Von Martin Brüning

Debatten über Medienpolitik nehmen im Landtag immer einen ähnlich Verlauf. Auf der einen Seite gibt es breites Lob für die Medien und den Qualitätsjournalismus, nicht fehlen darf natürlich das Hoch auf den Haussender NDR. Demgegenüber gibt es ab und an kritische Worte der AfD – Stichwort: Lügenpresse – und den Versuch eines Mittelwegs bei der FDP.

Foto: assalve, Grünen-Fraktion Nds., MB.

Die Debatte im Landtag zum Antrag der Grünen geriet am Mittwoch relativ inhaltsarm, die Abgeordneten fokussierten sich beim Antrag der Grünen auf die geforderten Corona-Hilfen für Medienunternehmen. Ist der erste Teil des Antrags, in dem die Grünen unter anderem eine Art Corona-Rettung für private Medienunternehmen und freie Journalisten fordern vielleicht sehr weitgehend, aber zumindest eine kritische Prüfung wert, so geht es im zweiten Teil des Antrags ans Eingemachte.


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Dieser zweite Teil des Antrags fiel in der Debatte sträflicherweise weitgehend unter den Tisch, obwohl es hier um einen radikalen Systemwechsel, eine Daueralimentierung von Medien, geht. Die Forderungen, den Rundfunkbeitrag zu erhöhen, ihn langfristig zu einer „Medienvielfaltsabgabe“ umzufunktionieren und auch noch die Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften auf dem Land finanziell zu unterstützen, ist nicht nur liebedienerisch den Medienhäusern gegenüber, sondern für die Zukunft des Journalismus auch ein hochproblematischer Weg. Das sind die Gründe:

Medienhäuser geraten in Abhängigkeit:

Wer beißt schon gerne in die Hand, die einen füttert? Das wertvollste Gut eines Journalisten, der etwas auf sich hält, ist die eigene Unabhängigkeit. Diese Unabhängigkeit könnte aber in Frage gestellt werden, wenn der Staat beim Gehaltszettel auf einmal seine Hand im Spiel hat. Plötzlich träfe der kritikwürdige Vorwurf der Staatsmedien nahezu die gesamte Branche.

Der Journalismus würde sich mit der Annahme der Fördergelder keinen Gefallen tun. Auch wenn die Betriebswirte in den Verlagen vielleicht schon Dollarzeichen in den Augen haben, sollten die Journalisten in den Häusern diesem Ansinnen einen Riegel vorschieben.

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Innovationen werden gebremst:

Viele Verlage und private Medienhäuser sind in den vergangenen Jahren auch ins Hintertreffen geraten, weil sie Entwicklungen verschlafen und sich auf den Rest-Einnahmen aus der Werbung und den Abonnements ausgeruht haben. Eine Alimentierung würde die Innovationsfreudigkeit in den Verlagen eher ausbremsen, das Geld käme schließlich auch auf einfacheren Wegen. Dabei gibt es abseits der Werbekrise zumindest gerade erste positive Anzeichen bei den Abo-Modellen. Die Gier nach Informationen führt dazu, dass die Zahl der Online-Abonnenten derzeit steigt. Die Einbrüche auf dem Werbemarkt gleich das aber natürlich nicht aus.

Für meine und ältere Generationen mag es traurig sein, dass in manchen Dörfern wohl bald keine Zeitung mehr im Briefkasten liegen wird. Aber eine Zeitung auf Papier gehört nicht zur Grundversorgung. Wer die Papierausgabe im Dorf durch Förderung erhalten will, kann auch Faxgeräte oder Wählscheibentelefone fördern. Die Grünen beweisen an der Stelle nur, dass sie von innovativem Denken im Medienbereich kilometerweit entfernt sind.

Nach dem Staatsfunk auch noch Staatsmedien:

Die Vorwürfe, die ARD, ZDF und Deutschlandradio treffen, sind häufig unfair und falsch. In den Redaktionen wird vielfach guter Journalismus gemacht und die Grundversorgung, gerade in den Regionen, sollte nicht erst in Corona-Zeiten gewürdigt werden. Dennoch sind die Strukturen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk natürlich anders als in privaten Medienhäusern, das Polit-Gerangel um Plätze in vollkommen überflüssigen Rundfunkkommissionen macht das immer wieder deutlich. Wichtiger wäre, immer wieder sauber zu erklären, warum der öffentlich-rechtliche Rundfunk eben kein Staatsfunk ist. Mit dem Antrag der Grünen wird allerdings nur erreicht, dass danach fast alle Medien diesem Vorwurf von bestimmter Seite ausgesetzt sein werden. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht.

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Antizyklisches Anheben des Rundfunkbeitrags:

Unternehmen wissen noch nicht so genau, wie es in den nächsten Monaten weitergeht. Viele Menschen sind in Kurzarbeit oder haben Angst vor Arbeitslosigkeit. Wer in diesem Moment eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags fordert, um die ausbleibenden Werbeeinnahmen auszugleichen, die bei ARD und ZDF ohnehin nur einen sehr kleinen Teil des sehr großen Kuchens ausmachen, muss offensichtlich im politischen Wolkenkuckucksheim leben.

Damit tut man auch den Kollegen der Öffentlich-Rechtlichen keinen Gefallen, die schließlich über all die Dramen berichten müssen, die sich in der Wirtschaft abspielen, die nun einmal nicht durch einen generell höheren Beitrag alimentiert und abgesichert werden kann. Vielmehr ist die Initiative von CDU-Abgeordneten zu begrüßen, die Erhöhung des Beitrags auszusetzen. Wer will schon in diesen Zeiten die Erhöhung all den Kurzarbeitern und den vielen kurz vor der Pleite stehenden Betrieben erklären?

Der Antrag der Grünen im Landtag ist nicht nur realitätsfern, er ist peinlich. Es ist ein Anbiedern an eine Branche, in der selbst viele, die den Grünen inhaltlich nahestehen, die Vorschläge äußerst kritisch prüfen sollten. Die einzig richtige Antwort lautet: Danke für nichts.

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