In der Debatte über den geplanten Stellenabbau beim Windenergieanlagenhersteller Enercon aus Aurich haben Abgeordnete nahezu aller Fraktionen im Landtag scharfe Kritik an der Geschäftsleitung des Unternehmens geübt. „Hier versucht ein Großunternehmen, sich auf eine sehr dreiste Art und Weise aus der Verantwortung zu stehlen“, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder. Die Gesprächseinladungen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Landeswirtschaftsminister Bernd Althusmann auszuschlagen, zugleich aber Förderbescheide des Bundes anzunehmen, bezeichnete Modder als beschämend.

„Wer einfordert, dass er subventioniert wird, muss auch Verantwortung für seine Mitarbeiter übernehmen“, forderte auch CDU-Fraktionsvize Ulf Thiele. Das Verhalten der Geschäftsleitung sei zynisch. Nach ihrer Lesart werde aus einem Konzern mit 13.000 Beschäftigten auf einmal ein kleiner Mittelständler mit 400 Mitarbeitern und Zulieferern mit 12.600 Mitarbeitern, für die man allerdings keine Verantwortung trage. Enercon hatte zuvor erklärt, die zum Unternehmen zählenden Sparten seien selbstständig und unabhängig.

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Auch Abgeordnete von Grünen und FDP kritisierten die Unternehmensspitze. Enercon müsse sich seiner Verantwortung stellen, sowohl den Arbeitnehmern als auch der Region gegenüber, sagte Meta Jansen-Kucz (Grüne). Der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner sagte, es habe seitens der Geschäftsleitung häufig schnelle, direkte und weitgehende Forderungen nach Fördergeldern gegeben. Jetzt aber tauche sie einfach ab, wenn die Politik einmal Wünsche äußert. „Das ist ein sehr gestörtes Verständnis von Verantwortung“, erklärte Birkner. Der AfD-Abgeordnete Stefan Wirtz meinte hingegen, kaum eine Branche bekomme so viele Vorteile durch den Staat wie die Windenergie. Dadurch gebe es bereits eine Solidaritätsleistung der Gesellschaft, die auch mit einem hohen Strompreis untermauert werde. Das habe der Branche aber offenbar nicht genutzt.


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Wirtschaftsminister Bernd Althusmann nannte die Lage der Windenergiebranche „besorgniserregend“. Das sei nicht erst seit heute so. Er verwies auf die Insolvenz des Rotorblatt-Herstellers Carbon Rotec in Lemwerder (Landkreis Wesermarsch) im Dezember 2012. Dabei ging es um 420 Arbeitsplätze im Unternehmen. Man werde den Stellenabbau bei Enercon deshalb nicht gänzlich aufhalten können. Dennoch sagte Althusmann Unterstützung zu, um den Abbau abzumildern. Die Tür sei nicht geschlossen, obwohl das Verhalten der Enercon-Geschäftsleitung nicht akzeptabel sei. Das Unternehmen habe zwischen 2000 und 2012 Fördergelder in Höhe von rund fünf Millionen Euro erhalten. „Dann darf ich als Landesminister schon erwarten, dass sich die Geschäftsleitung mit uns und allen Beteiligen an einen Tisch setzt.“ Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil nannte nach einem Treffen mit Enercon-Betriebsräten das Verhalten der Unternehmensspitze nicht akzeptabel.

Enercon will bundesweit 835 Stellen abbauen. Das Unternehmen fühlt sich nicht zuständig, weil es nach eigener Ansicht lediglich Verträge mit Zulieferern reduziert. In Niedersachsen sind die Standorte  Haren, Emden, Westerstede und Aurich betroffen. Hintergrund seien stark rückgängige Zahlen beim Aufbau neuer Windkraftanlagen in Deutschland. Deshalb will sich Enercon stärker auf das internationale Geschäft fokussieren.