Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann rechnet mit einer Pleitewelle im Herbst. „Wir erleben gerade die Ruhe vor dem Sturm, es wird ein heißer Herbst“, sagte Althusmann am Dienstag auf seiner Sommertour, die ihn gestern in die Region Braunschweig führte. „Es werden in diesem Jahr noch viele Unternehmen in Schwierigkeiten kommen, und wir werden viele Insolvenzen erleben.“ Eine Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, wie sie in Kreisen der Großen Koalition in Berlin bereits angedacht wird, sieht Althusmann aber skeptisch.

Die Ausnahmeregelung läuft nach den bisherigen Regeln Ende September aus. „Man kann das noch einmal verlängern, aber das wird bei einigen Betrieben auch dazu führen, dass auch das Leiden verlängert wird“, sagte Althusmann dem Politikjournal Rundblick. Manchmal sei mit einer Insolvenz auch die Chance verbunden, sich neu aufzustellen. Althusmann sagte, er sei nicht sicher, ob es wirklich eine Verlängerung geben wird. Dagegen deute sich eine Verlängerung des Kurzarbeitsgeldes auf 24 Monate an – in Frage kämen dabei Branchen, die besonders stark unter Druck stünden, wie zum Beispiel der Maschinenbau.


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Eine längere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wird derweil auch in der Wirtschaft eher skeptisch gesehen. Man könne nicht unendlich Unternehmen konservieren, die vielleicht keine Zukunft hätten, hatte Horst Schrage, Hauptgeschäftsführer der IHK Niedersachsen, am vergangenen Freitag deutlich gemacht. Schließlich profitierten auch Unternehmen von der Regelung, die schon vor der Corona-Krise in Schwierigkeiten gewesen seien.

Althusmann rechnet damit, dass die Wirtschaftskrise das Land stark treffen wir. Statt einem „V“, also einem deutlichen Aufschwung nach einem starken Minus in diesem Jahr, rechnet der niedersächsische Wirtschaftsminister eher mit einem „Badewannen-Effekt“. Das würde bedeuten, dass die Konjunktur erst einmal für längere Zeit am Boden bliebe, bis es wieder aufwärts geht. Damit impliziert der Minister auch gedämpftere Erwartungen, was die bevorstehenden Steuereinnahmen des Landes angeht. Als die Landesregierung vor wenigen Tagen ihren Entwurf für den Landeshaushalt 2021 vorgelegt hatte, zeichnete sich das „V“ noch in den Zahlen der prognostizierten Steuereinnahmen im Jahr 2022 und in den Folgejahren ab. Das heißt, dieses Zahlenwerk geht noch von einer raschen Erholung und einem zügigen Aufschwung aus. Die jüngsten Aussagen des niedersächsischen Wirtschaftsministers klingen nun pessimistischer.

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Zumindest für die Start-up-Branche hatte Althusmann gestern bei seiner Sommerreise, die ihn in die Region Braunschweig führte, gute Nachrichten im Gepäck. Im „Trafo Hub“, einer Bürogemeinschaft von Start-ups in Braunschweig, kündigte der Wirtschaftsminister einen neuen Fonds an, der sich aus staatlichen und privaten Mitteln speisen soll und den Unternehmen beim Start helfen soll. Der sogenannte „N-Venture“-Fonds soll mit 100 Millionen Euro ausgestattet werden, die Hälfte davon will das Land Niedersachsen über den zweiten Nachtragshaushalt beisteuern, der vergangene Woche bereits im Landtag beschlossen wurde. Die Finanzierung ist immer noch ein großes Problem für viele Start-ups.

Laut „Deutschem Start-up-Monitor“ möchten 40 Prozent der jungen Unternehmen Wagniskapital haben, aber nur 15 Prozent erhalten es. Durch die Corona-Krise sei es noch schwerer geworden, an Wagnis-Kapital heranzukommen, erklärte Athusmann. „Ich appelliere an private Investoren, ebenfalls Wagniskapital für den Fonds zur Verfügung zu stellen.“ Rund 250 Start-ups gibt es derzeit in Niedersachsen, landesweit kümmern sich zehn Star-up-Zentren um die jungen Unternehmen. Althusmann sagte, er wünsche sich, dass in Deutschland stärker erkannt werde, welche Chancen mit den jungen Unternehmen verbunden seien. Häufig gehe es um Biotechnologie, digitale Transformation und Mobilität. Das seien die Bereiche, mit denen das Land aus einer Krise gestärkt hervorgehen könne.