Das Handwerk befürchtet negative Auswirkungen der aktuellen Pläne zur Grundsteuer-Reform. Mike Schneider, Präsident des niedersächsischen Handwerkstages (NHT), sprach am Mittwoch in Hannover von „erheblichen Nebenwirkungen“. „Das vom Bundesfinanzministerium bevorzugte wertabhängige Modell führt zu einer weiteren Verdrängung von Handwerksbetrieben an die Stadtränder oder in die Peripherie“, sagte Schneider.  Zudem sei die Variante auch mit erheblichem bürokratischen Aufwand verbunden. Es müsse regelmäßig neu berechnet werden, auch aufgrund der Schwankungen, die es über die Jahre geben werde. Die überbordende Bürokratie ist ohnehin der größte Kritikpunkt des niedersächsischen Handwerks.


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In der aktuellen NHT-Konjunkturumfrage steht sie mit 68 Prozent als größte Herausforderung auf Platz eins. Im vergangenen Jahr hatten sich bereits 61 Prozent der Betriebe über die Bürokratie beklagt. Die geplante „Clearingstelle Bürokratie“ im Wirtschaftsministerium nannte Schneider dringend erforderlich. Dem Wirtschaftsminister lägen aus der Wirtschaft inzwischen mehrere Listen mit Vorschlägen zum Bürokratieabbau vor. Es sei keine einfache, aber eine verdienstvolle Aufgabe, denn die Betriebe fühlten sich zunehmend eingeschnürt.

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Das Handwerk ärgert sich aktuell vor allem über die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie ziele nachvollziehbar auf die „multinationalen Datenkraken“ ab, sagte Schneider. „Getroffen hat sie aber viele kleine Unternehmen, speziell auch aus dem Handwerk, die nunmehr eine weitere, ganz erhebliche Belastung zu tragen haben – ohne erkennbare Wirkung.“

Keine Sorgen vor dem Brexit

Neben der Bürokratie bereitet 53 Prozent der Betriebe die Suche nach Fachkräften Probleme. Fast ein Drittel der Unternehmen sieht seine betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten durch fehlende Bewerber eingeschränkt. Der Handlungsbedarf sei groß, sagte Schneider. Von der Politik erwarte man, die wohnortnahe Beschulung auch unter Einsatz neuer digitaler Unterrichtskonzepte zu sichern sowie eine praxisnahe und gut vorbereitete Berufsorientierung von den Klassenstufen 5 bis 13. Außerdem sollten Auszubildende bei den Fahrtkosten entlastet werden. „Die berufliche Bildung muss insgesamt aufgewertet und ihre außerordentlich guten Zukunftsaussichten in die Köpfe speziell auch der Eltern gebracht werden“, meinte der NHT-Präsident.

Solange der Binnenmotor läuft, läuft es auch im Handwerk.

Wirtschaftlich geht es dem Handwerk nach wie vor hervorragend. 95 Prozent der knapp 900 befragten Betriebe bewerteten ihre aktuelle konjunkturelle Lage mit „befriedigend“ oder auch „gut“. Lediglich fünf Prozent sind unzufrieden. Fast 90 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer stabilen oder sogar besseren Wirtschaftslage. Die Konjunkturexperten der Handwerkskammern in Niedersachsen gehen für 2019 davon aus, dass die Umsätze um drei Prozent steigen werden. Auch die Zahl der Beschäftigten könnte sich noch einmal leicht um 0,5 Prozent auf dann 537.000 erhöhen.

„Dem Handwerk geht noch nicht die Puste aus“, sagte Schneider. Während in der Industrie inzwischen skeptischer auf die Entwicklung in diesem Jahr geschaut wird, gibt es im Handwerk geringere Auswirkungen auf Schwankungen internationaler Märkte. Der Brexit oder die Handelsstreitigkeiten mit den USA spielen hier keine so große Rolle. „Solange der Binnenmotor läuft, läuft es auch im Handwerk“, betonte Schneider.