Wie geht es weiter mit der Nord/LB? Werden sich private Investoren beteiligen, damit es zur notwendigen Stärkung der Eigenkapitalbasis kommt? Oder steht eine Fusion mit einer anderen Landesbank bevor? Was denkt die EU? Es gibt darauf unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Angaben. So erscheint das Thema Norddeutsche Landesbank als ein Buch mit sieben Siegeln. Dahinter verbergen sich aber auch mindestens sieben unterschiedliche Interessen. Das Politikjournal Rundblick versucht, die verschiedenen Positionen aufzuhellen.

Die Nord/LB hat mit einer unterschiedlichen Interessenlage zu kämpfen – Foto: Mapics

Erstens: Finanzminister Reinhold Hilbers. Der CDU-Politiker ist in einer Doppelrolle – als Finanzminister hütet er die Landeskasse, als Aufsichtsratsvorsitzender der Nord/LB möchte er die Bank vor fremden Einflüssen möglichst schützen. Aus der EU gibt es Signale, dass die bisherigen Eigentümer der Bank, das Land Niedersachsen vornweg, sehr wohl Steuergeld in die Nord/LB stecken könnten – als Bedingung müssten dann aber wohl, wie 2009 bei der Landesbank Baden-Württemberg, strenge EU-Auflagen wirken. Diese könnten darin bestehen, dass Hilbers den Aufsichtsratsvorsitz abgeben und die Anzahl der Landesvertreter im Aufsichtsrat verringert werden müsste. Damit hat Hilbers schon zwei Gründe, gegen diesen Weg zu sein – das Bewahren seines Einflusses auf die Bank und das Vermeiden weiterer Landesausgaben für die Nord/LB.

Zweitens: SPD und CDU. In der SPD ist der Wunsch, die Landesbank für besondere, womöglich nicht renditestarke Finanzierungen (etwa für Werften oder Landwirtschaft) zu erhalten, besonders ausgeprägt. Es geht auch um rund 6000 Arbeitsplätze, außerdem um die sich strikt gegen die Privatisierung wehrende Gewerkschaft Verdi und um die Sorge, private Miteigentümer könnten den Landeseinfluss auf die Nord/LB verwässern. In der CDU gibt es einige, die ähnlich denken – aber daneben andere, die in der Beteiligung von Privatkapital die Chance sehen, die Nord/LB zu stärken. Dies wäre immerhin auch ein Weg zur Stärkung der Nord/LB, ohne ein EU-Beihilfeverfahren zu riskieren. Das heißt: Wenn private Investoren kommen, kann eine Stärkungsaktion für die Bank gelingen, ohne dass sich die EU mit Auflagen in dieses Geschäft zu stark einmischt.


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Warum eine Fusion der Landesbanken jetzt eine naheliegende Option sein könnte


Drittens: die Sparkassen. Bisher hat die Nord/LB zwei starke Säulen, nämlich einerseits die Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, andererseits die Sparkassen beider Länder und von Mecklenburg-Vorpommern. Sie scheuen eine Beteiligung von Privatkapital an der Nord/LB, denn das käme einem Tabubruch gleich. Wie könnte eine teilprivatisierte Landesbank im Haftungsverbund der öffentlich-rechtlichen Banken bleiben? Das ginge wohl nur mit Kompromissen, die rechtlich und finanztechnisch fragwürdig gestaltet sein könnten. Droht in einem solchen Fall nicht die Aufhebung der bisher strikten Trennung zwischen Sparkassen und Volksbanken hier und Privatbanken dort? Außerdem lehnen die Sparkassen eine eigene Beteiligung an der Kapitalstärkung der Nord/LB ab, denn sie haben noch gut in Erinnerung, wie erheblich sie sich vor Jahren bei der Rettung der Berliner Landesbank anstrengen mussten und sich dabei durchaus verausgabten. „Die Landräte sind sich einig, dass wir uns nicht noch einmal finanziell engagieren wollen für die Nord/LB“, sagt der Präsident des Landkreistages, Göttingens Landrat Bernhard Reuter, dem Rundblick.

