Eberhard Breuninger stammt aus einer Landwirtsfamilie und hat Agrarwissenschaft studiert. Vor 20 Jahren hat er sich jedoch in einem anderen Bereich selbstständig gemacht – als Kommunikationstrainer für Industrie und Landwirtschaft. Isabel Christian hat ihn zum Interview getroffen.

Rundblick: Herr Breuninger, wozu brauchen Landwirte einen Kommunikationstrainer?

Breuninger: Landwirte wollen ihrem Gegenüber immer alles ganz genau erklären. Es reicht aber nicht aus, einen Sachverhalt nur korrekt darstellen zu können. Denn in der Kommunikation über die Landwirtschaft geht es auch immer um Emotionen. Oft steckt hinter kritischen Fragen die Botschaft, dass der Fragende eine Befürchtung hat und beruhigt werden will. Viele Landwirte bekommen diesen Subtext nicht mit und denken, wenn sie es nur haarklein erklären, dann wird der andere schon verstehen. Der Fragende aber, der ja nicht aus der Landwirtschaft kommt, kann mit dieser Flut an Informationen nichts anfangen und schaltet auf Durchzug oder geht in Angriffshaltung. Und dann wird aus einem Dialog plötzlich ein Streit. Diese Dynamik zu verstehen und im Gespräch zu berücksichtigen ist eine schwere Aufgabe, wenn man das nicht gewohnt ist. Unternehmen haben in der Regel Leitlinien, dort ist Öffentlichkeitsarbeit ganz normal. Die Landwirte dagegen arbeiten eher für sich und die Werbung in eigener Sache ist auch jedem selbst überlassen. Viele tun sich damit schwer und fühlen sich deshalb schnell angegriffen, wenn Kritik kommt.

Rundblick: Wie stehen die Landwirte Ihrem Angebot, ihnen bei der Kommunikation ein bisschen auf die Sprünge zu helfen, gegenüber?

Die Parteien brauchen Aufreger-Themen, um sich voneinander abgrenzen zu können. Die Landwirtschaft eignet sich dafür, weil sie einerseits alle Menschen etwas angeht, gleichzeitig aber ist sie von der Lebensrealität vieler Leute weit weg.

Breuninger: Sehr positiv. Ich habe seit etwa 15 Jahren eine stabile Zahl an Anfragen. Darunter sind Verbände und Unternehmen genauso wie einzelne Landwirte. Es ist nicht so, dass Landwirte das Thema Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache erst jetzt für sich entdecken, sie verstehen sich schon lange als Beauftragte ihrer Branche. Meine Aufgabe ist es, ihnen einen „Werkzeugkasten“ mitgeben, der dabei hilft, sich in der Kommunikation sicherer zu fühlen. Und das kommt an, denn die Landwirte wollen raus aus der Mühle; sie haben keine Lust mehr, in der Defensive stecken zu bleiben.

Rundblick: Was ist denn drin in Ihrem „Werkzeugkasten der Kommunikation“?

Breuninger: Grundsätzlich geht es um die Selbstwahrnehmung. Wer bin ich, was kann ich, wofür bin ich dankbar, worauf freue ich mich? Fragen, die dabei helfen sollen, ein gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln. Stellen Sie sich vor, Sie sind Landwirt und haben zugestimmt, beim „Tag des offenen Hofes“ mitzumachen. Sie stehen morgens auf und denken: „Das wird ein richtiger Misttag. Ich habe überhaupt keine Lust, lauter Leute herumzuführen, die sowieso denken, ich sei ein schlechter Landwirt. Und überhaupt, das bringt doch alles nichts.“ Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass dieser Tag tatsächlich in die Hose geht. Wenn man dagegen offen ist und konstruktiv an die Dinge herangeht, dann spürt das auch das Gegenüber. Und da sind wir wieder bei der Emotion, die eine wichtige Rolle spielt, wenn wir eine Botschaft vermitteln wollen.

Rundblick: Allerdings treffen Landwirte tatsächlich immer häufiger auf Menschen, die der konventionellen Landwirtschaft gegenüber sehr kritisch eingestellt sind…

Breuninger: Das ist richtig. Der Grund dafür ist eine Entfremdung, die Menschen bekommen die Entstehung von Lebensmitteln nicht mehr unmittelbar mit. Zum einen, weil viele in der Stadt leben und dort keine Berührungspunkte mit Landwirtschaft haben. Zum anderen, weil Ställe aus hygienischen und Effizienzgründen mittlerweile stark abgeschottet sind, sodass man von außen den Eindruck bekommt, die Landwirtschaft sei nicht transparent. Und dann ist da noch die Politik, die die Landwirtschaft durch diese Entfremdung als politisches Kampfmittel entdeckt hat.

Rundblick: Wie meinen Sie das?

Breuninger: Die Parteien brauchen Aufreger-Themen, um sich voneinander abgrenzen zu können. Die Landwirtschaft eignet sich dafür, weil sie einerseits alle Menschen etwas angeht, denn schließlich muss jeder essen. Gleichzeitig aber ist sie von der Lebensrealität vieler Leute so weit weg, dass sich auch mit Modellen punkten lässt, die einem Faktencheck nicht standhalten würden.

Rundblick: Haben Sie ein Beispiel?

Breuninger: Nehmen Sie die Regionalität. Lebensmittel, die aus der Region kommen – das weckt bei den Käufern Bilder von Heimat und Verlässlichkeit. Die Landwirte sind auch gar nicht gegen regionale Vermarktung. In Baden-Württemberg kenne ich viele Landwirte, die sagen, sie würden gern viel mehr für den regionalen Markt produzieren. Aber darauf ist die Struktur der Landwirtschaft und der Vermarktung von Lebensmitteln gar nicht ausgerichtet. Und dafür fehlen die Arbeitskräfte. Auch die Landwirtschaft spürt den Fachkräftemangel.

Rundblick: Also besteht das Hauptproblem eigentlich darin, dass die Konsumenten schlecht über die Landwirtschaft informiert sind…

Breuninger: Das ist ein Teil des Problems. Aber ich sehe auch keine Pflicht für die Menschen, sich mehr über Landwirtschaft zu informieren. Viel wichtiger ist, dass Landwirte, Politik und Verbraucher wieder mehr miteinander reden, und nicht übereinander. Wir führen hier eine Wohlstandsdebatte, über Themen, die vor 50 Jahren noch ein Nischendasein fristeten. Trotzdem müssen wir diese Themen ernst nehmen. Vor allem die Bedenken und die dahinterstehenden Ängste der Verbraucher müssen respektiert werden, sonst verliert man die Menschen. Gleichzeitig müssen sich alle Seiten aufeinander zu bewegen. Das gilt auch für die Landwirte und ihre Interessensvertretung.