Auf dem Schulhof ist die Zukunft, und dann kehren die Kinder im Klassenzimmer in die Kreidezeit zurück: Dieses Zitat von FDP-Chef Christian Lindner hat die Freien Demokraten im niedersächsischen Landtag  offenbar zu einem Antrag inspiriert. Darin fordert die FDP einen Bildungsfinanzierungspakt für die Digitalisierung an Schulen. Am Freitag wird der Antrag im Landtag zum ersten Mal debattiert.

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Modellversuche gibt es bereits – zum Beispiel an gleich mehreren Schulen in Hannover. Während die Lehrer dort mit Dienstgeräten ausgestattet werden, müssen die Eltern der Kinder die Tablets selbst finanzieren: Kostenpunkt: 500 Euro pro Gerät. Im Landtag sorgt das für Kopfschütteln.  „Das trifft die Mitte der Gesellschaft“, sagt der FDP-Bildungspolitiker Björn Försterling im Gespräch mit dem Rundblick. An einer IGS in Hannover koste das Gerät sogar deutlich mehr. „Da ist dann schon mal die Urlaubsreise gestrichen“, kritisiert der FDP-Abgeordnete. Auch der Vorsitzende des Landelternrates, Stefan Bredehöft, meint, die Politik müsse eine Lösung dafür finden, Tablets auch für Eltern mit kleineren Einkommen bezahlbar zu machen.

Der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Heiner Scholing, beklagt, es könne nicht sein, dass Bildung für Eltern immer teurer werde. „Ich finde die Modellversuche gut. Wenn man sich dabei aber wie in Hannover an eine Firma hängt, wird es teuer. Dass man Apple in so großem Stil die Tür aufmacht, sollte kritisch begleitet werden“, so Scholing. Man müsse diejenigen unterstützen, die nicht in der Lage seien, sich ein Tablet zu leisten, meint auch Kultusministerin Frauke Heiligenstadt. Am Ende müsse aber insgesamt betrachtet werden, wie viele Medien die Schüler überhaupt brauchen. „Wenn man ein Tablet hat, kann man zum Beispiel den teuren Taschenrechner und Leihgebühren und Kaufpreise für Schulbücher einsparen“, so Heiligenstadt.

Die FDP-Landtagsfraktion will künftig den Bund zur Kasse bitten. Er soll jedes Jahr 1000 Euro pro Schüler in Modernisierung und Digitalisierung investieren. Dann müssten zum Beispiel die Tablets nicht mehr von den Eltern bezahlt werden. „Wir wollen keinen Modellversuch mehr, wir wollen den großen Wurf und alle Schulen im Land ins 21. Jahrhundert holen“, erklärt Försterling. Der Grünen-Politiker Scholing findet den Antrag vom Grundsatz her gut. Er zeige, dass es einen Nachholbedarf gebe und dass eine Debatte über die Finanzierung von Bildung nötig sei. Hinter dem Antrag fehlt Scholing aber ein Gesamtkonzept. Er selbst hat dabei als Lehrer ganz praktische Erfahrung mit einem Fehlversuch gemacht. „Ich habe in den 90er Jahren einmal einen Computerraum eingerichtet und weiß inzwischen, wie falsch das war“, berichtet Scholing. „Die Kinder fanden den Raum zwar toll. Aber der Raum wurde damals nicht in ein Konzept und damit in tägliche Abläufe eingebunden.“ Erst damit werde er aber pädagogisch wertvoll. Deshalb reiche es heute auch nicht aus, einfach nur Tablets zu kaufen. Man brauche auch ein gutes Gesamtkonzept, wie damit gearbeitet werden soll. Das sieht auch Stefan Bredehöft vom Landeselternrat so. Irgendwann müsse es eine verbindliche Gesamtlösung geben.

Für Kultusministerin Frauke Heiligenstadt geht es ebenfalls darum, wie die Unterrichtsqualität durch die Digitalisierung tatsächlich verbessert werden kann. „Es reicht nur aus, nur zu sagen ‚Bildung ist jetzt digital‘ und lediglich über die Hardware zu diskutieren.“ Zu einem Gesamtkonzept gehöre, wie man mit die Geräte nutzt,  wie sich der Unterricht dadurch verändern muss und wie man die Lehrer entsprechend weiterbildet. Die Kultusministerkonferenz werde voraussichtlich im Dezember eine gemeinsame Entschließung zur digitalen Bildung verabschieden.

Dass Tablets für Schüler sinnvoll seien können, davon sind alle überzeugt. Es ergäben sich mehr Möglichkeiten beim Lernen. Außerdem sei es viel leichter als fünf oder sechs Schulbücher im Rucksack. Björn Försterling hegt sogar die leise Hoffnung, dass sich das Freizeitverhalten der Schüler ändern könnte: „Wer den ganzen Tag mit dem Tablet in der Schule gearbeitet hat, der geht dann nachmittags vielleicht auch mal lieber raus.“ Bolzplatz statt Bildschirm – für Kinder und Eltern wären das am Nachmittag ganz neue, alte Perspektiven. (MB.)