Der Präsident der Architektenkammer Niedersachsen, Robert Marlow, plädiert für eine Kurswende in der Baupolitik des Landes. Die Vorschriften in der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) sollten derartig verändert werden, dass künftig der Einsatz von Holz als Baumaterial erleichtert und gefördert wird. „Andere Bundesländer sind schon auf diesem Weg, Niedersachsen sollte dem jetzt folgen“, sagte Marlow kürzlich auf einem Symposium zur Baukultur in Hannover. „Holz speichert Kohlendioxid, deshalb ist der Holzbau ein Teil der Zukunft.“ Es sei ein „altes Denken“, wenn man annehme, aus Brandschutzgründen sei die Verwendung von Beton oder Stahl sinnvoller.

Bauen mit Holz: Die Kohlendioxidemission ist im Vergleich des Herstellungsprozesses mit anderen Materialien viel geringer – Foto: eyewave / Getty Images

Das Land Baden-Württemberg habe schon vor vier Jahren den Wert dieses alten Werkstoffs Holz entdeckt und die Bauvorschriften entsprechend angepasst, Berlin, Hamburg und Hessen seien dem inzwischen gefolgt, seit Jahresbeginn auch Nordrhein-Westfalen. „Sogar die Feuerwehr widerspricht unserer Argumentation nicht“, fügt Marlow hinzu.

Das bestätigt im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick der Präsident des Landesfeuerwehrverbandes, Karl-Heinz Banse: „Wir haben grundsätzlich nichts gegen Holzbaustoffe“, betont er. Es sei eine verbreitete falsche Ansicht, dass hölzerne Treppenhäuser beispielsweise in Brandfällen weniger stabil seien: „Stahl dehnt sich in der Hitze aus oder zieht sich, wenn Löschwasser darauf trifft, wieder zusammen. Das kann den Einsturz von Treppenhäusern bewirken. Bei massiv gebauten Treppenhäusern ist dieses Problem oft nicht so ausgeprägt.“

Holz speichert Kohlendioxid, deshalb ist der Holzbau ein Teil der Zukunft.

Der Vorstoß von Marlow zielt auf die Feuerschutzbestimmungen in der NBauO, die sehr stark auf die verwendeten Materialien abzielen und beispielsweise in Paragraph 26 von einer „Brandschutzbekleidung“ sprechen, also die Auflage, hölzerne Stoffe mit einer nicht brennbaren Hülle zu ummanteln. Der Kammerpräsident meint, das Entscheidende sei doch die Standsicherheit – und die hänge nun mal nicht vom Baustoff ab, sei bei Holz oft sogar besser als bei anderen Materialien. Deshalb rege er an, an dieser Stelle den Sinn der überlieferten Vorschriften grundsätzlich zu prüfen. Bei alten Fachwerkhäusern, die häufig Holz als zentralen Baustoff haben, sei die Brandgefährlichkeit oft auch nicht höher als bei moderneren Bauten.


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Das entscheidende Argument aber sei die Kohlendioxidemission, die eben im Vergleich des Herstellungsprozesses mit anderen Materialien viel geringer sei. Außerdem könne man mit Holz auch höhere Gebäude errichten, da der Stoff leichter sei als Stahl oder Beton – und deshalb die Unterkonstruktion oft nicht so massiv sein müsse. Auch an dieser Stelle wünsche er sich Änderungen in der NBauO: Die Vorgabe, in den Untergeschossen aus Brandschutzgründen selbstschließende Türen einzubauen, verhindere derzeit häufig die Aufstockung von Gebäuden – die, technisch gesehen, über die Verwendung von Holz einfacher und kostengünstiger möglich wäre. In Zeiten, in denen Wohnraummangel herrscht und Häuser erhöht werden könnten, solle deshalb über die Änderung von derartigen Brandschutzvorgaben dringend nachgedacht werden, rät der Architektenkammer-Präsident.

Bauminister Olaf Lies (SPD) hatte in dem Symposium ebenfalls über die Veränderung von Vorschriften gesprochen, mit denen die Bautätigkeit, vor allem der Wohnungsbau, erleichtert werden kann. Er erwähnte die Stellplatzverordnung, die für jedes neue Wohngebäude eine gewisse Anzahl an Parkplätzen vorsieht. Lies erzählte die Anekdote von einem Kollegen, der stolz berichtete, er habe in Wohnungsnähe einen idealen Parkplatz gefunden und wolle diesen nun „sechs Wochen lang nicht mehr hergeben“. Wenn das so ist, habe Lies entgegnet, dann frage man sich doch, ob er überhaupt ein Auto brauche.

In den Städten der Zukunft, so der Minister weiter, benötige man wohl anstelle von heute 200.000 Parkplätzen nur noch 50.000 Stellplätze für Carsharing-Autos, da diese Wagen von mehreren gleichzeitig benutzt werden und seltener geparkt werden müssten. „Gleichzeitig brauchen wir dann mehr Ladestationen für die Elektromobilität“, sagte Lies. Er schlage nun vor, die Verantwortung für die Anwendung der Stellplatz-Vorgabe bei Neubauten den Kommunen zur eigenen Regelung zu überlassen. Das Land müsse diese nicht vorgeben.