Darum geht es: Die AfD-Spitze hat mit offenbar gefälschten und an einen großen Verteiler geschickten Schreiben versucht, einen Bericht des Politikjournals Rundblick als unglaubwürdig darzustellen. Dazu ein Kommentar von Klaus Wallbaum.

Die jüngsten Vorgänge in der niedersächsischen AfD bieten einen guten Stoff für einen Politkrimi, der an das Niveau von „House of Cards“ durchaus heranreichen kann. Da stellt sich der Generalsekretär hin und behauptet, die Landesliste für die Bundestagswahl sei einwandfrei. Dies habe die niedersächsische Landeswahlleiterin Ulrike Sachs der Partei bestätigt. Zum Beweis legt er zwei Briefe von Sachs bei. Sogar auf der Homepage der AfD wird das veröffentlicht, damit jeder das nachlesen kann. Am nächsten Tag aber stellt sich heraus: Diese Briefe sind offenbar gefälscht, keineswegs hat die Landeswahlleiterin die Unbedenklichkeit der Listen bestätigt, die nötigen Unterlagen dazu liegen vielmehr dem Innenministerium noch gar nicht vor. Und was tut die AfD? Sie zieht ihre Darstellung kleinlaut zurück – ohne ein Wort der Entschuldigung oder Reue.

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Was ist bloß los in dieser Partei? Im Umfeld der AfD agieren viele, die zu Verschwörungstheorien neigen. Ihnen kann man nach den Ereignisse der vergangenen 48 Stunden nun einige Angebote machen. Erstens könnte das Innenministerium die Unterlagen, die der unerfahrene AfD-Gesandte Heiner Rehnen angeblich dort abgegeben hat, absichtlich beiseite geschafft haben. Anschließend hätten Ministerialbedienstete dann mit gefälschten Schreiben dafür gesorgt, dass sich die AfD-Spitzen in vermeintlicher Sicherheit wiegen. Und wenn das Fehlen der Landesliste aufgefallen wäre, vermutlich erste bei Fristende Mitte Juli, wäre es allemal zu spät gewesen – dann hätte die AfD keine neue Liste mehr vorlegen können, in Niedersachsen wäre die Partei bei der Bundestagswahl nicht wählbar gewesen. Dies wäre ein riesiger Skandal. Rehnen müsste nur zur Untermauerung dieser Theorie, wenn sie denn jemals vertreten werden sollte, eine Eingangsbestätigung vom Innenministerium vorweisen. Tut er es nicht, bleibt es eine bloße Spekulation. Zweitens könnten Kräfte innerhalb der AfD, auch aus dem engeren Vorstand, selbst ein Interesse am Misserfolg der Partei bei der Bundestagskandidatur gehabt haben.  Der Verdacht fiele zuerst auf Rehnen, den Vertrauten des Vorsitzenden Armin-Paul Hampel, der als einzelner Akteur die wichtige Aufgabe übertragen bekommen hatte, für die ordnungsgemäße Übergabe der Wahlvorschläge zu sorgen. Hat er womöglich nur so getan, als ob er die Liste einreicht – und in Wahrheit die Dokumente heimlich verschwinden lassen? Gibt es also maßgebliche Kräfte in der Partei, die in Wahrheit Sabotage leisten und den Erfolg der AfD torpedieren wollen?

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Derzeit führen diese Verschwörungstheorien nicht weiter. Man weiß noch zu wenig über die wirklichen Vorgänge in dieser Affäre. Halten wir uns an die Fakten: Gegen die Landesliste der AfD gibt es viele formale Bedenken. Die Beschwerden dagegen wurden vom Landesschiedsgericht bisher nicht bearbeitet, weil dieses Gremium offenbar arbeitsunfähig ist. Jegliche Kritik am Vorstand wurde vom Vorstand ignoriert. Gleichzeitig schenkten Hampel und seine Kollegen einem jungen Landesschriftführer blind vertrauen, der mit der formalen Bearbeitung dieser wichtigen Frage der Landesliste offensichtlich total überfordert war. Welches Bild liefert diese Partei, die als „Alternative“ zu den etablierten und angeblich verkrusteten Organisationen auftreten will? Als dann die Kritik an internen Abläufen im „Rundblick“ erscheint, wird der Generalsekretär vorgeschickt und schlägt mit der falschen Behauptung um sich, dieses Politikjournal verbreite „Fake News“. Dass er selbst kurze Zeit später bei der Verbreitung solcher „Fake News“ erwischt wird, wird vom Landesvorstand nicht weiter thematisiert. Man deckt den Mantel des Schweigens darüber.

Diese Partei hat offenbar einen großen Nachholbedarf an Seriosität.

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