Kurz vor dem CDU-Bundesparteitag in Leipzig hat sich Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann auf die Seite derer gestellt, die eine parteiinterne Personaldiskussion schleunigst abbrechen möchten. „Wir alle wissen: Bis Ende der Legislaturperiode im Herbst 2021 heißt die Kanzlerin Angela Merkel, deshalb verbieten sich in der CDU Debatten über die Kanzlerkandidatenfrage“, erklärte Althusmann vor Journalisten.

Die CDU müsse „wieder zur Mitte zurückfinden und zu einem maßvollen Umgang miteinander“. Die „Nabelschau“ um die Frage einer Nachfolge als Regierungschef solle man „schnellstmöglich beenden“. Damit stellt sich der CDU-Landesvorsitzende auf die Seite der CDU-Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und gegen Kräfte wie den JU-Vorsitzenden Tilman Kuban, die Personalspekulationen jüngst angeheizt hatten. Althusmann sagte zugleich, dass er bereit sei, für die nächste Landtagswahl 2022 wieder als CDU-Spitzenkandidat in Niedersachsen anzutreten. „Die Parteien müssen sich erst noch entscheiden, und am Ende wird es um die Frage gehen, welche Partei die stärkste landesweit wird. Zumindest wird das aber ein offenes Rennen werden“, sagte Althusmann. Anfang August hatte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bereits seine Bereitschaft erklärt, wieder für die SPD in den nächsten Landtagswahlkampf zu ziehen.

Bernd Althusmann auf der Pressekonferenz in Hannover – Foto: kw

Althusmann sprach aus Anlass des bevorstehenden zweijährigen Jahrestages der Gründung der Großen Koalition in Niedersachsen. Am 22. November 2017 hatten beide Parteien ihr Bündnis beschlossen, und nach Ansicht des CDU-Landeschefs bleibt dieses Bündnis „immun gegenüber Irrungen und Wirrungen“ – anders als etwa auf Bundesebene. So habe die Landesregierungen den Streit über die Messstellen für Nitratbelastung im Grundwasser einvernehmlich geklärt – es werde zwischen Agrar- und Umweltministerium eine Überprüfung geben. Die Landwirtschaft leide unter den erhöhten Auflagen bei der Düngung – umso wichtiger sei es, transparent und vertrauensvoll zu agieren. „Ich möchte keine Grünwesten-Bewegung in Niedersachsen bekommen“, sagte der CDU-Vorsitzende in Anlehnung an die Gelbwesten-Bewegung der Unzufriedenen in Frankreich.

Althusmann kündigte zudem für 2020 mehrere neue Projekte an: Das Schüler- und Studententicket für kostengünstigen Bus- und Bahnverkehr werde eingeführt, für Oberstufenschüler koste das allein 100 Millionen Euro. In Wilhelmshaven und vielleicht auch Stade solle mit Steinkohlehilfen des Bundes ein Wasserstoff-Importhafen entstehen. Die erneuerbaren Energie müssten gefördert werden („Ohne einen Ausbau der Windkraft wird die Energiewende in Deutschland nicht gelingen.“). Kohlenstoffdioxid-arme Stahlproduktion solle in Salzgitter als bundesweit beispielhaft herausgestellt werden. Schließlich gehe es auch um die Landarztquote und um einen verstärkten Kampf gegen die sich ausweitende Cyberkriminalität („Das Thema wird von uns allen unterschätzt.“).

Neuer Hauptgegner bei Kommunalwahlen

Die CDU sieht sich nach Althusmanns Worten gegenwärtig in eine veränderte gesamtpolitische Konstellation gestellt. Die OB-Wahl in Hannover und die Landratswahl in Osnabrück seien Beispiele dafür, dass in vielen Orten inzwischen bürgerliche Bürgermeister- und Landratskandidaten von CDU und Unabhängigen auf der einen, solche der Grünen auf der anderen Seite stünden. Habe sich die CDU bisher in Kommunalwahlen sehr stark auf den Hauptgegner SPD fokussiert, so richte sich der Blick jetzt zunehmend auf die Grünen.

Zwischen CDU und Grünen gebe es viele Schnittmengen, der Auftritt der Grünen beim Bundesparteitag sei auch sehr freundlich gegenüber der Union gewesen. Dennoch gebe es Unterschiede, so wollten die Grünen Änderungen etwa der Klimapolitik stärker mit Verboten erreichen, die Union vorrangig über neue Anreize. Die Union müsse die Themen der Grünen ernst nehmen, dürfe deren Antworten aber nicht kopieren. Beispielhaft sei der Umgang des hannoverschen CDU-OB-Kandidaten Eckhard Scholz mit dem siegreichen Grünen-Bewerber Belit Onay, beide seien sich respektvoll, fast freundschaftlich begegnet. Ein solches Verhalten sei in jedem Fall angemessen, betont Althusmann. Er schließt auch nicht aus, dass sich CDU und Grüne nach der nächsten Landtagswahl in Niedersachsen in einer Koalition wiederfinden könnten.