Das Thema bewegt die Leute im Lande, scheint es, obwohl die Landesregierung mit ihren offiziellen Verlautbarungen bisher nur sehr vorsichtig war und eher im Hintergrund agiert hat. Welcher zusätzliche Feiertag soll es sein? Ministerpräsident Stephan Weil hatte das Thema im Wahlkampf offensiv vertreten – und er ließ bei verschiedenen Gelegenheiten seine Sympathien für den Reformationstag anklingen, den 31. Oktober. Das ist der Tag, an dem Martin Luther vor nunmehr gut 500 Jahren seine Thesen an die Kirchenpforte in Wittenberg geschlagen haben soll. Lange schwieg Weil offiziell zu dem Thema, in einer gestrigen Landtagsdebatte, die von den Grünen angestoßen wurde, meldete er sich dann doch zu Wort.

Den Bürgern zu verstehen geben, was sie erwartet

Ob denn die rot-schwarze Regierungskoalition über das Thema zu wenig gesprochen und einen breiten offenen Dialog der verschiedenen Vorstellungen nicht gefördert habe? „Seit Jahren wird darüber geredet, es gibt kein Zuwenig an Diskussion“, rief ein sichtlich empörter Weil ins Mikrophon. Ob es ein Fehler gewesen sei, mit diesem Thema im Wahlkampf Punkte zu machen? „Ich will den Bürgern vor der Wahl zu verstehen geben, was sie von mir zu erwarten haben“, sagt Weil und verweist auf sein „ordentliches Ergebnis“ bei den Wahlen verweist, während die FDP doch nur bei acht Prozent gelandet sei. Die FDP ist es, die den weiteren Feiertag ablehnt – und ihr Fraktionschef Stefan Birkner hatte im Landtag kurz zuvor auch Weil scharf attackiert. Dieser, meinte Birkner, verweigere sich einer offenen Auseinandersetzung. Statt schon früh einen Gesetzentwurf vorzulegen und dann die gesellschaftliche Debatte zu moderieren, warte die Landesregierung ab und lasse anderen, so den norddeutschen Nachbarländern, den Vortritt. Insgeheim würden aber Vorfestlegungen getroffen, nämlich für den Reformationstag. Für Birkner ist das nun ein Beispiel für einen schlechten kommunikativen Stil.

Kein hinterlistiger Regierungs-Masterplan

Weil jedoch lässt das an sich abprallen. Die von ihm geführte Regierung werde in der nächsten Sitzung, also kommende Woche, einen Gesetzesvorschlag entwickeln. Der Landtag könne anschließend aber „sehr souverän“ seine eigene Festlegung treffen. Dies sei „kein hinterlistiger Regierungs-Masterplan“, sondern gelebte Demokratie. Aufmerksam hören die Landtagsabgeordneten zum Ende dieses Wortbeitrags dann einen wichtigen Satz des Ministerpräsidenten: „Die gute Nachricht ist, dass wir 2018 einen weiteren Feiertag haben werden.“ Das ist dann wohl ein Freud‘scher Versprecher des Regierungschefs gewesen. Hatte er doch eben noch betont, dass der Landtag völlig frei sei in seiner Entscheidung. Wenn aber schon 2018 ein Feiertag hinzukommt, sind der 8. März (nächste Woche) und wohl auch der 9. Mai (in wenigen Wochen) wohl ausgeschlossen. So schnell könnte eine Änderung des Feiertagsgesetzes nicht mehr im Landtag verabschiedet werden, dass sie bis Mai bereits in Kraft treten würde.

Weltlicher Feiertag sinnvoller

Tatsächlich deutet nun alles auf den Reformationstag hin, zumal auch Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen in diese Richtung tendieren, Mecklenburg-Vorpommern hat ihn sowieso schon. Es waren die Grünen, die nun im Landtag noch einmal dagegen ein Zeichen setzen wollten. Den Reformationstag wolle sie nicht, sagt Fraktionschefin Anja Piel: „Nicht einmal die Hälfte der Menschen in Niedersachsen sind protestantisch.“ Ein „weltlicher“ Feiertag sei sinnvoller, etwa der Europatag am 9. Mai: „Die EU hat sicher für mehr Frieden gesorgt als die Reformation.“

Argument ist „sehr schwere Keule“

Der CDU-Politiker Jens Nacke hält diese Argumentation für nicht nachvollziehbar. Erstens könne man den Reformationstag auch als weltlichen Tag auffassen – symbolisch für die Aufklärung und die Auseinandersetzung mit den Mächtigen. Zweitens sei das Argument der Grünen, ein christlicher Feiertag verletzte das Grundrecht auf Glaubensfreiheit, „eine sehr schwere Keule“. Nirgendwo sei belegt, dass ein zusätzlicher Feiertag jene, die an diesem Tag keine Glaubensgründe zum Feiern haben, in ihren Rechten beeinträchtige. Bernd Lynack (SPD) teilt in Wesentlichen diese Haltung, mahnt aber auch dazu, zum Schluss zu kommen: „Wir fangen langsam an, uns im Kreise zu drehen.“ Viele Leute erwarteten, dass die Politik nun entscheide. In einem sind sich der SPD- und der CDU-Vertreter auch einig: Die Abstimmung wird freigegeben. Das heißt, der Vorschlag der Landesregierung (vermutlich der Reformationstag) binde die Koalition nicht, jeder Abgeordnete von Sozial- und Christdemokraten könne eigene Anträge stellen, etwa auch Gruppenanträge. So wäre es möglich, dass mehrere Frauen aus mehreren Fraktionen den 8. März (Weltfrauentag) als neuen Feiertag vorschlagen – auch wenn die Erfolgsaussichten eher klein sind.

Schatten fällt über den Feiertag

Der FDP-Fraktionschef jedenfalls hegt schon jetzt den Verdacht, ein Schatten werde über den neuen Feiertag fallen: „Es wird ja voraussichtlich der Reformationstag sein. Aber er wird von vornherein mit dem Makel behaftet sein, dass er auf eine sehr seltsame Weise zustande gekommen ist.“ (kw)