Belit Onay (links) und Steffen Krach machen sich auf den Weg, um die Verkehrswende in Hannover erfolgreich umzusetzen. | Foto: Link

Die beiden Verwaltungschefs aus Hannover, Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) und Regionspräsident Steffen Krach (SPD), stellen sich dem Politikjournal Rundblick zu einem gemeinsamen Interview mit Rundblick-Chefredakteur Christian Wilhelm Link und Rundblick-Redakteurin Audrey-Lynn Struck. Die beiden reden über die Mobilitätswende, den Konflikt zwischen Autofahrern und Radfahrern, über das Corona-Krisenmanagement und die Änderungen der Tradition des Schützenfestes.

Rundblick: Wann haben Sie sich das erste Mal kennengelernt – und wie regelmäßig läuft Ihr Kontakt inzwischen?

Krach: Das war vor dem Rathaus, Anfang 2021…

Onay: Ich habe ihn dann auf den Plakaten im Wahlkampf gesehen. Aber seit Herr Krach im Amt ist als Regionspräsident, tauschen wir uns mehrfach in der Woche aus. Es gibt ja viel zu besprechen, von der Verkehrspolitik über die Wirtschaftsentwicklung bis zur Verantwortung für regionale Unternehmen. Dann geht es beispielsweise um die Sparkasse oder um Hannover-Impuls.

„Uns verbindet eine gemeinsame Vision für die Region“

Rundblick: Läuft das dann immer mit fester Tagesordnung?

Krach: Ja, schon. Es ist einfach sinnvoller, wenn man ein Programm abarbeitet.

Onay: Was nicht heißen soll, dass wir nicht auch locker miteinander plaudern könnten. Uns verbindet eine gemeinsame Vision für die Region in ganz vielen Punkten. Man kann schon sagen: Wir ziehen an einem Strang.

Christian Wilhelm-Link und Audrey-Lynn Struck im Gespräch mit Belit Onay und Steffen Krach. | Foto: Kleinwächter

Rundblick: Bei Herrn Krach sind die ersten 100 Tage schon um, bei Herrn Onay kommen wir in unserer Rechnung auf 825 Tage Amtszeit. Haben Sie als Oberbürgermeister Tipps für den neuen Regionspräsidenten?

Onay: Herr Krach braucht keine Tipps. Auch deshalb nicht, weil sich viele unserer Haltungen in der Sozial- und der Klimapolitik ähneln.

Krach: Von Anfang an war Corona das beherrschende Thema. Wir mussten kleine mobile Impfteams aufbauen und die Anstrengungen verstärken. Das ist in großer Gemeinsamkeit von Stadt und Region gut gelungen, denke ich.

Rundblick: Das klingt nun sehr harmonisch. Gibt es zwischen einem sozialdemokratischen Regionspräsidenten und einem OB von den Grünen gar keine Konflikte?

Krach: Darin sehe ich eine Chance. Im Rat gibt es eine grün-rote Mehrheit, in der Regionsversammlung eine rot-grüne, viele Ziele überschneiden sich, etwa die Klimaneutralität bis 2035. Mag sein, dass auch mal Konflikte auftreten.

Onay: Aber wenn, dann stimmt hier der Grundkonsens.

„Die Quote der Erstimpfungen ist zu niedrig“

Rundblick: Corona bleibt eine große Herausforderung?

Krach: Ja, das ist so. In der Region haben wir eine Quote der Erstimpfungen von 77 Prozent. Das ist zu niedrig. Wir müssen das verbessern, gerade auch deshalb, weil mit dem Frühling und dem Sommer wieder eine Entspannung der Lage kommt. Wir wollen aber für eine mögliche nächste Welle des Virus im Herbst gerüstet sein.

Rundblick: Drohen bei einer Impfpflicht nicht auch härtere Proteste der Gegner?

Krach: Das kann so sein, aber dann muss gegengehalten werden – Hass und Gewalt dürfen nicht akzeptiert werden. Ich stelle aber fest, dass die große Mehrheit solidarisch der Corona-Politik folgt.

Rundblick: Wie sieht denn die Öffnungsperspektive aus, wenn Omikron überwunden ist?

Onay: Wir bereiten das Schützenfest vor und das Maschseefest. Hannover wird wieder aufblühen. Ich bin sehr hoffnungsfroh, dass all das möglich sein wird.

Rundblick: Sie sprechen vom Schützenfest. Haben Sie mit den heftigen Reaktionen auf Ihren Vorschlag, dass auch Frauen Bruchmeisterinnen werden können, gerechnet?

Onay: Nicht in der Form. Ich muss auch sagen: Mit den Argumenten derer, die auf rein männlichen Bruchmeistern beharren, kann ich nicht viel anfangen.

Krach: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es 2022 wichtige Funktionen gibt, von denen die Hälfte der Bevölkerung ausgeschlossen wird.

„Das Auto hat zu lange Vorfahrt gehabt“

Rundblick: Die Mobilitätswende ist ein großes Thema in der Region Hannover. Wer muss sich unterordnen, die Autofahrer oder die Radfahrer?

Onay: Keiner von beiden. Aber klar ist auch: Radfahrer wollen sicher sein auf der Straße, sie wollen möglichst gefahrlos an ihr Ziel kommen. Das heißt, dass wir die Verkehrsströme stärker räumlich trennen müssen. Da der Platz in der Großstadt nicht unbegrenzt ist, geht der Ausbau der Radweg-Infrastruktur dann zu Lasten der Autos. Derzeit ist der Autoverkehr zu dominant. Das Auto hat zu lange Vorfahrt gehabt in der Verkehrspolitik.

Krach: Die Region unterstützt das mit Park-and-Ride-Plätzen oder Bike-and-Ride-Plätzen. Bewohner aus dem Umland können diese Plätze ansteuern und dann rasch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Innenstadt von Hannover kommen.

Rundblick: Aber wenn die Bahnen überfüllt sind, was ist dann?

Krach: Wir beobachten natürlich die Verkehrsströme. Sollte zu bestimmten Zeiten eine sehr hohe Nachfrage bestehen, werden wir auch über engere Taktungen der Stadtbahnen reden – und notfalls morgens noch zusätzliche Bahnen zur Verfügung stellen. Über viele Jahrzehnte stand der Autoverkehr im Fokus, jetzt ändert sich das allmählich. Und das wird auch Geld kosten.

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