Die Sensation bleibt wohl aus: Die menschlichen Knochen, die vergangenen August bei Bauarbeiten im Landtagsgebäude entdeckt wurden, stammen höchstwahrscheinlich nicht von Philipp Christoph Graf von Königsmarck, der – mutmaßlich – 1694 hier ermordet worden ist. Das hat eine eingehende Untersuchung der Funde ergeben, die Landtagspräsident Bernd Busemann gestern vorgestellt hat. Königsmarck war der Liebhaber der Erbprinzessin von Braunschweig-Lüneburg, Sophie Dorothea von Celle. Diese Verbindung löste großen politischen Wirbel aus. Denn Sophie Dorotheas Ehemann war Herzog Georg Ludwig zu Braunschweig und Lüneburg, der spätere Kurfürst, der 1714 auch König Georg I. von Großbritannien wurde. Sophie und Graf von Königsmarck wollten 1694 angeblich fliehen, doch der Graf verschwand spurlos. Hinweise auf einen Mord gab es damals schon. Der spätere König leitete die Scheidung ein und verbannte Sophie auf das Schloss Ahlden. Königsmarcks Leiche wurde in den folgenden Jahrhunderten nie gefunden, und so war die Hoffnung vergangenen August groß, dass die Knochen von ihm stammen könnten.

Knochen unter dem Landtag: Doch keine Liebesgeschichte und auch kein Mord - Foto: Johanna Wallbaum

Knochen unter dem Landtag: Doch keine Liebesgeschichte und auch kein Mord – Foto: Johanna Wallbaum

Die Untersuchung des Instituts für historische Anthropologie der Uni Göttingen ergab jedoch, dass die menschlichen Überreste zu mindestens fünf Personen gehören. Der Teil einer Schädeldecke, der womöglich zum Lebensalter Königsmarcks im Jahr 1694 gepasst hätte, stammt jedoch von einer Frau, erklärte die Forscherin Birgit Großkopf. Alle anderen Knochen sind von Leichen, die zu einem späteren Lebensalter gestorben waren. Die Forschungen wurden – auch aus Kostengründen – an dieser Stelle nicht weiter vertieft. Wissenschaftler vermuten nun, dass die Knochen zu dem Areal einer alten Klosterkirche gehören, die hier bis ins 17. Jahrhundert gestanden hatte und zu der auch ein Friedhof gehörte. Es könne sich um die Gebeine früherer Mönche handeln. „Der Mythos rund um das Verschwinden von Graf von Königsmarck bleibt also bestehen, das ist vielleicht auch gut so“, sagte Landtagspräsident Busemann. Die Knochenreste werden dem Landesmuseum übergeben.