Von Niklas Kleinwächter

„Die Jagdsteuer ist vollkommen aus der Zeit gefallen“, sagt Hermann Grupe von der FDP. Der Landtagsabgeordnete aus Holzminden kann nicht verstehen, warum so viele Kommunen immer noch an dieser Regelung festhalten. Diese erlaubt es den Landkreisen, Jagdbesitzern bis zu 20 Prozent des Pachtpreises abzunehmen. Grupe sieht Jäger allerdings als Naturschützer und lässt deshalb nicht locker in seiner Kritik. So zuverlässig, wie der Frühling auf den Winter folgt, so regelmäßig hievt er die Forderung nach einer Abschaffung der Jagdsteuer auf die politische Tagesordnung. So auch jetzt bald wieder.

Dabei ist die FDP-Fraktion noch 2015 mit dem Versuch, die Jagdsteuer auf Landesebene abzuschaffen, an der damaligen rot-grünen Mehrheit im Landtag gescheitert. Im vorvergangenen Jahr hat Grupe deshalb an anderer Stelle, nämlich im Kreistag von Holzminden durchgesetzt, dass dort zumindest die umstrittene Steuer für Jagdbesitzer aufgehoben wird. Möglich ist das, weil die Jagdsteuer zwar auf Landesebene gesetzlich geregelt ist, aber den Kreisen freigestellt wird, ob sie diese erheben wollen oder nicht.

Die einzige Steuer, die die Landkreise verordnen

Tatsächlich ist die Jagdsteuer die einzige Steuer, die die Landkreise verordnen und deren Höhe sie über eine Jagdsteuersatzung eigenständig bestimmen dürfen. Rot-Grün hatte den letzten FDP-Vorstoß damals mit der Begründung abgelehnt, die kommunale Ebene sei der Ort, an dem darüber entschieden werden müsse. Christian Meyer, naturschutzpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, bleibt auch dabei: „Die Jagdsteuer ist Sache der Kommunen. Wir Grüne sehen keinen Grund, den Kommunen zu verbieten, diese Steuer weiter zu erheben.“ Auch die SPD-Fraktion hält an ihrer Position fest. „Es ist nicht unsere Sache, sondern die der Kreise zu entscheiden, ob sie eine Jagdsteuer erheben wollen oder nicht“, sagte Bernd Lynack von der SPD bereits 2015 im Landtag zu diesem Thema. An seiner Einstellung habe sich seitdem nichts geändert, erklärt er gegenüber dem Politikjournal Rundblick.

Auf der kommunalen Ebene ist inzwischen allerdings einiges in Bewegung geraten. Nicht nur Holzminden, sondern insgesamt zehn der 37 Landkreise in Niedersachsen haben für das Jagdjahr 2018 die Steuer aufgehoben, im Kreis Schaumburg wurde sie auf Null gesetzt. Den Anfang machte bereits 2009 der Landkreis Harburg. Für das neue Jagdjahr, das am 1. April begonnen hat, haben auch Northeim, Wolfenbüttel und Uelzen nachgezogen. In den übrigen Landkreisen rangierte die Jagdsteuer zuletzt zwischen 8,25 Prozent und dem Maximalwert von 20 Prozent.

Insgesamt zehn der 37 Landkreise in Niedersachsen haben für das Jagdjahr 2018 die Steuer aufgehoben, im Kreis Schaumburg wurde sie auf Null gesetzt.

Dass die Jagdsteuer in den verschiedenen Landkreisen so unterschiedlich gehandhabt wird, liegt nicht zuletzt an ganz unterschiedlichen Absprachen und Regelungen, die zwischen den Landkreisen und den Jägerschaften getroffen wurden. Modellhaft dafür steht der Landkreis Hameln-Pyrmont. Dort ist ein CDU-Antrag auf Abschaffung der Jagdsteuer im Juni 2018 zwar gescheitert. Die Kreisjägerschaft hatte sich aber auf einen Kompromiss eingelassen. Vorangegangen war ein jahrelanges Tauziehen zwischen der Kreisverwaltung und den Jägern.

