…hat Julia Hamburg gesagt, die Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion – und damit, weil die Grünen die stärkste Oppositionsfraktion bilden, faktisch die Oppositionsführerin in Niedersachsen. Sie sagte:

Stephan Weil versucht immer gern, möglichst viel Distanz zwischen sich und ein Problemen zu schaffen. Ich finde das in der derzeitigen Krise nicht immer angemessen.

Hamburg drückte sich vorsichtig aus, und das bewusst. Denn seit Beginn der Corona-Krise finden sich die Grünen und auch die FDP in der Rolle, das Management von Weil grundsätzlich zu loben. Er tritt unaufgeregt auf, vermeidet eine zugespitzte Rhetorik und ist täglich im Land unterwegs. Dabei tritt der Ministerpräsident eher beruhigend und deeskalierend auf. Das nötigte Hamburg und auch dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Stefan Birkner, ja sogar der AfD-Fraktionschefin Dana Guth Respekt ab – nämlich Mitte März, als der Landtag das erste Mal in einer Sitzung unter den neuen Bedingungen abhielt.


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An dieser grundsätzlichen Einstellung hat sich auch bei Hamburg bis heute nichts geändert. Aber die Oppositionsfraktionen sehen inzwischen schon eine Häufung von Pannen und Fehlern im Management. Da wurden Verordnungen verkündet und mussten wieder korrigiert werden, weil deutlich wurde, dass zwischen Sozialministerium und Staatskanzlei keine ausreichende Abstimmung stattgefunden hatte.

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Was Hamburg nun zu ihrem Zitat noch hinzufügte, war eine Erklärung. Sie monierte, dass die Pannen in den Verordnungen nicht etwa Weil verkündete und vor der Presse rechtfertigen musste, auch nicht seine Sozialministerin und auch nicht deren Staatssekretär, sondern die Vertreterin der nächsten Ebene, die Leiterin der Gesundheitsabteilung im Sozialministerium. Als es also ein großes Problem gab, wurde die öffentliche Darstellung und Rechtfertigung von der politischen Spitze an in den Beamtenapparat delegiert. Hamburg hält das nicht für angemessen, denn in solchen Situationen muss nach ihrer Vorstellung auch der Ministerpräsident seinen Kopf dafür hinhalten.

Weils Ziel ist ein abgestimmtes Vorgehen der Länder

Was hinter der Kritik der Opposition am Ministerpräsidenten steckt, ist eine Beschreibung des Führungsstils von Stephan Weil. Da die Bewältigung der Corona-Krise auch einen Blick auf das Verhältnis von Bund und Ländern beschreibt, werden auch die unterschiedlichen Charaktereigenschaften der Regierungschefs deutlich. Während Markus Söder in München immer wieder als jemand auffällt, der in Bayern Vorreiter in bestimmten Entwicklungen sein will und den Ton der Debatte bestimmen will, sieht sich Armin Laschet gefordert, sich mit eigenen Positionen und Haltungen von Söder abzugrenzen – hin und wieder als derjenige, der Verteidiger der liberalen Bürgerrechte sein will und für die Lockerung der starren Auflagen plädiert.

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Und welche Rolle nimmt Weil darin ein? Die Zurückhaltung begründet er mit seiner Überzeugung, vor allem ein abgestimmtes Verhalten der Länder zu erreichen. Das sagt Weil auch selbst so. Dabei nimmt er in Kauf, hin und wieder wie ein Getriebener zu wirken.

Das gilt etwa für das Thema Maskenpflicht: Die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin hatten verabredet, am 30. April darüber zu sprechen. Aber schon Tage vorher waren einzelne Länder ausgeschert und hatten von sich aus die Maskenpflicht angeordnet. Auch in Niedersachsen kam die Diskussion in Gang, ausgelöst zuerst von Weils Parteifreund Klaus Mohrs (SPD), OB in Wolfsburg. Die von OB Ulrich Markurth (SPD) geführte Verwaltung in Braunschweig zog nach, andere folgten. Und als Weil dann verkündete, man werde jetzt auch eine Regel treffen, sprach da jemand, der schon umzingelt war von anderen, die schon auf diesem Weg waren. Das kann von einigen als zögerlich und zaudernd bewertet werden.