Mehr als 100 Stellungnahmen sind beim Landesagrarministerium im Zusammenhang mit der Ausweisung der nitrat- und phosphatsensiblen Gebiete in Niedersachsen eingegangen. Wie das Ministerium am Mittwoch erklärte, stellten zahlreiche Interessenvertretungen Nachfragen zur Messmethode oder der Binnendifferenzierung bei der Ermittlung der sogenannten „roten Gebietskulisse“.

In den ausgewiesenen Bereichen, die 39 Prozent der Landesfläche ausmachen, gelangen zu viele Nährstoffe in die Grundwasserkörper. Weil darunter langfristig die Gewässerqualität leidet, verlangt die Europäische Union Nachbesserungen im Gewässerschutz. In den ausgewiesenen Gebieten könnten vor allem der Landwirtschaft strenge Vorgaben drohen, etwa eine pauschale Reduzierung der erlaubten Düngemenge um 20 Prozent.


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Die Eingaben, mit denen sich das Agrar- und das Umweltministerium nun gemeinsam befassen, kamen deshalb auch zu einem Großteil aus der Landwirtschaft. Neben dem Landesverband des Landvolks reichten auch sämtliche seiner Kreisverbände, die von der roten Gebietskulisse betroffen sind, Stellungnahmen beim Ministerium ein. Daneben kamen weitere Nachfragen etwa von den Interessenverbänden der Schweinezüchter oder der Milchviehhalter, vom Maschinenring, dem Landfrauenbund oder der Landwirtschaftskammer Niedersachsen – aber auch von Umweltschützern und Fischereiverbänden.

Landvolk erwägt rechtliche Überprüfung

Landvolk-Sprecherin Gabi von der Brelie erklärte auf Nachfrage des Politikjournals Rundblick, dass es aus Sicht des Verbandes zwar erfreulich sei, dass sich die Landesregierung für die Anwendung einer Binnendifferenzierung entschieden habe. Auf diese Weise wurde die Gebietskulisse immerhin von 60 auf 39 Prozent der Landesfläche reduziert. Insgesamt halte man jedoch die Ausweisung der Gebietskulisse für nicht nachvollziehbar, so von der Brelie weiter. Man diskutiere deshalb, ob die Gebietsausweisung einer rechtlichen Überprüfung unterzogen werden solle.

Das Landvolk kritisiert beispielsweise, dass selbst bei sehr großen Grundwasserkörpern von bis zu 140.000 Hektar bereits ein einziger roter Brunnen ausreiche, um das gesamte Gebiet rot zu färben. Auch die Repräsentativität der ausgewählten Messstellen wird vom Landvolk infrage gestellt, weil diese zum Beispiel häufig zu flach seien.

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Die Landesregierung versucht derweil darzulegen, warum die ausgewählten Messstellen ihrer Ansicht nach plausibel seien. So habe man etwa gerade deshalb häufig im oberen Bereich der Grundwasserkörper Messungen vorgenommen, weil diese Schichten Einfluss auf die Oberflächengewässer und die Landökosysteme haben. Führt eine Nährstoffbelastung im Grundwasser zu einer Beeinträchtigung dieser Ökosysteme, gelten sie als verunreinigt, erklärte das Agrarministerium.

Nabu: Erst die Spitze des Eisbergs

Beim Naturschutzbund (Nabu) versteht man die Kritik der Bauern nicht. Die roten Gebiete seien nur die Spitze des Eisbergs, erklärte Nabu-Sprecher Philipp Foth dem Politikjournal Rundblick. Durch Gärreste, Wirtschafts- und Mineraldünger sei die Nährstoffbelastung in den vergangenen Jahren noch gestiegen. Vieles davon sei allerdings bislang noch gar nicht im Grundwasser angelangt, so Foth.