Die Nachricht vom harten Corona-Lockdown über die Ostertage hat die Kirchen in Niedersachsen unvorbereitet getroffen. Erst am Dienstagabend waren sie zu einem offiziellen Statement bereit. Zuvor wollten die Vertreter der fünf evangelischen Landeskirchen und der drei katholischen Diözesen eine gemeinsame Reaktion auf die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz formulieren. Nun steht fest: Die Kirchen wollen an ihren bisherigen Plänen festhalten und von Gründonnerstag bis Ostermontag Gottesdienste auch in Präsenz anbieten.

Niedersachsens Kirchen wollen sich den Gottesdienst zu Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern nicht verbieten lassen – Foto: Viktor Kolar

„Die Freiheit der Religionsausübung ist ein hohes Gut. Für viele Menschen kommt sie im persönlichen Erleben des Gottesdienstes und der Atmosphäre des Kirchenraumes zum Ausdruck“, heißt in der Erklärung, die vom Katholischen Büro Niedersachsen und der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen herausgegeben wurde. Darin wird wiederholt die Eigenverantwortlichkeit der Kirchen betont, auf die sich die Glaubensgemeinschaften bei der Ausgestaltung ihrer Gottesdienste in der Karwoche und zu Ostern berufen: „Im Sinne der Eigenverantwortlichkeit der Kirchen ist es unser Ziel, im Rahmen der bisherigen Regelungen der niedersächsischen Corona-Verordnung auch über Ostern Gottesdienste sowohl präsentisch als auch digital zu feiern.“

Regierungen wollten Kirchen lediglich „bitten“

In dem Beschlusspapier des Corona-Gipfels der Bundeskanzlerin mit den Länderchefs von Montagnacht steht lapidar: „Bund und Länder werden auf die Religionsgemeinschaften zugehen, mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen.“ Gemeint ist der Zeitraum vom Gründonnerstag bis Ostermontag – dem höchsten Fest im Kirchenjahr. Hier soll laut Beschlusspapier eine „erweiterten Ruhezeit“ eingezogen werden, um die dritte Infektionswelle etwas abzuschwächen.

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Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte sich am Dienstag noch zurückhaltend in dieser Angelegenheit. Man werde nun „erstmal mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften reden“, erwiderte er auf die Frage von Journalisten, wie das Land reagieren würde, sollten einzelne Glaubensgemeinschaften der Bitte nicht nachkommen. Die Kirchen enden in ihrer Erklärung mit der Zusage, auf das Gesprächsangebot der Landesregierung eingehen zu wollen. Zuvor betonten die Geistlichen jedoch, „irritiert“ gewesen zu sein, in den Medien von den Lockdown-Plänen zu Ostern erfahren zu haben.

Die Hygienekonzepte der Kirchen haben sich bewährt.

Heinrich Bedford-Strohm (EKD)

Dass man in den Kirchen bis zuletzt von einer anderen Lage ausgegangen war, zeigt folgendes Ereignis: Noch am Montag hat Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), bei der bayerischen Landessynode erklärt, er sehe „keinen Anlass“ dafür, dass es in diesem Jahr keine Ostergottesdienste geben könnte. „Die Hygienekonzepte der Kirchen haben sich bewährt“, zitieren ihn kirchennahe Medien. Der Beschluss der Bund-Länder-Runde hat die Kirchenleitungen offensichtlich kalt erwischt, Gespräche hat es im Vorfeld keine gegeben. Entsprechend schmallippig reagierte Bedford-Strohm dann am Dienstag. Man werde sich nun sehr genau erklären lassen, wieso die bisherigen Hygienekonzepte nun nicht mehr ausreichend sein sollen, sagte er.

Im Laufe des Dienstags erklärte bereits die katholische Deutsche Bischofskonferenz, an Präsenzgottesdiensten festhalten zu wollen. Wie die Bistümer in Niedersachsen mit dieser Entscheidung umgehen, war damit aber noch nicht ausgesagt. Das Bistum Hildesheim erklärte auf Rundblick-Anfrage am Dienstagnachmittag, zu einer gemeinsamen Lösung finden zu wollen und am Donnerstagvormittag eine Handreichung zur Feier der Gottesdienste zu veröffentlichen.

Vor einem Jahr blieben die Kirchen zu Ostern geschlossen. Doch inzwischen hat sich eine andere Haltung dazu entwickelt. Die Gruppe derjenigen, die diesen Schritt eher nicht noch einmal wiederholen möchte, wächst. In den vergangenen Monaten hat die Kirche immer wieder auf ihre detaillierten Hygienekonzepte verwiesen und diese jeweils den neuen Maßgaben der Politik angepasst. Zudem wächst in den Kirchen der Unmut über den subtilen Druck, den die Regierungen mit jenem einzelnen kleinen Satz im Beschlusspapier aufbauen.

Bischöfe wollten einheitliche Lösung

Die Bischöfe suchten wohl auch deshalb nach einem einheitlichen Kurs, weil es zuletzt im Vorfeld des Weihnachtsfestes Unruhe in den Gemeinden gegeben hatte. So war im Dezember zwar der Lockdown verschärft worden, Präsenzgottesdienste durften unter bestimmten Auflagen aber sehr wohl durchgeführt werden. Die endgültige Entscheidung darüber wurde aber den Gemeinden vor Ort überlassen. Die Folge waren teils hitzige Diskussionen in den Gemeindeleitungen und schließlich ein Flickenteppich von geöffneten Kirchen, abgesagten Gottesdiensten oder Veranstaltungen unter freiem Himmel. Auch für das Osterfest haben die Kirchen wieder unterschiedliche Konzepte erarbeitet. Hätte sich die Kirchen dem Lockdown angeschlossen, wären zwar die digitalen Angebote unberührt geblieben, nicht aber etwa Freiluftgottesdienste.