„Wir können nicht davon ausgehen, dass wir im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen nur auf einen Knopf drücken. Es ist ein langer Weg“, sagte Matthias Pulz, Präsident des Landesgesundheitsamtes, in Hannover bei der Vorstellung der Neuauflage des Antibiotika-Ratgebers. Die Empfehlungen wurden von Experten weiterentwickelt und gehen an niedergelassene Ärzte in Niedersachsen.

Matthias Pulz, Carola Reimann, Martina Wenker, J̦rg Berling (v.l.n.r.) РFoto: MB.

Durch die Abgabe von weniger Antibiotika soll die Entstehung neuer Resistenzen eingedämmt werden. Gerade für den ambulanten Bereich ist der Ratgeber wichtig, weil hier 85 Prozent der Antibiotika gegeben werden. Knapp die Hälfte der Verschreibungen kommen aus der Hausarztpraxis. Die Ärzte können die Hilfe durch den Ratgeber nach Meinung der Experten gut gebrauchen. „Man kann sich vorstellen was jetzt während der Grippewelle in einer Hausarztpraxis los ist“, sagt Jörg Berling, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Da werde die Zeit zum größten Problem. Denn der Arzt müsse beim Termin innerhalb kürzester Zeit Entscheidungen treffen.


Antibiotika – Fragen und Antworten

Gegen welche Infekte helfen Antibiotika?

Antibiotika sind nur bei Infektionen wirksam, die durch Bakterien verursacht werden. Gegen Erkrankungen, die durch Viren oder Pilze hervorgerufen werden, helfen sie nicht. Wann ein Antibiotikum sinnvoll eingesetzt wird, entscheidet der behandelnde Arzt.

Gegen welche Infekte helfen Antibiotika nicht?

Erkältungen mit Symptomen wie Halsschmerzen, Schnupfen, Husten und Bronchitis werden fast immer durch Virusinfektionen ausgelöst. Eine Behandlung mit Antibiotika bringt daher in diesen Fällen, aber auch bei einer Virusgrippe (Influenza, „echte Grippe“), nichts. Denn Antibiotika sind gegen Viren – sowie Pilze – wirkungslos. Mit akuten Atemwegsinfektionen kann die körpereigene Abwehr (Immunsystem) jedoch in den allermeisten Fällen alleine fertig werden – sie braucht dafür nur etwas Zeit. Bestehen die Symptome fort oder kommt es zu einer Verschlechterung des Befindens, sollten Patienten ihren Arzt erneut aufsuchen.

Wie nehme ich Antibiotika richtig ein?

Antibiotika sollten unbedingt wie vom Arzt verordnet eingenommen werden. Dazu gehört es insbesondere, die vorgeschriebene Dosis und die Einnahmezeiten einzuhalten. Das heißt, auch wenn die Beschwerden abgeklungen sind, muss das Antibiotikum bis zum Ende eingenommen werden. (Die Behandlung kann abhängig von der Infektion mehrere Tage bis Wochen dauern.) Treten während der Behandlung Nebenwirkungen auf, sollte der Patient jedoch unbedingt seinen Arzt informieren. Bei der Einnahme ist es zudem wichtig, auf mögliche Wechselwirkungen zu achten. Einige Lebensmittel (zum Beispiel Milchprodukte) und andere Stoffe (zum Beispiel Eisen aus Eisenpräparaten), aber auch bestimmte Arzneimittel, können die Aufnahme von Antibiotika beeinflussen oder ihre Wirkung verändern. Manche Antibiotika gehen zum Teil gefährliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneien ein. Die Medikamente sollten am besten mit Wasser eingenommen werden.

Was kann ich bei Atemwegsinfekten selbst tun, um die Beschwerden zu lindern?

Um die Symptome einer Erkältung zu lindern, kann man viel selbst tun. Die Patienten sollten insgesamt kürzer treten. Denn Stress und körperliche Anstrengung belasten den Körper zusätzlich. Wichtig ist, ausreichend zu trinken, denn viel Flüssigkeit hilft, den Schleim zu lösen. Zudem wird der Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen ausgeglichen. Empfehlenswerte Getränke sind ungesüßte Kräuter- oder Früchtetees sowie (Mineral-)Wasser. Regelmäßig Lüften ist empfehlenswert, da trockene Heizungsluft der Nasenschleimhaut die Feuchtigkeit entzieht. Das hemmt die Abwehrfunktion. Für Raucher gilt, besser auf Tabakprodukte zu verzichten. Tabakrauch schadet dem Immunsystem und belastet die Atemwege zusätzlich. Ob andere Maßnahmen wie Inhalationen, Schmerzmittel, abschwellende Nasensprays oder bewährte Hausmittel die Beschwerden lindern, sollte man mit seinem Arzt besprechen.

Quelle: FAQ des Verbands der Ersatzkassen – alle Fragen und Antworten hier. 


Eine weitere Herausforderung ist die Erwartungshaltung der Patienten. „Sie haben ein hohes Zutrauen in Arzneimittel. Und es ist erklärungsbedürftig, wenn ein Patient zum Beispiel kein Antibiotikum bekommt“, stellte Sozialministerin Carola Reimann fest. „Der Grundsatz muss sein: soviel wie nötig, so gezielt und so wenig wie möglich.“ Auch die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Martina Wenker, warnte vor falschen Annahmen bei der Verabreichung von Antibiotika. „Manche Patienten denken, wenn sie kein Antibiotikum bekommen, sind sie auch nicht besonders krank. Das ist nicht so. Man muss den Patienten erklären, wann es falsch ist, ein Antibiotikum einzunehmen“, so Wenker und verwies dabei auch auf die Nebenwirkungen von Antibiotika.

https://soundcloud.com/user-385595761/antibiotika-oft-wird-mit-kanonen-auf-spatzen-geschossen

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