Obwohl die Corona-Pandemie noch nicht überstanden war, die „afrikanische Schweinepest“ grassierte und dann auch noch der russische Angriff auf die Ukraine die Lieferketten durcheinandergebracht hatte, konnten die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2021/22 durchweg positive Zahlen verbuchen.

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Im Durchschnitt aller Rechts- und Bewirtschaftungsformen stieg laut Bundesagrarministerium das Einkommen um 32 Prozent auf 43.500 Euro je Arbeitskraft an, was ein Spitzenwert im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren markiert. Zu den Gewinnern zählen ganz vorn die Betriebe in Niedersachsen, gefolgt von Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Die Betriebe in Niedersachsen konnten demnach ihren durchschnittlichen Gewinn je Unternehmen um 90,7 Prozent auf rund 105.000 Euro steigern. Das Einkommen wuchs derweil um 63,6 Prozent auf knapp 57.000 Euro je Arbeitskraft. Zurückzuführen seien diese Wachstumsraten auf deutlich gestiegene Gewinne der Milchvieh- und Ackerbaubetriebe, sowie auf die Corona-Hilfen für Veredelungsbetriebe, erklärt das Bundesagrarministerium. Neben Nordrhein-Westfalen profitierte auch Niedersachsen zudem vom guten Ergebnis der Futterbaubetriebe, deren Gewinnzuwachs im Bundesschnitt 52 Prozent und hierzulande durchschnittlich 129 Prozent betragen habe. 

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Für Ophelia Nick (Grüne), Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesagrarminister, sind die positiven Zahlen Ausdruck der Anpassungsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft. Man könne stolz sein auf die Leistung der Betriebe, die auch in schwierigen Zeiten gute Ergebnisse erwirtschaftet hätten, sagte sie am Montag vor Journalisten – wobei sie einräumte, dass die Vorjahre aufgrund von Dürre und Milchkrise auch besonders herausfordernd gewesen seien und manche Zuwachse auch dem Wetter zuzuschreiben wären. Profitiert hätten die Betriebe zudem vor allem von enormen Preissteigerungen, die die gestiegenen Kosten für Kunstdünger, Pflanzenschutzmittel oder Futtermittel wieder ausgeglichen hätten.

„Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, was die wirtschaftliche Lage der Höfe angeht.“

„Das gute Ergebnis lässt viele Betriebe durchatmen. Es gibt ihnen Spielraum, um Rücklagen zu bilden oder in die Zukunft ihrer Höfe zu investieren“, sagte Nick, schränkte aber zugleich ein: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, was die wirtschaftliche Lage der Höfe angeht.“ Um die Einkommenssituation der Landwirte künftig weiterhin zu stabilisieren, setze sich die Bundesregierung dafür ein, dass die Leistungen im Tier- und Klimaschutz zuverlässig entlohnt würden. Man arbeite deshalb „mit Hochdruck“ am Umbau der Tierhaltung, sagte die Grünen-Politikerin. Bei der Umsetzung der Pläne der sogenannten Borchert-Kommission, die den Landwirten einen klaren Pfad inklusive einer verlässlichen Finanzierung für den Umbau hin zu einer tierwohlorientierten Nutztierhaltung vorgibt, hinkt die Bundesregierung noch immer hinterher.



Die Einkommens- und Gewinnentwicklung variiert stark je nach Betriebsform, weshalb auch die Agrarstruktur insgesamt Einfluss auf das statistische Abschneiden der Betriebe in den einzelnen Bundesländern hatte. So konnten die Ackerbaubetriebe ihre Gewinne im entsprechenden Zeitraum um fast 40 Prozent ausbauen, das Einkommen wuchs um knapp 34 Prozent an. Bei den Milchbetrieben stieg der Gewinn um fast 64 Prozent, das Einkommen um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gewinnsteigerungen in Höhe von 62 Prozent verzeichneten auch die Veredlungsbetriebe, wobei der Wert beim in Niedersachsen weit verbreiteten Schwein geringer ausfiel. Besonders hart traf es hingegen den Obstbau, der in den nördlichen Regionen Niedersachsens weit verbreitet ist. Hier weist die Statistik Gewinneinbußen in Höhe von mehr als 37 Prozent aus.