Wie schlimm steht es wirklich um das Atommülllager Asse II? Bisher konnten die Wissenschaftler der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) und der Asse-Begleitgruppe nur vermuten, in welchem Zustand sich die mit radioaktivem Abfall gefüllten Fässer im ehemaligen Salzbergwerk befinden. Doch Ende August ist es dem BGE erstmals gelungen, eine Kammer mit schwach radioaktivem Abfall aufzubohren und mit einer Kamera zu untersuchen. Dabei zeigte sich: Zumindest in diesem Bereich des Bergwerks sieht es besser aus als befürchtet. Ursula Heinen-Esser, Mitgeschäftsführerin der BGE, überbrachte dem Umweltausschuss des Landtags gestern selbst die guten Nachrichten.

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Ein Video des entscheidenden Moments soll den Abgeordneten das Gefühl geben, selbst dabei gewesen zu sein. Die Kamera fährt über Gesteinsschichten, den Blick in die Schwärze gerichtet. Doch plötzlich tauchen schemenhaft Metallfässer auf. „Alter, guck dir das an!“, ist eine euphorische Stimme zu hören. Gelächter im Sitzungssaal. Auch Heinen-Esser wirkt zufrieden. „Fünf Jahre hat es bis zu diesem Moment gedauert, damit ist endlich ein wesentlicher Punkt für die Faktenerhebung zur Rückholung erreicht“, sagt sie. Bisher konnten die Wissenschaftler die versiegelten Kammern in der Asse II nur von außen untersuchen. Zu groß erschien die Gefahr, sie zu öffnen und damit radioaktiv verseuchte Luft und Wasser entweichen zu lassen. Die Messungen der Umgebung ließen nichts Gutes erwarten. Erst kurz vor der erfolgreichen Bohrung habe man ein erstes Loch wieder schließen müssen, weil in einem Hohlraum mehr Radon gemessen wurde als für diese Stelle erwartet. „Allerdings lagen die Werte noch innerhalb der Zulässigkeit, sonst hätten wir gar keine Bohrung mehr machen dürfen“, sagt Jörg Tietze, Projektleiter der Asse bei der BGE.

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Was die Forscher im Inneren der Kammer sieben vorfanden, stimmt sie optimistisch. Vor allem die Analyse der in der Luft befindlichen Gase. „Natürlich haben wir erhöhte Werte von Radon und Wasserstoff gemessen, dafür aber wesentlich weniger Stickstoff und Sauerstoff als üblich.“ Damit ist den Wissenschaftlern die Angst genommen, dass sich durch Wasser- und Sauerstoff Knallgas gebildet hat, bei dem schon ein Funke eine Explosion auslösen und die Kammer einstürzen lassen kann. Die Gase würden nun gefiltert und durch Luftschächte an die Oberfläche geleitet, wo ihre Konzentration noch einmal gemessen würde, erklärte Tietze und beantwortete damit eine Nachfrage des SPD-Abgeordneten Marcus Bosse. Auch für die Kammer selbst gebe es Entwarnung. Die Decke der künstlichen Höhle sei stabil, bisher

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sei der Druck der Gesteinsmassen nicht so groß, dass die Kammer in naher Zukunft einsturzgefährdet sei. „Auch an den Behältern selbst haben wir keine großen Schäden bemerkt, die Kammer ist offenbar nicht besonders feucht“, sagt Tietze. Von einer Entwarnung kann aber nicht die Rede sein, wie die Grünen-Abgeordnete Miriam Staudte mit einer kritischen Nachfrage herausfindet. Denn die Kamera der BGE ist nur in der Lage, von oben auf die Fässer hinunterzublicken. Wie der Grund der Kammer aussieht, ist weiter unklar. „Wir werden versuchen, Hohlräume anzubohren, aber auf keinen Fall werden wir Fässer verschieben und damit riskieren, sie zu beschädigen“, sagt Tietze.

Heinen-Esser übt indessen den Schulterschluss mit der Asse II-Begleitgruppe. Das Gremium aus Vertretern von Bürgergruppen, kommunaler Verwaltung und Politik ist seit einigen Monaten über Zuständigkeiten und Deutungshoheiten tief zerstritten, im Sommer noch war von Auflösung die Rede. „Unabhängig davon, was sich gerade in der Begleitgruppe abspielt, ist sie der wichtigste öffentliche Ansprechpartner für die BGE“, betont Heinen-Esser, die eigenen Angaben zufolge seit kurzem wieder regelmäßig an Treffen der Gruppe teilnimmt. (isc)