Viertens: die Bundesregierung. Vor acht Jahren hatte der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits einen Vorstoß zur Neuordnung der Landesbanken unternommen. Sein Nachfolger Olaf Scholz lässt sich weniger in die Karten gucken, dürfte aber im Grunde ein ähnliches Interesse haben – die deutschen Banken könnten leistungsfähiger werden, wenn mehrere Institute verschmelzen. Es käme ein Zusammenschluss der Nord/LB mit der Landesbank Baden-Württemberg in Betracht (die allerdings sehr groß ist und daraus einen Führungsanspruch ableiten könnte) oder auch eine Fusion mit der Helaba in Wiesbaden, die in etwa gleich stark ist wie die Nord/LB. Denkbar ist auch eine Stufenlösung – erst Fusion von Nord/LB und Helaba, im nächsten Schritt dann Zusammengehen dieser neuen Nord-Mitteldeutschen Landesbank mit den Baden-Württembergern. Dass bei der privaten Konkurrenz über eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank spekuliert wird, dürfte solchen Reformplänen zusätzlichen Auftrieb geben. Die Sorge der Landesregierung in Hannover, bei einer Fusion könne der Hauptsitz der Landesbank flöten gehen, schert die Bundesregierung dabei sicherlich nicht.

Fünftens: die EU. Die Wettbewerbshüter in Brüssel wollen nicht, dass staatliches Engagement für die Nord/LB zu einer Verzerrung führen könnte. Was die Details angeht, scheint die EU-Kommission aber gesprächsbereit zu sein. Die Aufstockung staatlicher Beteiligungen dürfte somit grundsätzlich möglich sein und nicht verboten werden, aber auf der anderen Seite Auflagen zur Verringerung des Staatseinflusses zur Folge haben.

Sechstens: die Braunschweiger. Bisher ist die Braunschweiger Landessparkasse (BLSK), die für das alte Land Braunschweig die Sparkassendienste anbietet, ein nicht-selbstständiger Teil der Nord/LB, eine „Anstalt in der Anstalt“. Wenn die Nord/LB nun teilweise privatisiert würde, möchten mehrere Braunschweiger Lokalpolitiker von SPD und CDU sicherstellen, dass der private Miteigentümer keinerlei Zugriff auf die BLSK bekommt. Könnte sie „eingekapselt“ werden? Beobachter zweifeln, dass dies überhaupt rechtlich sauber zu regeln wäre. In der Braunschweiger SPD entsteht jetzt eine interessante Debatte. Während einige Stimmen dafür werben, die Fusion der Nord/LB mit einer anderen Landesbank voranzutreiben, da dann kein Problem mit möglichem Einflüssen privater Investoren auf die BLSK bestünde, hat sich der frühere Ministerpräsident Gerhard Glogowski (SPD) jetzt in der „Braunschweiger Zeitung“ für einen anderen Weg stark gemacht: Die BLSK solle aus der Nord/LB herausgelöst und den Kommunen in der Region als Eigentümer übertragen werden. Das Land solle den Kaufpreis entsprechend abstützen, etwa mit Bürgschaften. Ein solcher Weg wäre aber wohl nur dann naheliegend, wenn tatsächlich private Investoren in die Nord/LB einsteigen.

Siebtens: die Nord/LB. Zwei mögliche Lösungen dürften aus Sicht der Spitze der Nord/LB wenig attraktiv sein. Wenn es erstens zu staatlichen Hilfen und entsprechenden EU-Auflagen kommt, könnten diese darin bestehen, die Geschäftsfelder der Bank auszudünnen. Die Nord/LB müsste also schrumpfen und sich aus mehreren Bereichen zurückziehen. Das ist für ehrgeizige Bankmanager wenig erstrebenswert. Ähnlich wäre es wohl, wenn es zur Fusion mit einer anderen Landesbank käme und  die schwierige Aufgabe bestünde, Doppelstrukturen in einem dann vereinigten Konzern abzubauen. Deshalb hat die Nord/LB-Spitze selbst wohl ein klares Interesse an Modellen, die eine Beteiligung privater Investoren vorsehen. (kw)