Jürgen Ziegler, Kreisjägermeister aus Hameln-Pyrmont, hatte dort den Protest der Jagdbesitzer seit 2002 angeführt. Um deutlich zu machen, was die Jäger für die Kommunen leisteten, hatten diese vor einigen Jahren eine Zeit lang aufgehört, tote Tiere am Straßenrand zu beseitigen. Zugleich hatte Ziegler den Wert dieser sogenannten Fallwildbeseitigung einmal ermitteln lassen. Nach seinen Erhebungen würde diese 200 Euro pro Tier kosten und entspreche damit einer jährlichen Leistung von sechs bis sieben Millionen Euro, die die Jäger erbrächten. In Hameln-Pyrmont führte diese Argumentation zwar nicht dazu, dass die Jagdsteuer aufgehoben wurde.  Ab diesem Jahr müssen die Jäger aber nur noch fünf statt zehn Prozent an Steuern zahlen, sofern sie in ihrem Revier das Fallwild beseitigen.

Als nächstes diskutiert im Mai die hannoversche Regionsversammlung einen Antrag der FDP zur Aufhebung der Jagdsteuer. Auch dort müssen die Jäger zwar noch die Jagdsteuer entrichten, genießen aber zahlreiche andere Ermäßigungen. Deshalb zeigt sich die dortige CDU, die zusammen mit der SPD das Mehrheitsbündnis in der Regionsversammlung bildet, zwar gesprächsbereit, reagiert aber auch ein wenig skeptisch auf den FDP-Vorschlag. Schließlich zahle die Region den Jägern bereits eine Menge Geld für jedes Fallwild, das sie entsorgen, erklärt Oliver Brandt von der CDU-Regionsfraktion. Der Betrag liegt zwar unterhalb der in Hameln-Pyrmont ermittelten 200 Euro pro Tier, er sei aber auch deutlich höher als der Verkaufswert für geschossenes Wild. Außerdem bezuschusse die Region zum Beispiel die Anschaffung von Waschbärenfallen und habe die Gebühren dafür abgeschafft, dass die Regionsverwaltung Wild, das für den Verzehr gedacht ist, auf Fadenwürmer untersucht.

Landkreistag setzt auf Selbstverwaltung vor Ort

An solche Konstellationen denkt Professor Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer vom Niedersächsischen Landkreistag (NLT), wenn er sagt, dass die Belastung für die Jägerschaft deutlich gesunken sei. Gerade deshalb solle die Frage, „ob und in welchem Umfang die Jagdsteuer erhoben wird, nach Auffassung des NLT auch weiterhin der Selbstverwaltung vor Ort überlassen bleiben.“ Dabei könne dann abgewogen werden zwischen dem Einsatz der Jägerschaft für den Naturschutz, den der NLT durchaus anerkenne, und anderen Faktoren. Die Landesjägerschaft, die die Jagdsteuer am liebsten abschaffen würde, zeigt sich durchaus zu Kompromissen bereit.

Da die Jagdsteuer von den Landkreisen erhoben wird, erfolge auch die Verwendung der Mittel vor Ort, lobt Florian Rölfing, Sprecher der Landesjägerschaft. „Aus unserer Sicht müssen die Mittel, sofern eine Abschaffung nicht möglich ist, vollständig zurückfließen in Projekte der Jägerschaften – beispielsweise für deren Maßnahmen zur Lebensraumverbesserung.“ Doch dadurch, dass die Jagdsteuer vielerorts aufgehoben oder herabgesetzt wurde, ist auch das Steuervolumen insgesamt deutlich gesunken. Nach Aussagen des NLT lag dieses im vergangenen Jahr nur noch bei knapp unter 2 Millionen Euro. Für Hermann Grupe ergibt sich daraus nur ein weiteres Argument, die Steuer endlich abzuschaffen. „Das ist eine reine Bagatellsteuer“, sagt er. Auch die Landesjägerschaft meint, die Höhe stehe „nicht in einem vernünftigen Verhältnis zum Verwaltungsaufwand bei der Erhebung.“

Grupe hofft wohl langfristig, dass sich die Sache selbst erledigt. Wenn immer mehr Landkreise auf diese Steuer verzichten, weil der Verwaltungsaufwand dafür höher ist als die Erträge, dann könnte früher oder später auch im Landtag die Einsicht wachsen, wie unzeitgemäß diese Form der Einnahme inzwischen geworden ist.