Mehr als 100 Tage nach der Landtagswahl gibt es noch eine ganze Reihe an ungeklärten Personalfragen, und demnächst müsste es wohl ein klärendes Gespräch zwischen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU) geben – zumindest aber auf der Ebene darunter, bei den Spitzen der Landtagsfraktionen.

Die Landesregierung hat noch einige Personalfragen zu klären. | Foto: GettyImages/simarik

Zwei wichtige Positionen werden nämlich demnächst frei, und für die Nachbesetzung ist dann jeweils eine Zweidrittelmehrheit im Landtag erforderlich. Das gilt für die Nachfolge der Datenschutzbeauftragten Barbara Thiel (CDU), die nach einer halbjährigen Verlängerung spätestens im Juni das Amt verlassen muss. Auch Thomas Senftleben, Vizepräsident des Landesrechnungshofs (LRH), scheidet in diesem Jahr aus, das soll nach Rundblick-Informationen am 31. August geschehen. Auch hier braucht der Nachfolger eine Zweidrittelmehrheit im Landtag. Die rot-grüne Koalition ist also auf die Unterstützung der CDU oder der AfD angewiesen. Mit der AfD indes will keine der anderen Fraktionen zusammenarbeiten.

Thiel hatte im Januar gegenüber dem Politikjournal Rundblick angeboten, für eine zweite Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Darauf hat sie, wie sie erklärte, bisher keine Reaktion erhalten. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass im Hintergrund tatsächlich über ein „Koppelgeschäft“ nachgedacht wird, nämlich über die Verknüpfung mehrerer Personalfragen zu einem Paket. Wenn man die lange Liste an offenen Punkten anschaut, gibt es mehrere Spitzenpositionen, deren Neubesetzung eigentlich schon längst hätte geschehen müssen. Das betrifft die Stelle des Vize-Regierungssprechers, des Präsidenten der Klosterkammer Hannover, des Polizeipräsidenten in Hannover (einschließlich mehrerer Vizepräsidenten bei der Polizei) und eben die Datenschutzbeauftragte und der LRH-Vizepräsident.

Übernimmt ein Landtagsabgeordneter das Amt des Klosterkammer-Präsidenten?

Zwischenzeitlich wurde spekuliert, es gebe ein „großes Paket“, in dem die meisten dieser Stellen geprüft, abgewogen und miteinander verknüpft werden. Dagegen spricht nun aber, dass die Polizeipräsidenten Sache der Innenministerin sind, beim Vize-Regierungssprecher die Grünen ein Vorschlagsrecht haben und die Klosterkammer formal nur eine Landesbehörde ist, an deren Spitze es mehr auf Fachlichkeit als auf politische Bedeutung ankommen soll. Im Übrigen ist die Präsidentenstelle für die Klosterkammer ausgeschrieben worden, es soll nach Ende der Frist sogar mehrere Bewerbungen geben, die nun zunächst im Wissenschaftsministerium genau studiert werden sollen. Am Ende wäre eine denkbare und durchaus nicht unwahrscheinliche Variante, dass die Wahl auf eine bisherige Landtagsabgeordnete fällt. Der Landtag jedoch müsste der Personalentscheidung nicht zustimmen.



So deutet nun viel auf eine Verständigung zwischen Rot-Grün und Landesregierung auf der einen Seite, der CDU-Fraktionsführung auf der anderen Seite zu lediglich zwei Personalien hin: Datenschutzbeauftragter und LRH-Vizepräsident. Im Rechnungshof könnte womöglich noch die Nachfolge von Senator Michael Markmann nötig werden, der sich jedoch zu seinen möglichen Pensionsplänen in Schweigen hüllt. Eine denkbare Markmann-Nachfolge wäre dann auf Vorschlag der Präsidentin Sandra von Klaeden über eine Wahl mit einfacher Mehrheit im Landtag möglich. Der neue Vizepräsident braucht jedoch eine Zweidrittelmehrheit, und das Vorschlagsrecht steht bisher nach inoffizieller Lesart der SPD und formal der Landesregierung zu.

Michael Markmann | Foto: LRH/Regine Rabanus Photodesign

In Betracht käme wohl ein SPD-naher Bewerber, gern werden für den Rechnungshof auch bisherige Ministerialbeamte mit Verwaltungserfahrung gesucht. Im Gespräch sind unter anderem Rüdiger Eichel aus dem Wissenschaftsministerium, aber auch Sebastian Böhrs aus dem Kultusministerium. Schwieriger ist die Zuordnung bei der Datenschutzbeauftragten, da in der Vergangenheit zwar häufiger Beamte mit einer Nähe zur Opposition für dieses Amt ausgewählt wurden, sich diese Praxis aber nur auf Gewohnheitsrecht bezieht und keineswegs festgeschrieben ist. Wie es heißt, käme es der SPD gelegen, den CDU-nahen Juristen Holger Spreen aus dem Wirtschaftsministerium zum Datenschutzbeauftragten zu befördern. Der ist bisher Leiter der Industrieabteilung und würde bei seinem Weggang den Aufstieg für andere Bewerber frei machen. Man könnte so auch einen christdemokratischen Abteilungsleiter loswerden. Ob sich Rot-Grün und CDU in dieser Frage einig werden, ist allerdings noch völlig offen.