Die gute Nachricht des gestrigen Tages lautet, dass die Landesregierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein die ihnen auferlegte Frist eingehalten haben. So, wie es die EU-Kommission von ihnen verlangt hatte, präsentierten sie bis Ende Februar 2018 einen Käufer für die angeschlagene HSH Nordbank. Wenn das nicht geklappt hätte, wäre diese Landesbank auf Weisung aus Brüssel abgewickelt worden – mit unabsehbaren Konsequenzen für die deutsche Bankenlandschaft. Die schlechte Nachricht des gestrigen Tages gibt es aber auch: Auch wenn Bürgermeister Olaf Scholz (Hamburg) und Ministerpräsident Daniel Günther (Schleswig-Holstein) in die Kameras lächelten, ist der Verkauf an US-Investoren und den Investmentfonds Cerberus noch nicht unter Dach und Fach. Die Absicht ist erklärt, der Preis von einer Milliarde Euro ist auch bekannt. Aber ob wirklich alles so kommt wie besprochen, hängt noch von einigen Unwägbarkeiten ab.

Bankenvergleich wäre leichtfertig

Nun schaut man durchaus mit besorgtem Interesse aus Hannover in Richtung Norden nach Hamburg und Kiel. Denn die Entwicklungen bei der HSH Nordbank könnten Folgewirkungen für die Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) haben, die vor allem vom Land Niedersachsen und den niedersächsischen Sparkassen getragen wird, auch vom Land Sachsen-Anhalt und zu viel kleineren Teilen von den Sparkassen in Sachsen-Anhalt und in Mecklenburg-Vorpommern. Es wäre leichtfertig, beide Banken miteinander zu vergleichen, zumal die Nord/LB in den vergangenen Jahren durchaus Erfolge mit ihrem strikten Sanierungskurs zu verbuchen hat. Dennoch: Die Krise der HSH ist entstanden, als sie sich mit Schifffahrtskrediten übernommen hatte. Ein ähnliches Problem hat auch die Nord/LB. Bei der HSH spitzte sich die Krise erheblich zu, Hamburg und Schleswig-Holstein gaben Garantien für ihre Bank ab. Sie konnten solche eigentlich unerlaubten Beihilfen aber nur deshalb bei der EU durchsetzen, weil sie das Versprechen zur Privatisierung abgaben. Gestern versicherten Bürgermeister Scholz und Ministerpräsident Günther ihre Vertragstreue.

Werden neun Milliarden Euro fällig?

Doch kommt es tatsächlich so? Zweifel äußert am Mittwoch offiziell niemand, doch ein Selbstläufer ist das, was jetzt noch nötig wird, auch nicht. Es schließt sich jetzt ein längeres Verfahren an, das sogenannte „Closing“. Der formellen Vertragsunterzeichnung folgt die Ratifizierung in den beiden Länderparlamenten, samt Vorberatungen und Unterrichtungen. Neun Milliarden Euro an staatlichen Garantien können fällig werden, das belastet die Haushalte von Hamburg und Schleswig-Holstein enorm. Außerdem hat die Bank bisher zwei Hauptstandorte und rund 2000 Mitarbeiter – befürchtet wird der Abbau hunderter Arbeitsplätze. Gestern hatte es den Anschein, dass Scholz und Günther ihre Parlamente in dieser Frage ganz gut überzeugen und die Zustimmung zum Verkauf erreichen können. Aber die nötigen Prüfungen, Abstimmungen und Sanierungsplanungen für die Bank ziehen sich noch einige Monate hin. Wer garantiert die Stabilität der politischen Stimmungen über eine derart lange Zeit?

Wer steckt hinter den Käufern?

Es gibt immerhin noch eine kartellrechtliche Kontrolle, auch eine Genehmigung der europäischen Bankenaufsicht und der Bafin sind noch nötig, beide nehmen das vereinbarte Geschäftsmodell gründlich unter die Lupe. Auf der anderen Seite kann auch noch eine störende politische Debatte darüber entstehen, wer eigentlich hinter den US-amerikanischen Käufern steckt und ob diese Investoren überhaupt willkommen sind. Sollte also am Ende der Verkauf doch noch scheitern und die HSH Nordbank vor dem Aus stehen, so hätte das wohl schwerwiegende Folgen für alle Sparkassen – und damit auch für die Nord/LB.

Zentralbank wäre gefragt

Die Forderung würde in diesem Fall laut werden, dass der Einlagensicherungsfonds für die öffentlichen Banken angezapft werden muss, um einen Teil der Verbindlichkeiten einer zerschlagenen HSH Nordbank aufzufangen. Sollten sich die Sparkassen dann weigern, weil sie den Fonds hier nicht für zuständig halten, wäre die Europäische Zentralbank gefragt. Sie könnte den Ball zurückspielen an die Sparkassen und Zweifel an der Zuverlässigkeit dieses Sicherungsfonds äußern. Diese Erschütterung könnte die ohnehin mit zu schwacher Eigenkapitalbasis ausgestattete Nord/LB dann massiv unter Druck setzen. Die im Landtag in Hannover bisher sehr vertrauliche geführte und von der Öffentlichkeit weitgehende abgeschirmte Diskussion darüber, ob nicht auch die Nord/LB privatisiert und mit Kapital nicht-staatlicher Investoren ausgestattet werden müsste, würde auf einmal enorm an Fahrt gewinnen.

Privatisierung wäre möglich

Und wenn alles wie geplant gelingt und der Verkauf der HSH Nordbank in den nächsten Monaten reibungslos über die Bühne gehen sollte? Auch dann sind schwer kalkulierbare Folgen für die Nord/LB damit verbunden. Denn in diesem Fall wäre bewiesen, dass die Privatisierung einer Landesbank – auch unter Schmerzen – zu halbwegs verträglichen Bedingungen möglich ist. Diejenigen politischen Kräfte, die den Staat ohnehin für einen schlechten Bankier halten und eine Reform lieber heute als morgen sähen, bekämen dann womöglich politisch Auftrieb.

Komme es, wie es wolle: Die Vorgänge um die Landesbank in Hamburg und Kiel könnten auf jeden Fall schicksalhaft auch für die Nord/LB werden. (kw)