Die konjunkturellen Aussichten trüben sich ein – und das dürfte die Skeptiker in der Großen Koalition bewegen, doch dem von Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) vorgeschlagenen Konzept einer Landesregel für die „Schuldenbremse“ zu folgen. Den Gesetzentwurf und den dazugehörigen Entwurf für eine Änderung der Landesverfassung hat das Kabinett gestern an den Landtag weitergeleitet.

Der Name „Schuldenbremse“ ist allerdings irreführend, denn nicht die Verschärfung des schon vom Grundgesetz vorgegebenen Verbots der Nettokreditaufnahme wird mit Hilbers‘ Vorschlägen bezweckt, sondern eine Regelung des Ausnahmefalls, dass das Land doch ein Darlehen benötigt. Dies könnte bei einem – derzeit von manchen befürchteten – Konjunktureinbruch tatsächlich der Fall sein. Die Expertenmeinungen gehen darüber auseinander, ob das Land tatsächlich eine eigene Landesvorschrift benötigt, wenn es sich in Notlagen doch verschulden sollte – oder ob die Formulierung in Artikel 109 des Grundgesetzes an sich ausreichen würde. Die Landesregierung ist wohl zu dem Resultat gekommen, dass eine Landesregel erforderlich ist.

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Damit ist die Situation nun so: Das Grundgesetz verbietet den Ländern, vom kommenden Jahr an neue Kredite aufzunehmen, um auf diese Weise ihre Haushalte auszugleichen. Der neue Vorschlag von Hilbers sieht nun vor, dass bei „außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen“ doch Darlehen aufgenommen werden können. Dafür sollen aber vorher zwei Drittel der Abgeordneten des Landtags zustimmen müssen. Gegenwärtig wäre das für die Regierungskoalition kein Problem, da sie allein schon über eine Zweidrittelmehrheit im Landesparlament verfügt. Zusammen mit dem Beschluss muss nach Hilbers‘ Vorschlag ein Tilgungsplan entwickelt werden, der genau festlegt, in welchen Schritten und Zeiträumen das zusätzlich aufgenommene Geld wieder zurückgezahlt werden muss.

Eine Sonderregel gibt es außerdem für „eine von der Normallage abweichende konjunkturelle Entwicklung“. Fällt das Wachstum wesentlich geringer aus als üblich, so kann der Landtag beschließen, zur Deckung der Ausgaben neue Kredite aufzunehmen. Bedingung dafür ist aber auch der umgekehrte Fall, nämlich die Einnahmeentwicklung, die das gängige Maß erheblich übersteigt. In diesem Fall müsste der überschüssige Betrag in eine Rücklage gepackt werden und dürfte nur als Reserve für Krisen angesehen werden. Diese Rücklage darf aber laut dem Hilbers-Plan die Obergrenze von 1,5 Milliarden Euro (das entspricht fünf Prozent des Haushaltsvolumens) nicht überschreiten.

Nur neue Schulden zu bremsen, reicht nicht. Wir müssen in den Rückwärtsgang schalten, um vom Schuldenberg runterzukommen.

Im Gesetzentwurf, über den der Landtag nun beraten muss, ist außerdem noch eine Sonderbestimmung enthalten, die Kreditaufnahmen in anderer Hinsicht erlaubt: Wenn das Land vorhat, sich an Unternehmen zu beteiligen (etwa an der Lottogesellschaft oder an der Porzellan-Manufaktur Fürstenberg im Zuge der Sanierung der Nord/LB), so soll auch das erlaubt sein. Da es in solchen Situationen nicht um die Deckung von Haushaltslöchern geht, sondern um den Erwerb von Werten, die einer Kreditaufnahme gegenüberstünden, falle auch die Begründung für ein Schuldenverbot weg.

Kritik am Plan der Landesregierung wird von den Kommunalverbänden vorgetragen. Sie monieren, dass ihre alte, immer wieder vorgetragene Forderung immer noch nicht umgesetzt worden sei – obwohl doch die Gelegenheit jetzt günstig wäre. Es geht um die Rufe der Kommunen nach Änderung des Artikels 58 der Landesverfassung. Dieser sieht vor, dass das Land den Kommunen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Mittel „im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit“ überweisen muss. Den einschränkenden Hinweis auf die Leistungsfähigkeit des Landes möchten Landkreistag, Städtetag und Städte- und Gemeindebund gern aus der Verfassung streichen. Bisher zeigt sich die Landesregierung dazu nicht bereit.

Christian Grascha (FDP) rügte den Plan der Regierung: „Nur neue Schulden zu bremsen, reicht nicht. Wir müssen in den Rückwärtsgang schalten, um vom Schuldenberg runterzukommen.“ Stefan Wenzel (Grüne) meinte, die Änderung der Landesverfassung sei entbehrlich. Außerdem solle sich die Koalition mit den Kommunen verständigen.