbeit binden will.

Möglich wäre nun, dass bei einer neuen Sitzordnung im Plenum die AfD-Abgeordneten nicht mehr am rechten Rand sitzen und auch einen Sitzplatz in den ersten Reihen nutzen können, sondern auf die hinteren Sitzreihen verbannt werden, wie es fraktionslosen Abgeordneten eigentlich zusteht. Die erste Reihe durften sie nur beanspruchen, weil dort die Fraktionschefs agieren sollen. Über die Neuordnung berät der Ältestenrat. Eine andere spannende Frage ist, ob die AfD problemlos wieder zu einer Fraktion werden kann, sollten sich den sechs AfD-Abgeordneten ein weiterer anschließen.

Unwahrscheinlich ist derzeit zwar, dass einer der drei gerade Ausgetretenen zurückkehrt oder der frühere SPD-Politiker Jochen Beekhuis zur AfD stößt. Ausgeschlossen scheint es aber nicht zu sein. Nicht eindeutig ist die Geschäftsordnung zu der Frage, ob alle Fraktionsmitglieder auch eine AfD-Parteimitgliedschaft haben müssen.