…war von der Verbreitung eines von ihm produzierten Videos selbst überrascht. Er bekam für seine Aussagen viel Lob, musste allerdings auch Kritik einstecken. Im Kern ging es ihm um die Frage, wie es um die unternehmerische Eigenverantwortung auch in der Krise bestellt ist. Er reagierte damit auf den Hilferuf eines Unternehmers aus Hannover, dessen Unternehmen ohne staatliche Hilfe durch die Rückgänge in der Corona-Krise nur noch zwei Monate überleben kann. Unser Niedersachse des Monats ist…

Foto: Thorsten Oppitz

…Thorsten Oppitz, Geschäftsführer einer Garten- und Landschaftsbaufirma mit 90 Mitarbeitern in Langenhagen in der Region Hannover.

Wer im Gartenbau arbeitet, der braucht kräftige Arbeits- und keine Samthandschuhe. Und so schont der Gartenbauer Thorsten Oppitz den Bäckerei-Inhaber Gerhard Bosselmann in seinem Video nicht. Bosselmann, Chef von mehr als 200 Mitarbeitern in rund 20 Filialen, hatte in einem Video, das in den sozialen Medien für Furore sorgte, auf die dramatische Lage seines Unternehmens hingewiesen. Schon wenige Stunden später kam Wirtschaftsminister Bernd Althusmann zu ihm in die Bäckerei, um mit Bosselmann über die Situation zu sprechen. Im Rundblick-Interview sagte der Unternehmer, er habe angesichts der Situation Angst um sein Lebenswerk.

https://soundcloud.com/user-385595761/gerhard-bosselmann-ich-habe-angst-um-mein-lebenswerk

Auf das Verständnis von Thorsten Oppitz konnte Bosselmann dabei nicht hoffen. „Guten Morgen, Herr Bosselmann, mein Name ist Oppitz, und ich möchte einmal zu Ihrem tränenreichen Auftritt, den Sie sich geleistet haben, Stellung beziehen.“ So beginnt der Gartenbauunternehmer sein Video, das er nach eigenen Worten ganz spontan im Auto aufgezeichnet hat. Auf Facebook ist er selbst nicht, mit der großen Verbreitung des Videos und den vielen Mails, die er danach bekam, hatte er nicht gerechnet.

In dem Video beschreibt Oppitz die Herausforderungen in seiner Branche, in der man stark von der Witterung abhängig ist. Er könne sich an den Winter 2009/2010 erinnern, in dem die Mitarbeiter wochenlang in Kurzarbeit – in der Branche spricht man von „Schlechtwetter“ – waren und das Unternehmen bis zu 15 Wochen lang kaum Einnahmen hatte. „Da habe ich mich nicht hingestellt und gesagt: Frau Merkel, bitte geben Sie mir Geld.“ Auch die Kunden habe er nicht „angebettelt“, sie mögen bitte seine Probleme lösen. „Herr Bosselmann, Ihre Kunden sind nicht dazu da, Ihre Probleme zu lösen. Lösen Sie Ihre Probleme selbst“, sagt Oppitz.

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Es gelte in seiner Branche das Prinzip „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not.“ Wenn Bosselmann seine Hausarbeiten gemacht hätte, hätte er seine Eigenkapitalquote erhöht. Der Bäckereiinhaber könne die Mitarbeiter zunächst einmal mit  seinem privaten Geld unterstützen. „Ich mache das und habe meinen Mitarbeitern gesagt: Sie brauchen keine Angst haben, wir werden das zusammen irgendwie meisten.“

Oppitz stellt sich konsequent gegen Bosselmann

Damit stellt er sich konsequent gegen Bosselmann, den noch am Tag seines Videos eine interne Dienstanweisung eingeholt hatte. Darin hatte er unter anderem gegenüber seinen Mitarbeitern angekündigt, Krankmeldungen wegen Erkältung ohne Fieber würden nur mit vorgelegter Corona-Testierung akzeptiert. Andernfalls werde man keine Lohnfortzahlung zahlen. „Ich bin entschlossen, bei begründeten Zweifeln die Mitarbeiter zu versetzen oder zu entlassen“, hieß es darin.

Zudem drohte er Mitarbeitern mit Entlassung, die in ihrer Freizeit nicht zuhause bleiben, sondern sich auf Partys oder Kindergeburtstagen träfen. In einem Gespräch mit dem „Spiegel“ räumte Bosselmann ein, sich im Ton vergriffen zu haben, schränkte aber gleichzeitig ein: „Wer will das einem schulden in einer Zeit, wo niemand weiß, wie lange wir als Firma noch überleben?“

Unterstützer loben Oppitz für seinen „Klartext“

Im Ton vergriffen: Das wird auch Thorsten Oppitz vorgeworfen. „Anmaßend, arrogant, harsch sei er“, mit diesen Begriffen kommentieren Kritiker sein Video. Bosselmann sei schließlich in einer Notsituation, der man Rechnung tragen müsse. Und in der Tat ist Oppitz‘ Video alles andere als feinfühlig.

Die Unterstützer loben Oppitz dagegen für seinen „Klartext“. Sie haben schon lange auf einen Unternehmer gewartet, dem es – abseits der Corona-Krise, in der es bei ganz vielen Unternehmen nicht ohne staatliche Unterstützung gehen wird – nicht um den nächsten staatlichen Fördertopf geht, sondern der als eigenverantwortlicher Unternehmer seine Probleme selbst anpackt und sie versucht, aus eigener Kraft zu lösen.

Und so bekommt Oppitz die Krone ganz sicher nicht für sein Feingefühl, aber dafür, dass er das für Unternehmer so bedeutsame Verantwortungsbewusstsein deutlich hervorhebt und zeigt, dass der „ehrbare Kaufmann“ immer noch mehr ist als eine Politik-Floskel. Herzlichen Glückwunsch zur Krone!