Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann hat an die Mobilfunkanbieter appelliert, sich beim Ausbau der Mobilfunknetze stärker zu engagieren. Sie sollten sich nicht immer nur über Begriffe wie „flächendeckend“ aufregen, sagte Althusmann am Mittwoch in einer Landtagsdebatte und verwies auf Österreich. Dort sei die Telekom mit einer Milliarde Euro in den 5G-Ausbau eingestiegen, um in den nächsten beiden Jahren das gesamte Land mit einem 5G-Standard zu versorgen.

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„Wenn wir ‚Markt vor Staat‘ sagen, dann müssen sich die Unternehmen auch hier in Deutschland anstrengen, damit sie Geld verdienen, die Bürger zugleich aber auch besser versorgt werden. Da müssen sich jetzt alle einmal gemeinsam anstrengen“, sagte Althusmann. Für ein Industrieland sei der aktuelle Ausbauzustand des Mobilfunks nicht akzeptabel. Der Bund habe bereits bei der ersten Versteigerung die Weichen nicht so gestellt, wie es wünschenswert gewesen wäre.

Und auch bei der aktuellen Versteigerung sieht Althusmann noch nicht, wie das Ziel von zwölf Milliarden Euro erreicht werden sollte. Bisher seien 871 Millionen Euro an Versteigerungserlösen erzielt worden. Wirtschafts-Staatssekretär Stefan Muhle hatte bereits Mitte Februar im Rundblick bezweifelt, dass die ursprünglich erwünschten Summen am Ende nur ansatzweise erreicht würden. „Es könnten auch nur 1 bis 1,5 Milliarden Erlös dabei herauskommen“, sagte Muhle seinerzeit.

Damit weiß jetzt jedes Funkloch, wo es hingehört. Geschlossen ist es damit aber noch nicht.

Die Opposition warnte davor, die Probleme allein auf den Bund zu schieben. Der einzige Fortschritt sei bisher, dass die 3785 von Bürgern gemeldeten Funklöcher in 100 Cluster eingeteilt worden seien, sagte FDP-Fraktionsvize Jörg Bode. „Damit weiß jetzt jedes Funkloch, wo es hingehört. Geschlossen ist es damit aber noch nicht“, so Bode. Um das selbstgesteckte Ziel zu erreichen, bis 2020 alle Funklöcher zu schließen, müsste Niedersachsen laut Bode pro Tag 5,8 Funklöcher oder jede Woche eines der Cluster schließen. Dazu gebe das Land aber viel zu wenig Geld aus.

Detlev Schulz-Hendel von den Grünen nannte die Lebenswirklichkeit in den ländlichen Räumen in Bezug auf den Ausbau der Mobilfunknetze trostlos. Das Land hätte sich seiner Ansicht nach gegenüber dem Bund stärker engagieren müssen. „Sie haben den Konflikt mit der Großen Koalition im Bund gescheut und wollen jetzt die Probleme und Missstände mit Landesgeld reparieren“, warf er SPD und CDU vor. Stefan Henze von der AfD-Fraktion sagte, das aktuelle Desaster beim Mobilfunk lasse sich in der kurzen Zeit bis 2021 nicht beheben.


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Der SPD-Politiker Jörn Domeier regte an, über das Modell des lokalen Roamings nachzudenken. „Wir sollte uns überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, dass wir vom flächendeckenden Ausbau aller Mobilfunkunternehmen abkehren und verstärkt darauf drängen, dass sich unser Handy bei schlechtem Empfang in das Netz eines anderen Betreibers einwählen kann“, sagte Domeier. Der Betreiber könne dann gerne die Nutzung dem eigentlichen Anbieter in Rechnung stellen. Wichtig für den Endkunden sei schließlich der Empfang. „So wie sich nur die Älteren unter uns an das Einwahlgeräusch des Modems erinnern, so muss ein Verbindungsabbruch ebenfalls in die Schublade der Vergangenheit gehören“, forderte der SPD-Politiker.

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CDU-Fraktionsvize Mareike Wulf warnte vor zu großen Unterschieden beim Mobilfunk in Niedersachsen. „Wir stehen kurz vor dem 5G-Standard und haben Regionen, in denen man nicht einmal einen Notruf absetzen kann. Wir dürfen keine Verlierer produzieren“, mahnte Wulf. Es sei das Ziel, eine Vielzahl weißer Flecken zu schließen. Eine Aufgabe, für die man allerdings Geduld benötige. Funklöcher zu stopfen sei vergleichbar mit einem 10.000 Teile-Puzzle.

Auch der Breitbandausbau verläuft schleppend

Neben den Problemen mit den Mobilfunknetzen gestaltet sich auch der Ausbau des schnellen Internets zäh. Der Bundestagsabgeordnete der Linken, Victor Perli, kritisierte am Mittwoch, dass seit Beginn der neuen Förderperiode im August 2018 noch keine Bundesmittel für den Breitbandausbau nach Niedersachsen geflossen seien. Perli hatte dazu eine Anfrage gestellt. Der Antwort zufolge hatten die Landkreise Leer, Osnabrück und die Grafschaft Bentheim Anträge auf Fördergelder gestellt, die aber noch nicht bewilligt worden seien.