Gestern Abend hat der CDU-Landesvorstand darüber diskutiert, heute auf dem Landesparteitag in Celle könnte das Thema neu aufflammen: Soll die CDU künftig, ebenso wie es bei der SPD, bei den Grünen und bei der Linkspartei schon üblich ist, ein sogenanntes „Reißverschlussverfahren“ einführen?

Zu wenig Frauen im Landtag? Parteien diskutieren über Frauen-Quoten. – Foto: nkw

„Wir müssen die CDU attraktiver für Frauen machen. Es kann nicht sein, dass die Hälfte der Bevölkerung weiblich ist – aber der Anteil der Frauen unter den Parlamentariern unterhalb von 30 Prozent bleibt“, sagte CDU-Generalsekretär Kai Seefried kürzlich im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Die abwechselnde Aufstellung von weiblichen und männlichen Kandidaten auf den Listen für die Bundestags- und Landtagswahlen werde auch in den Gremien der Niedersachsen-CDU diskutiert, fügte Seefried hinzu. Starke Befürworter hat dieses Modell bei der Frauen-Union, die lautesten Kritiker befinden sich in der Jungen Union.

Es kann nicht sein, dass die Hälfte der Bevölkerung weiblich ist – aber der Anteil der Frauen unter den Parlamentariern unterhalb von 30 Prozent bleibt.

Das „Reißverschlussverfahren“ gibt es bereits bei Sozialdemokraten und Grünen, auch bei der Linkspartei. Dort gilt die Regel, dass mindestens jeder zweite Platz auf den Listen für Parlamentswahlen weiblich sein muss. Auf diese Weise wollen es die Parteien schaffen, den Anteil von Frauen in den Parlamenten zu steigern. Dort sind nämlich in den zurückliegenden Jahren keine großen Fortschritte erzielt worden. Tatsächlich befinden sich in den meisten deutschen Parlamentsfraktionen von SPD, Grünen und Linkspartei prozentual mehr Frauen als in denen der CDU.

Wege in die Politik: Beim Tag der offenen Tür stellte Uwe Schünemann auf dem CDU-Podium klar, dass ein Paritätsgesetz wohl verfassungswidrig wäre. – Foto: nkw

Auf der anderen Seite führt aber das „Reißverschlussverfahren“ bei der Listenaufstellung nicht automatisch zu einem höheren weiblichen Anteil, da daneben noch die Wahlkreiskandidaten eine wichtige Rolle spielen. Gerade die CDU ist unter den Wahlkreisabgeordneten stark vertreten, da sie in vielen Gegenden – auch in Niedersachsen – traditionell die mit Abstand stärkste Partei ist und damit eine große Chance hat, die meisten Wahlkreise zu gewinnen. Je mehr Abgeordnete aber über die Wahlkreise in das Parlament einziehen, desto geringer ist der Anteil derer, die über die Liste nachrutschen. Die Frauenquote hätte für die Wahlkreise keine Auswirkung, dort würde nach wie vor die örtliche Versammlung der CDU-Gremien die Entscheidung über die Bewerber für die Kandidatur treffen.

Kommt womöglich ein Paritätsgesetz?

Wenn man auch über die Wahlkreise zu Veränderungen kommen wollte, könnte das wohl nur über gesetzliche Änderungen geschehen. Hierfür gibt es mehrere Ideen, die allesamt unter dem Stichwort „Paritätsgesetz“ diskutiert werden. Die SPD in Niedersachsen befürwortet ebenso wie die Grünen ein solches Gesetz, die CDU im Landtag bleibt, ebenso wie FDP und AfD, zurückhaltend bis ablehnend. Das Paritätsgesetz könnte zum einen das „Reißverschlussverfahren“ gesetzlich vorschreiben – damit würde man aber in die Autonomie der innerparteilichen Willensbildung eingreifen, was verfassungsrechtlich höchst problematisch wäre. Zum anderen könnte ein Paritätsgesetz auch eine Wahlkreisregelung beinhalten.

Ein Modell besagt, dass die Zahl der Wahlkreise für Landtags- und Bundestagswahlen halbiert wird, ihre Fläche verdoppelt wird. Dann würde für jeden Wahlkreis ein Mann und eine Frau antreten. Da aber alle Wahlkreise neu zugeschnitten werden müssten, würde ein Hauen und Stechen die Folge sein. Politiker, die auch nur kleine Grenzveränderungen an Wahlkreisen vorgenommen haben und wissen, welche Emotionen das auslösen kann, wissen um die Schwierigkeiten. Der andere Vorschlag kommt von der hannoverschen Juristin Frauke Brosius-Gersdorf. Sie hatte im Rundblick unlängst angeregt, man könne jede Partei verpflichten, in jedem Wahlkreis einen Mann und eine Frau aufzustellen. Der Wähler könne dann mit seinem Kreuz entscheiden, wer von beiden gewählt werden soll.